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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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nach ihrer Freundin gesehen hatte, hatte die friedlich wie ein Lamm geschlafen.
    Sie drehte sich auf die Seite und trat ihre Decke sowie einen erstaunten Mr. Zappel zur Seite. Sie versuchte, den Kater festzuhalten, aber es war zu spät. Er war schon – ganz beleidigte Katze – vom Bett gesprungen und lief zur Tür, zog sie mit der Pfote auf und trabte aus dem Schlafzimmer, offenbar auf der Suche nach besserer Gesellschaft.
    Lottie ließ sich in die Kissen zurückfallen. »Es sieht fast so aus, als könnte ich dieser Tage niemanden glücklich machen«, sagte sie zu Mirabella, die sich auf dem Kissen neben ihr zusammengerollt hatte. »Besonders niemanden männlichen Geschlechts.«
    Sie schloss die Augen, öffnete sie aber rasch wieder. In Wahrheit hatte sie mehr Angst vor dem Schlaf als vor dem Wachsein. Denn mit dem Schlaf kämen Träume, und in diesen Träumen würde sie am Ende wieder auf einer sturmumtosten Klippe landen, in den Armen eines Fremden. Eines Fremden, dessen Kuss genau wie der ihres Ehemannes schmeckte.
    Sie schaute nach oben zu den Schatten, die über die Decke flackerten. Vielleicht sollte sie ihrem Roman eine neue Szene hinzufügen, in der die unerschrockene Heldin die leidenschaftlichen Avancen des Schurken abwehrt, der sie mit einem Trick zur Ehe verleitet hat. Eine Szene, in der sie ihn hochnäsig davon unterrichtet, dass sie lieber sterben würde, als seinen Kuss zu ertragen. Denn ein edler Tod wäre sicher der Würdelosigkeit, seinen harten, hungrigen Mund auf ihrem zu spüren, vorzuziehen, dem dunklen, köstlichen Eindringen seiner Zunge, der Liebkosung seiner Fingerspitzen an ihrem Hals, wenn er sie dazu verleitete, sich ihm weiter zu öffnen, ihn tiefer in sich aufzunehmen …
    Sich auf die Unterlippe beißend, um das verräterische Prickeln zu unterbinden, rollte sich Lottie auf den Bauch. Sie war gerade in einen unruhigen Schlaf gesunken, als ohne irgendein wehklagendes Weinen als Vorwarnung Klaviermusik an ihr Ohr drang.
    Lottie schlug die Augen auf. Ihr erster Impuls war, sich die Decke über den Kopf zu ziehen, doch sie konnte sich nicht bewegen, nur den Atem anhalten und lauschen.
    Die entfernte Melodie war zugleich wunderschön und schrecklich – unkontrollierbare Leidenschaft, und in jedem Ton hallte so etwas wie Wahnsinn nach.
    »Justine«, flüsterte sie. Seit sie ihr Portrait gesehen hatte, konnte sie sie nicht mehr einfach nur als »das Gespenst« bezeichnen.
    Welche Kraft wäre stark genug, eine Frau aus dem Grab zurückzuholen? Wollte Justine sie verjagen, weil sie meinte, sie sei eine Rivalin in Bezug auf Haydens Liebe? Oder versuchte sie, Lottie davor zu warnen, nicht denselben Fehler wie sie selbst zu begehen und ihr Herz oder ihr Leben Hayden anzuvertrauen?
    Lottie legte sich das Kissen über den Kopf und hielt sich die Ohren zu. Aber es gab kein Entkommen vor dem ungemilderten Zorn, der in der Musik mitschwang und einfach nicht ignoriert werden konnte.
    Als das Stück ungestüm den Höhepunkt erreichte, warf sie das Kissen zur Seite, stand auf, ging zu ihrem Frisiertisch und wühlte in den Bändern, Spangen und Strumpfbändern, bis sie fand, wonach sie suchte: eine lange, gefährlich aussehende Hutnadel aus Silber.
    Sie hielt sie in den Feuerschein vom Kamin und bewunderte ihr Schimmern. Offensichtlich hatte Justine eines vergessen. Lottie besaß nun den Schlüssel zu ihrem Königreich. Und wenn dieses Königreich sich als Hölle entpuppen würde, dann war dem Teufel persönlich zu begegnen ein Risiko, das sie in Kauf nehmen müsste.
    Hayden war schlecht gelaunt. Er durchstreifte die verlassenen Korridore des Hauses und verfluchte sich für seine Dummheit. Ursprünglich hatte er Lottie mit dem Kuss strafen wollen, am Ende hatte er jedoch nur sich selbst gestraft. Sogar sein Bett war nun zum Folterinstrument geworden, seine kalten Laken ein schier unerträglicher Gegensatz zu der verlockenden Wärme von Lotties Armen.
    Sie hatte die Dämonen entfesselt, als sie es gewagt hatte, die Tür zum Musikzimmer aufzustoßen. Es war fast so, als sei ein Teil von ihm in dem Raum zusammen mit der Erinnerung an Justine begraben gewesen. Lottie jedoch hatte sich nicht damit zufrieden gegeben, ihn im Schatten mit den anderen Gespenstern zu Staub zerfallen zu lassen. Sie war mit ihren albernen Liedern und ihrem übermütigen Lachen hineinspaziert und hatte ihn ans Licht gezerrt.
    Sogar Justine war vor ihrer unerschrockenen Entschlossenheit geflohen. In dem Moment, als sie sich küssten,

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