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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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hereingeeilt, die Nachthaube schief über einem Auge. »Hörst du auch diese entsetzlichen Schreie? Was, um alles auf der Welt, kann so gottlose Laute erzeugen?« Sie kletterte auf Lotties Bett und setzte sich in die Mitte, wobei sie nur um Haaresbreite Mr. Zappel verfehlte, und steckte ihre bloßen Füße unter ihr Nachthemd. »Könnte es das Gespenst sein, über das die Diener die ganze Zeit flüstern? Spukt es hier wirklich?«
    Lottie begriff erst jetzt, dass sie den markerschütternden Schrei, der sie geweckt hatte, nicht geträumt hatte. Als sie lauschte, verwandelten sich die entfernten Schreie in ein schrilles Kreischen, immer wieder von dem Geräusch zerbrechenden Glases unterbrochen.
    Lottie schüttelte den Kopf. »Das, meine liebe Harriet, ist kein Gespenst.«
    Harriet blinzelte wie eine erschreckte Eule. »Was ist es dann? Werden wir von Schmugglern überfallen? Das hier ist Cornwall, weißt du. Werden wir in unseren Betten geschändet?«
    Immer noch unter den Nachwirkungen des schrecklichen Traumes leidend, antwortete Lottie: »So viel Glück werden wir nicht haben.«
    Doch sie wusste sehr gut, dass weder Gespenster oder Schmuggler einen so entsetzlichen Lärm erzeugen konnten. Während die Wutschreie weiterhin ertönten, spürte sie ihren Zorn erwachen. Die letzten drei Wochen hatte sie sich wirklich bemüht, sich zu beherrschen, eine sanftmütige Ehefrau zu sein, wie ein Adeliger sie verdiente, eine geduldige Stiefmutter und eine nachsichtige Gouvernante. Und was hatte ihr das eingebracht? Bei jeder sich bietenden Gelegenheit war ihr von einer zehnjährigen Göre trotzig die Stirn geboten worden, sie war von ihrer eigenen Dienerschaft verspottet und beleidigt worden, während sie sich nach der Berührung eines Mannes sehnte, der sich noch nicht einmal die Mühe machte abzustreiten, dass er in einem Anfall von Eifersucht seine Frau über die Klippen gestoßen haben könnte.
    Sie erhob sich, schob die Seiten ihres Manuskripts zurück in das Schreibset und schloss den Deckel.
    »Wo gehst du hin?«, verlangte Harriet zu wissen, als Lottie sich ihren Morgenmantel von einem Stuhl nahm und zur Tür eilte.
    Lottie drehte sich um, und ihre Augen glitzerten auf eine Art und Weise, die ihre Freundin nur allzu gut kannte. »Ich werde einem gewissen jungen Fräulein zeigen, warum ich der Hertfordshire-Wildfang genannt wurde.«
    Als Lottie die Treppe zum zweiten Stock hinablief und sich dabei den Gürtel ihres Morgenmantels zuband, schlug die Standuhr auf dem Treppenabsatz gerade Mitternacht. Gewöhnlich war um diese Tageszeit kein Diener mehr außerhalb seiner Kammer anzutreffen, aber heute Nacht eilten Dienstmägde und Lakaien wie aufgescheuchte Mäuse über die Flure des Herrenhauses. Mehrere von ihnen warfen ihr neugierige Blicke zu, als sie vorüberging, offenkundig überrascht, ihre Herrin in Nachtkleidung durch das Haus eilen zu sehen, während ihr das Haar offen über den Rücken fiel.
    Lottie bog um eine Ecke, um beinahe mit dem stämmigen Lakaien zusammenzustoßen, der die grausame Karikatur so lustig gefunden hatte.
    Als er mit feuerroten Wangen rückwärts stolperte, warf Lottie ihren Kopf mit wehenden Locken in den Nacken. »Entschuldigung, ich bin auf dem Weg zu einem romantischen Stelldichein mit dem König.« Sie legte sich einen Finger auf die Lippen und senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Aber bitte nichts dem Master verraten.«
    Sie ließ ihn stehen und ging weiter. In dieser Nacht brauchte sie weder eine Kerze noch eine gespenstische Melodie, um ihr den Weg zu weisen. Die Korridore waren hell erleuchtet, als wäre jede Lampe im Haus angezündet worden, einen Schrecken zu vertreiben, der noch schlimmer war als ein Geist von jenseits des Grabes. Mehrere Diener hatten sich auf dem Flur vor Allegras Schlafzimmer versammelt, ihre Gesichter weiß vor Anspannung. Der Boden zu ihren Füßen war mit Porzellanscherben übersät, und Jem, der Stallbursche, lehnte an der Wand, einen blutigen Stofffetzen an den Kopf gepresst. Allegras Tür war geschlossen, aber in ihrem Zimmer wütete der Sturm mit unverminderter Heftigkeit.
    Ehe Lottie die Tür erreichen konnte, warf sich die kleine Meggie davor und knickste gleichzeitig unbeholfen. Sie musste schreien, wollte sie über den Lärm gehört werden. »Oh, Mylady, wir trauen uns nicht, sie noch einmal aufzumachen!« Die Magd zuckte zusammen, als ein Gegenstand die Tür von der anderen Seite traf. »Sie hat Girt bereits ein blaues Auge verpasst und dem armen

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