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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady
Autoren: Teresa Medeiros
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zuvorkommt.«
    Lottie rümpfte ihre Nase. »Das ist ein Wagnis, das ich einzugehen bereit bin.«
    Beide richteten sich in ihren Stühlen auf, als die Tür hinter dem Schreibtisch aufging. Ein kahlköpfiger Mann mit hängenden Schultern betrat den Raum, ein Manuskript unter dem Arm.
    Er trug einen schlichten Überrock, eine Krawatte mit kleinen Mottenlöchern, eine karierte Weste und eine Hose mit einem anderen Karomuster. Lottie bezog einen gewissen Trost aus der Tatsache, dass seine sauber manikürten Fingernägel Tintenränder zierten.
    Er setzte sich auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch und legte das Manuskript vor sich, dann nahm er seine Brille ab, um sich die Augen zu reiben.
    »Aber, Mr. Beale«, sagte Lottie mit einem halbherzigen Lachen, »so schlecht ist es nun sicher nicht.«
    Der Verleger massierte sich die Nasenwurzel, ehe er die Brille wieder aufsetzte. »Meine liebe Dame«, begann er und betrachtete sie ernst, »Sie sind sich gewiss der Tatsache bewusst, dass dies nicht zu der Sorte Geschichten gehört, die wir gewöhnlich bei Minerva-Press veröffentlichen. Unsere Leser sind eher … wie soll ich es sagen …?« Er legte seine Hände gegeneinander, sodass sie sich nur an den Fingerspitzen berührten. »… sensationellere Kost gewöhnt.«
    Ned erhob sich. »Bitte entschuldigen Sie, wenn wir Ihre Zeit vergeudet haben, Sir. Ich hoffe, Sie verzeihen uns …«
    Ihm einen finsteren Blick zuwerfend, räusperte sich Lottie angelegentlich. Seufzend ließ er sich wieder auf seinem Stuhl nieder.
    Sie beugte sich vor und versuchte, den Verleger mit ihrem herzlichsten Lächeln umzustimmen. »Als eine der treuesten Leserinnen von Minerva-Press kann ich Ihnen versichern, dass ich mich sehr gut mit dem auskenne, was Sie
gewöhnlich
drucken. Aber unter den gegebenen Umständen hegte ich die Hoffnung, Sie würden mein Manuskript wenigstens in Erwägung ziehen. Sie können sicherlich nicht abstreiten, dass es für Ihr Unternehmen äußerst gewinnträchtig wäre.«
    »Aber zu welchen Kosten? Sie müssen bedenken, dass die Veröffentlichung dieses Romans eine gewisse Bekanntheit für den Autor nach sich ziehen wird. Es sei denn, Sie möchten unter einem Pseudonym …«
    »Nein«, erwiderte Lottie fest und lehnte sich wieder in ihrem Stuhl zurück. »Ganz bestimmt nicht. Ich möchte, dass mein Name das Erste ist, was dem Leser oder der Leserin auffällt, wenn er oder sie das Buch in die Hand nimmt.«
    Mr. Beale schüttelte betrübt den Kopf. »Ich habe es mir nicht leicht gemacht, aber ich kann einfach keinen Weg erkennen, wie es gehen würde.«
    »Bitte lehnen Sie nicht vorschnell ab«, bat Lottie ihn und konnte ihre Verzweiflung nicht länger hinter einem gewinnenden Lächeln verbergen. »Ich sehe ein, dass meine schriftstellerischen Qualitäten nicht an Ihr gewohnt hohes Niveau heranreichen, aber ich denke doch, dass man mit ein paar drastischen Kürzungen hier und Einfügungen da …«
    Sie verstummte. Der Verleger schaute sie so entgeistert an, als sei ihr ein zweiter Kopf gewachsen. Sie tauschte einen verwunderten Blick mit Ned.
    »Sie haben mich missverstanden, Mylady.« Mr. Beale legte eine Hand auf das Manuskript, und seine rot geränderten Augen wurden wieder feucht. »Dies hier ist eines der bewegendsten Bücher, die ich je gelesen habe. Ich wage zu sagen, dass sogar die abgebrühtesten unserer Leser es nicht trockenen Auges und ungerührten Herzens beenden können. Es lag nicht in meiner Absicht anzudeuten, dass es unserem Standard nicht gerecht wird, sondern vielmehr, dass es ihn übersteigt und in ein renommierteres Verlagshaus als unseres gehört.«
    Lottie schaute ihn ungläubig an und überlegte, ob sie irgendwie eingeschlafen war und träumte. Sie merkte gar nicht, dass ihr Tränen in die Augen gestiegen waren, bis Ned ihr ein Taschentuch reichte.
    »Wenn ich aber Ihren Verlag den anderen vorziehe«, wandte sie ein und warf erneut einen Blick auf seine Finger mit den Tintenflecken, »würden Sie dann in Erwägung ziehen, es zu verlegen?«
    Mr. Beale nickte, und ein Lächeln breitete sich auf seinem länglichen Gesicht aus. »Dann wäre es mir sowohl eine Ehre als auch ein Vergnügen.«
    »Haben Sie das gehört, Ned?« Lottie drehte sich zu ihrem Freund um und lachte unter Tränen. »Ich werde berühmt!«

20
    Ich konnte den eisigen Atem des Teufels in meinem Nacken spüren …
    Um Oakwylde Manor pfiff ein kalter Wind.
    Er fegte über das Moor, die Schornsteine hinab und vergiftete jeden Atemzug mit
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