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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady
Autoren: Teresa Medeiros
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die darin lag, auf dem Boden einer Flasche Vergessen zu suchen. Dennoch trat er eines Nachts durch ein Französisches Fenster in seinem Arbeitszimmer nach draußen, die Hand um den Hals einer offenen Flasche Portwein geschlossen.
    Er suchte sich mit unsicheren Schritten einen Weg über den felsigen Boden, bis er schließlich schwankend am Rand der Klippen stand und auf das Tosen lauschte, mit dem sich die Wellen an den Riffen unten brachen – wie seine Träume. Der Wind hatte die Wolken vertrieben und die schimmernde Scheibe des Mondes freigelegt, um die Wogen mit Silber zu überziehen. Hayden nahm einen tiefen Schluck von dem Portwein, schloss die Augen und breitete die Arme aus, als forderte er die Elemente auf, ihn zu sich zu nehmen.
    Da hörte er es plötzlich, leise wie aus weiter Ferne, eine Melodie, die vom Wind zu ihm geweht wurde. Das Lied war quälend süß, unwiderstehlich in seiner Schlichtheit. Das Blut erstarrte in seinen Adern, und langsam drehte er sich um und schaute zu dem Haus. Diesmal, das wusste er, waren es weder Lottie noch Allegra, die die Tasten zum Leben erweckten.
    »Verflucht sollst du sein«, flüsterte Hayden heiser, während das Lied ihn langsam aber sicher von dem Abgrund fortlockte.
    Ohne die Flasche loszulassen, schritt er durch die dunklen Korridore des Hauses, und mit jedem Schritt wurde die Musik lauter und seine Wut größer. Als er die Tür zu dem Musiksalon aufstieß, fand er ihn genauso vor, wie er es erwartet hatte – dunkel und still. Er ging zum Piano und legte eine Hand flach auf den Deckel. Er konnte die feinen Vibrationen der Saiten spüren und das Echo der bittersüßen Melodie in der Luft wahrnehmen.
    Wütend fuhr er zu Justines Portrait herum. »Ich hoffe, bei Gott, du bist jetzt glücklich!« Er holte aus und warf die Flasche Portwein mit aller Kraft gegen das Gemälde. Sie zerbarst auf der Leinwand, und der rote Wein ergoss sich wie Blut über Justines weißes Gewand. »Vielleicht war es schon immer dein Ziel, mich in den Wahnsinn zu treiben, damit du niemals allein bist, noch nicht einmal im Tod!«
    Justine schaute einfach weiter auf ihn herab, in den Augen ein unergründlicher, spöttischer Ausdruck.
    »Hayden?«
    Hayden fuhr herum und entdeckte einen Mann auf der Türschwelle, dessen Gesicht im Schatten lag.
    Einen schreckensstarren Augenblick lang dachte er, es wäre Phillipe, der dort stand, jung und keck und hoffnungsvoll. Während er darauf wartete, dass sein alter Freund aus den Schatten trat, das Einschussloch der Pistolenkugel über seinem Herzen immer noch rauchend, da wusste Hayden, dass er wirklich verrückt geworden war.
    »Hayden?«, wiederholte der Mann und klang ein wenig argwöhnisch. »Sag mal, hast du inzwischen alle deine Diener mit deiner mürrischen Miene, dem barschen Wesen und der schlechten Laune verjagt? Ich habe an die Tür geklopft und geklopft, aber niemand kam, sodass ich schließlich um das Haus herumgegangen bin, ein offenes Fenster gefunden habe und durch dieses hereingekommen bin.«
    Als sein Besucher vortrat und sein Haar im Mondlicht silbern schimmerte, stolperte Hayden einen Schritt nach hinten und sank auf den Diwan, benommen vor Erleichterung. Er vergrub den Kopf in seinen Händen, und ein ersticktes Lachen entfuhr ihm. »Himmel, Ned, ich hätte nie gedacht, dass ich einmal so froh darüber sein würde, dass du hier unangemeldet und uneingeladen hereinplatzt.«
    »Das ist mit Sicherheit das freundlichste Willkommen, das du mir in letzter Zeit bereitet hast. Das war übrigens ein wunderschönes Stück – ich wusste gar nicht, dass du auch spielst.«
    Hayden hob langsam den Kopf und schaute mit einer Mischung aus Verwunderung und Unglauben zum Flügel. »Ich auch nicht.«
    »Ich würde dich ja bitten, mir etwas zu trinken anzubieten«, bemerkte Ned mit einem amüsierten Blick auf das Portrait, »aber ich ziehe es vor, aus einem Glas zu trinken, statt die Flasche an den Kopf geworfen zu bekommen.«
    Hayden fuhr sich verlegen mit einer Hand durchs Haar. »Justine hatte nie viel für Portwein übrig.« Er runzelte die Stirn, als ihm zu ersten Mal auffiel, wie seltsam es war, seinen Freund hier zu sehen. »Was führt dich mitten in der Nacht nach Cornwall?«
    Ned wurde sogleich ernst. »Ich muss mich entschuldigen, dass ich so spät eintreffe, aber ich bringe dir ein Geschenk von deiner Frau – etwas, so meint sie, das du so schnell wie möglich sehen solltest.«
    »Was denn?«, fragte Hayden mit einem bitteren Schnauben. »Ihre
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