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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Schlaf gerissen worden war, so wach wirkte er und so ordentlich war er gekleidet. Lottie hatte insgeheim immer schon vermutet, dass er in akkurat gebügelten Hosen, gestärktem Hemd und Weste schlief.
    »Sie haben geläutet, Euer Gnaden?«, fragte er.
    Als Sterling sich umdrehte, hielt er zwei Schreiben in der Hand, die fast identisch aussahen. »Ich möchte, dass diese Briefe hier so schnell wie möglich zugestellt werden.«
    Lottie runzelte die Stirn, und ihr wurde angesichts seiner entschlossenen Miene kalt bis auf die Knochen. Welche Nachricht konnte so dringend sein, dass sie mitten in der Nacht überbracht werden musste? Sie kniff die Augen zusammen und schaute zur Uhr auf dem Kaminsims. Oder in den ersten Minuten des neuen Tages?
    Laura fasste ihren Mann am Arm, und in ihrer Stimme klang Panik mit. »Sterling, was tust du da?«
    »Was ich tun muss.« Er löste sanft ihren Griff. »Und, Addison?«
    »Ja, Euer Gnaden?«
    »Sorgen Sie außerdem dafür, dass meine Pistolen im Morgengrauen bereit sind.«
    Lottie schlug sich eine Hand vor den Mund, um ihr entsetztes Aufkeuchen zu ersticken.
    Zum ersten Mal war es Sterling gelungen, den Diener zu erschüttern. Addison zögerte, ehe er langsam antwortete: »Ja, Euer Gnaden. Ich werde mich persönlich darum kümmern.«
    Die Verbeugung des Dieners ließ seine gewöhnliche Präzision vermissen, dann ging er. Laura, die ihren Mann mit offenem Mund ungläubig anstarrte, blieb zurück. »Im Namen von allem, was heilig ist, was hast du getan?«
    Er drehte sich erneut zum Schreibtisch um und beschäftigte sich angelegentlich damit, das Tintenglas zu verschließen und das Siegelwachs wieder in das richtige Fach zu legen. »Um die Ehre meiner Schwägerin zu verteidigen, habe ich Lord Oakleigh zum Duell gefordert. Und ich habe Thane gebeten, mein Sekundant zu sein.«
    »Das wird Thane nicht tun. Diana wird es nicht zulassen.« Laura schüttelte mit entschlossener Miene den Kopf. »Und ich auch nicht.«
    Sterling stützte sich mit beiden Händen auf die Schreibtischplatte, den Rücken seiner Frau zugewandt. »Niemand von uns hat in dieser Angelegenheit noch die Wahl, auch du nicht!«
    Tränen begannen, Laura über die Wangen zu laufen. »Das ist Irrsinn, Sterling! Du weißt, wie sehr ich meine kleine Schwester liebe, aber du hast doch auch gesagt, dass es zu spät ist, ihre Ehre zu retten. Wozu kann dies dann gut sein?«
    »Zeigen, dass sie uns etwas bedeutet, uns wertvoll ist. Dass sie es wert ist, für sie zu kämpfen.«
    Laura zog von hinten an seinem Ärmel. »Und ist sie es wert, für sie zu sterben?«
    Sterling drehte sich zu ihr um und sah sie mit feuchten Augen an. »Ja, das ist sie.«
    Laura blickte einen langen, hilflosen Augenblick zu ihm auf, ehe sie sich in seine Arme warf. Er hielt sie fest und schloss die Augen, während er sein Gesicht in ihrem weichen Haar vergrub.
    Lottie wich langsam in die Schatten des schwach beleuchteten Foyers zurück, und die Ungeheuerlichkeit ihrer Dummheit lastete schwer auf ihren Schultern und brannte scharf in ihrem Magen. Das hier war kein herrlich erregendes Melodrama, das sie sich ausgedacht hatte. Das hier war das Leben ihres Schwagers, das Herz ihrer Schwester, die Zukunft ihrer Nichte und ihres Neffen. Diesmal hatte sie nicht nur sich selbst Schande gemacht, sie hatte sie alle ruiniert.
    Jeder Mann, der seinen besten Freund im Duell töten konnte, würde sicherlich keine Gewissensbisse haben, einen Fremden zu erschießen. Ihre überreizte Phantasie ließ die Szene bildhaft vor ihren Augen erstehen, wie Hayden St. Clair auf taufeuchtem Rasen stand, sein dunkles Haar im Wind wehte und er eine noch rauchende Pistole in der Hand hielt. Sie konnte Sterling in einer Blutlache liegen sehen; Laura, die seinen leblosen Körper in ihren Armen wiegte, das Gesicht tränenüberströmt, ihre sanften braunen Augen voll bitterer Anklage, als sie Lottie anschaute. Eine Anklage, die unweigerlich in Hass umschlagen würde, wenn sie begriff, wie teuer der Leichtsinn ihrer Schwester sie alle zu stehen kam.
    Lottie schloss die Augen, um das schreckliche Bild zu vertreiben, und einen verräterischen Augenblick lang war es Hayden St. Clair, der in seinem Blut lag, dessen kohlschwarze Wimpern auf den blassen Wangen ruhten. Nur würde niemand seinetwegen weinen, niemand seinen leblosen Körper wiegen, seinen Tod betrauern.
    Als Lottie ihre Augen öffnete, waren sie trocken. Trotz all seiner noblen Vorsätze hatte Sterling sich geirrt. Einer von ihnen

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