Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
um den heißen Brei herumzureden, und so kam Altea gleich zur Sache. »Ihr seid also der Liebhaber meiner Schwester«, murmelte er, »und der Vater ihres Kindes. Sie wird Euch davon erzählt haben.«
»Was, wenn sie es nicht hat?« James imitierte den kühlen Ton des Viscount.
»Regina würde die Schwangerschaft niemals geheim halten«, sagte Luke Daudet voller Überzeugung. »Weil ihre Mutter das unserem Vater antat, fehlen ihr fünf Jahre Kindheitserinnerungen an ihn. Ihr kennt die Geschichte bestimmt. Und deshalb hat sie Euch sicherlich auch über das Kind informiert. Vermutlich der Grund, warum Ihr hier seid.«
In der Vergangenheit hatten sie sich gelegentlich getroffen, weil sie Mitglied im selben Klub waren und in den gleichen Kreisen verkehrten. Luke Daudet hatte einige Jahre in Spanien verbracht und war erst vor zwei Jahren zurückgekehrt. James mochte ihn, doch er kannte ihn im Grunde genommen kaum.
»Erst neulich habe ich sie gebeten, mich zu heiraten. Ich hätte das schon längst getan, nur fürchtete ich stets, dass sie mich daraufhin sofort aus ihrem Leben ausschließen würde.« Knapp und aufrichtig. Wenn Reginas Bruder ihm nicht glaubte, konnte er es auch nicht ändern. Er musste es zumindest versuchen, seine Haltung klarzustellen.
»Sehr scharfsichtig«, bemerkte Luke schließlich. »Gott steh mir bei, falls ich eine Vielzahl von Töchtern bekommen sollte. Ich habe schon zwei Schwestern und eine Frau. Das ist für einen Mann mehr als genug. Wie sieht Euer Plan aus?«
»Mein Plan?« James lachte freudlos auf. »Falls es Pläne gibt, so bin ich nicht eingeweiht. Das ist mit der Grund, warum ich mit Euch reden wollte.«
»Ich verstehe.«
»Tatsächlich?«
»O ja, ich kenne Regina jetzt schon mein ganzes Leben.«
Ein berechtigter Einwand, musste James zugeben. Er starrte auf seine Stiefelspitzen und erinnerte sich an die ausgeklügelte Rede, die er sich vorher zurechtgelegt hatte. »Ich bin ratlos«, sagte er schließlich schlicht. »Ich fürchte, ich werde sie verlieren und mit ihr mein Kind … Ich kann, werde und will sie nicht zu etwas zwingen, und ebenso wenig möchte ich den Fehler begehen, nicht alles versucht zu haben, um sie zu überzeugen.«
»Ich hoffe, das meint Ihr ernst.« Luke schaute ihn über den Rand seines Whiskyglases hinweg prüfend an.
James hielt seinem Blick stand, ohne einmal die Augen abzuwenden. »Das tue ich.«
Nach kurzem Nachdenken nickte sein Gegenüber. »Ich kann mit ihr reden.«
»Darum bin ich nicht hier – ich brauche keinen Fürsprecher.«
»Dann sagt bitte, was Ihr Euch von mir erhofft, und ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um zu helfen.«
James schaute hinaus auf den Park und atmete die würzige Luft ein. »Ich weiß nicht, wie ich weiter vorgehen soll. Trotzdem erbitte ich von Euch keine Intervention, sondern lediglich einen Rat. Weil niemand sie so gut kennt wie Ihr. Sie hat mir freiheraus erklärt, ich solle mich nicht an sie gebunden fühlen, aber eigentlich verhält es sich genau andersherum.« Er zögerte und wartete einen Moment, bevor er mit erzwungener Ruhe fortfuhr. »Ich kenne die Gründe, warum wir nicht heiraten sollten. Ihre Freiheit, ihre finanzielle Unabhängigkeit, ihre Kunst … Aber es steckt noch mehr dahinter, richtig?«
Reginas Bruder betrachtete ihn schweigend über den Tisch hinweg. Nur das leise Zwitschern der Vögel und das Rauschen des Windes in den Bäumen durchbrach die Stille. Schließlich seufzte der Viscount. »Verdammt, Ihr verlangt nicht gerade wenig, wisst Ihr das? Sie wird mir alles andere als dankbar sein, wenn ich Euch davon erzähle. Es ist etwas sehr Persönliches.«
»Noch persönlicher als mein Kind, das sie unter dem Herzen trägt?«
»Da habt Ihr wiederum recht. Nur mische ich mich sonst nicht in ihr Leben ein.«
»Das habe ich bislang auch nicht getan. Doch in dieser Situation betreffen ihre Entscheidungen nicht länger nur sie selbst, sondern ebenfalls das Kind – und damit irgendwie mich.«
»Ja, das ist wohl so.« Altea drehte nachdenklich sein Whiskyglas in den Händen, bevor er zu reden begann. »Es geschah, als sie gerade siebzehn war. Bei einem Besuch unserer Tante in Bath zog sie die Aufmerksamkeit eines französischen Aristokraten namens Fortescue auf sich. Seine Familie war während des Revolutionsterrors abgeschlachtet worden, und er floh damals nach England. Als Bonapartes Stern dann stieg, konnte er gefahrlos zurückkehren, um seine Güter einzufordern. Es heißt, er war
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