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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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schieben wie den Rest seiner Leidenschaften. Aber die Möglichkeit, dass sie ihm glauben könnte, was auch immer er ihr erzählte –
an
ihn glauben könnte –, stellte eine Versuchung dar, wie er sie sich nie vorgestellt hätte. Eine Versuchung, noch süßer und gefährlicher als die üppigen Kurven ihres Körpers.
    Über den Hals des Pferds gebeugt, trieb Hayden das Tier am Haus vorbei zu den Klippen und versuchte, sich auf diese Weise daran zu erinnern, wie hoch der Preis sein mochte, wenn er sich ergab.
    Sie stand am äußersten Rand der Klippen und schaute hinab in die brodelnde See. Welle um Welle brach sich an den zerklüfteten Felsen unter ihr und sandte die Gischt hoch in die Luft. Eine kühle Nebelwolke stieg auf hüllte sie ein, legte sich auf ihre Haut, sodass die spinnwebfeine Seide ihres Nachthemdes ihre Brüste und Schenkel nachzeichnete. Obwohl sie erschauerte, wich sie nicht zurück. Sie hatte von solch ungezügelter Wildheit ihr ganzes Leben lang geträumt. Während ein Teil von ihr sich danach sehnte, der dunklen, windigen Nacht zu entkommen, sehnte sich ein anderer Teil ihres Wesens danach, die Arme auszubreiten und sie zu umfangen, sich ihr und ihrer alles verzehrenden Umarmung zu überlassen.
    Langsam drehte sie sich um. Er war da, so wie sie es gewusst hatte, ein dunklerer Schatten vor dem tintenschwarzen Himmel. Als er nach ihr griff, trat sie einen Schritt dichter an den Abgrund. Aber sie wussten beide, sie würde nicht weglaufen. Sie konnte ihm nicht mehr widerstehen als die Gezeiten dem unnachgiebigen Sog des Mondes. In seinen Armen dahinschmelzend, hob sie ihr Gesicht, um seinen Kuss zu empfangen.
    Er nahm ihre Lippen, sachte und zart zuerst, dann wild und rau, und seine Zunge plünderte ihren willigen Mund. Sie klammerte sich an ihn, erwiderte seine Leidenschaft mit verzweifelter Hingabe, wusste, es würde nicht genug sein, ehe jeder Zoll ihres Fleisches vereint war, bis sie sich seinem Willen unterwarf und ihn tief in sich aufnahm. Ihr ganzer Körper schmerzte, wo auch immer er sie berührte – an Lippen, Busen, dem heißen feuchten Fleisch zwischen ihren Schenkeln. Früher einmal wäre er damit zufrieden gewesen, zu wissen, dass sie ihm gehörte, ihr Herz und ihr Körper, aber heute Nacht forderte sein Kuss nichts weniger als ihre Seele.
    Der Wind frischte auf, wurde wilder, versuchte, sie aus seinen Armen zu reißen. Doch sie wusste, sie hatte nichts zu befürchten, denn er würde sie nie gehen lassen. Wenigstens glaubte sie das, bis er seinen Mund von ihren Lippen löste und ihr einen leichten Stoß versetzte. Als sie am Abgrund strauchelte, ihre Arme sich ihm noch Halt suchend entgegenreckten, war das Letzte, was sie sah, sein Gesicht – sowohl schön, als auch kalt, denn es zeigte kein Zeichen von Reue.
    Dann fiel sie, fiel und fiel in die gähnende Leere, ins endlose Nichts, und ihr Entsetzensschrei hallte ihr in den Ohren.
    Lottie schreckte auf. Sie saß an ihrem Schreibtisch, ihre klamme Haut schweißnass.
    Zitternd schob sie die zerknitterten Seiten ihres Manuskripts beiseite und barg ihr Gesicht in den Händen. Der Traum musste ihre Strafe dafür sein, dass sie so tief in der Nacht noch geschrieben und mitten in dem Kapitel eingeschlafen war. Nachdem sie Harriet geholfen hatte, ihre Habe von der Dienstbotenkammer in das Zimmer auf der anderen Seite des Flures zu räumen, hatte sich Lottie an ihren Schreibtisch zurückgezogen, um all ihre Zweifel und ihren Argwohn in einer weiteren Szene ihres Romans zu verarbeiten. Eine Szene, in der die Heldin zum ersten Mal Verdacht schöpft, dass der Mann, dem sie ihr Herz anvertraut hat, ein herzloser Mörder ist.
    Aber der Traum war viel lebensechter als alles, was Lottie je geschrieben hatte. Obwohl sie nie einen klaren Blick auf das Gesicht ihres Liebhabers hatte werfen können, konnte sie immer noch seine Küsse auf ihren Lippen spüren, immer noch das unbekannte Ziehen zwischen ihren Beinen fühlen.
    Sie drückte ihre Fingerspitzen an die Schläfen und versuchte, dem allen einen Sinn zu geben. War die Frau auf den Klippen sie oder die arme, todgeweihte Justine gewesen, verraten von einem treulosen Kuss? War der Traum eine Vision aus der Vergangenheit oder eine Mahnung für die Zukunft? Oder war das alles einfach nur ein Produkt ihrer überreizten Phantasie, genährt durch diesen verhängnisvollen Zusammenstoß im Schulzimmer zwischen Allegra und Hayden?
    Lottie zuckte zusammen, als die Tür zu ihrem Schlafzimmer aufflog. Harriet kam

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