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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady
Autoren: Teresa Medeiros
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sich das Kreuz, stand von ihrem Schreibtisch auf, eilte zum Fenster, und dabei schob sie Cookies Schürze zur Seite. Obwohl sie alle Hoffnung aufgegeben hatte, dass es ihr je gelingen würde, die Tintenränder unter ihren Fingernägeln zu entfernen, war sie immer noch eitel genug, um ihre hübschen Kleider schützen zu wollen.
    Sie stieß das Fenster auf und lehnte sich hinaus, blinzelte, da die grelle Nachmittagssonne sie blendete. Letzte Nacht hatte sie sich nur drei Stunden Schlaf gegönnt, und sie fühlte sich so benommen wie ein Schmetterling, der gerade aus seinem Kokon geschlüpft war. Schließlich entdeckte sie ihren Neffen auf dem niedrigsten Ast der Ulme am Rand der baumbestandenen Straße.
    »Was ist los, Nicky? Hast du noch einen glänzenden Käfer gefunden?«
    Grinsend deutete der Junge auf die Straße. »Diesmal habe ich eine glänzende Kutsche gefunden!«
    Lottie spähte zu dem Gefährt, das vor dem Haus stand. Eine wappenbeschlagene Kutsche war sicher nichts Seltenes in dieser vornehmen Gegend Londons. Sterling hatte davon etwa ein halbes Dutzend in den eigenen Stallungen stehen. Aber keine von ihnen zierte ein Wappen mit einer ausladenden Eiche.
    Lotties Herz schlug schneller.
    Ehe sie sich versah, flog sie schon die breiten Stufen hinab, während sie sich noch aus Cookies Schürze befreite. Sie drückte sie am Fuß der Treppe einer verdutzten Dienstmagd in die Hand und lief weiter auf einen Lakaien mit weit aufgerissenen Augen zu, der neben der Eingangstür stand.
    »Wollen Sie ausgehen, Mylady? Soll ich Ihnen …«
    Als sie keinerlei Anstalten machte, langsamer zu werden, riss er eilig die Tür auf, da er offensichtlich befürchtete, sie würde sie einfach einrennen. Auf der obersten Stufe der Außentreppe blieb Lottie jäh stehen und schob sich eilig eine lose Locke in ihren unordentlichen Knoten.
    Wäre nicht seine schwarz gekleidete Begleiterin gewesen, Lottie hätte das Mädchen nicht erkannt, das aus der Kutsche stieg. Miss Terwilliger stützte sich schwer auf ihren Gehstock, aber das Mädchen stand aufrecht und gerade, trug einen reizenden blauen Hut und ein sauberes Kleid in der gleichen Farbe. Das Haar war zu schimmernden schwarzen Zöpfen geflochten. Trotz des stolz vorgereckten Kinns umklammerte sie die Puppe so fest, dass die Knöchel ihrer Finger weiß hervortraten. Die Kleine war sich ihres Empfangs alles andere als sicher.
    »Allegra!« Lottie lief die Eingangsstufen hinunter und riss Haydens Tochter in ihre Arme.
    Während sie das Mädchen fest an sich drückte, hätte sie schwören können, dass sie das Moor riechen konnte – diesen schwer fassbaren, würzigen Duft nach Wind und Leben. Lottie atmete ihn tief ein und wünschte sich dabei sehnsüchtig, auch einen Hauch Lorbeer darin zu entdecken.
    »Sieh dich nur an!« Sie legte Allegra die Hände auf die Schultern und schob sie auf Armeslänge von sich. »Ich könnte schwören, du bist in den beiden letzten Monaten zwei Zoll gewachsen!«
    Miss Terwilliger rümpfte die Nase. »Das sollte Sie nicht weiter verwundern. Die meisten Kinder gedeihen gleichermaßen durch streng bemessene Gaben von Zuneigung, Disziplin und frischer Luft.«
    Lottie schaute über Allegras Schulter zur Kutsche, unfähig, die Hoffnung, die in ihrem Herzen aufkeimte, zu verbergen. »Sicherlich haben die beiden Damen eine so lange Reise nicht allein ohne männlichen Schutz zurückgelegt, oder?«
    Statt einer Antwort griff Allegra in das Retikül an ihrem Handgelenk und zog ein zusammengefaltetes Blatt Pergamentpapier heraus.
    Sie hielt es Lottie hin. »Das hier ist für dich. Er hat es versiegelt, ehe ich es lesen konnte.«
    Lottie nahm den Brief und brach das Wachssiegel auf, das sie als das ihres Ehemannes wiedererkannte. Langsam faltete sie das Blatt auseinander.
    Mylady
, stand da in Haydens ordentlicher Schrift.
Meine Tochter lässt seit deiner Abreise den Kopf hängen. Langsam schlägt mir ihre betrübte Miene auf den Magen. Bitte kümmere dich um sie.
Als Post scriptum hatte er hinzugefügt:
Du warst ihr eine bessere Mutter, als ich ein Vater war.
    Als sie den Brief sinken ließ, schaute Allegra sie aus ihren violetten Augen flehentlich an. »Er ist jetzt ganz allein. Ich mache mir Sorgen um ihn.«
    »Ich weiß, Süße«, flüsterte sie und nahm sie in den Arm. »Ich auch.«
    So wären sie vielleicht länger stehen geblieben, wenn Ellie nicht in dem Augenblick um die Ecke des Hauses gekommen Wäre, als Nicky sich von dem Ast herabließ und genau vor ihnen
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