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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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ein Heiligtum zu entweihen.
    Sie lockerte ihre Finger, begann mit ein paar holpernden Akkorden, dann spielte sie ein Stück. Das Piano hatte einen herrlichen Klang – voll und majestätisch. Lottie hatte immer schon gerne alle möglichen Instrumente gespielt. Lange bevor Sterling den ersten Musiklehrer für sie angestellt hatte, hatten Laura, George und sie viele vergnügliche Abende an dem leicht verstimmten Klavier in Lady Eleanors Empfangssalon verbracht.
    Nach ein paar Minuten glitten ihre Finger geschickt über die Tasten und spielten eine beschwingte Passage aus Händels Wassermusik, die schon immer Lotties Lieblingsmusik gewesen war. Sie blickte verstohlen über ihre Schulter zu Allegra.
    Das Kind starrte mit einem Ausdruck hingerissener Faszination auf die Tasten, wie Lottie ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Das Tempo ändernd, stimmte Lottie ein fröhliches Tanzlied aus Schottland an, drehte sich halb zu Allegra um und begann, mit übertriebenem schottischem Akzent zu singen:
Mein Weib ist ein mutwillig’ Ding,
    will einfach nicht auf mich hör’n.
    Sie verkauft’ ihren Mantel und versäuft’n.
    Sie verkauft’ ihren Mantel und versäuft’n.
    Jetzt wickelt se sich in ’ne Decke,
    will einfach nicht auf mich hör’n.
    Es dauerte nicht lange, da summte Allegra mit und klopfte mit ihrem Fuß den Takt. Nach der dritten Strophe fiel sie in den Refrain ein, zuerst schüchtern, doch mit jeder Note wuchs ihr Selbstvertrauen. Ihre Stimme war ein rauchiger Alt, die perfekte Ergänzung zu Lotties Sopran.
    Irgendwie konnte Lottie den.« Gedanken nicht ertragen, dass sich Allegra wieder hinter das Schutzschild des Argwohns zurückziehen könnte. Nachdem sie alle Strophen gesungen hatten, dachten sie sich selbst neue aus. Uber ihre komischen Improvisationen mussten sie so lachen, dass sie kaum noch singen konnten. Keiner von ihnen beiden bemerkte, dass sie die Tür zum Musikzimmer einen Spalt breit offen gelassen hatten.
    Musik und Lachen.
    Etwas, das Hayden nie mehr in Oakwylde Manor zu hören geglaubt hatte … Als eine unterspülte Brücke seinen Ritt nach Boscastle zu einem vorzeitigen Ende gebracht hatte, war er heimgekehrt und hatte gehört, dass beides durch das Haus klang.
    Er stand in der Eingangshalle, Regenwasser tropfte ihm von der Hutkrempe, während er auf das gespenstische Echo lauschte. Einen verwirrten Augenblick lang glaubte er tatsächlich, dass die Zeit in seiner Abwesenheit zurückgedreht worden war.
    Er sah sich selbst den Flur entlanggehen, der zu dem Musikzimmer führte, die Schritte nicht von düsteren Vorahnungen schwer, sondern leicht und beschwingt. Er stieß die Türen auf und erblickte Allegra, nicht hoch aufgeschossen und schlaksig, sondern klein und pausbäckig auf dem Schoß ihrer Mutter.
    Die dunklen Haarschöpfe der beiden verschwammen zu einem, während Justine Allegras mollige Finger auf die Tasten legte und dazu mit ihrem süßen Altsopran ein heiteres Wiegenlied sang. Hayden lehnte sich eine Weile gegen den Türrahmen, zufrieden, den beiden einfach nur zuzuschauen. Zu seiner Erleichterung lagen unter den Augen seiner Frau keine Schatten, die Schlechtes verhießen.
    »Papa!«, quietschte Allegra erfreut, und ihre Augen leuchteten auf, als sie ihn sah. Sie glitt vom Schoß ihrer Mutter und kam zu ihm gelaufen, damit er sie auf die Arme hob. Als sie ihre weiche Wange an seine drückte, schloss er die Augen und atmete ihren süßen Kinderduft tief ein.
    Als er sie wieder öffnete, stand er immer noch in der zugigen Eingangshalle, die Arme leer und das Herz schwer von dem Verlust.
    »Mylord?«, sprach ihn Giles verwundert an. »Sie sind völlig durchnässt. Darf ich Ihnen Hut und Mantel abnehmen?«
    Hayden antwortete nicht. Er schob den Mann einfach wortlos beiseite und begab sich zum Musikzimmer.
    Lottie und Allegra waren so vertieft in ihr Vergnügen, dass sie seine Schritte nicht hörten, als er den Raum durchquerte, nichts davon merkten, dass sie nicht länger allein waren, bis der Klavierdeckel mit einem lauten Knall zufiel und so den Blick auf ihn freigab.

14
    Leider war jedes Wort, das über seine schönen Lippen kam, eine hübsche Lüge, dazu bestimmt, mich zu verführen!
    Lottie erhob sich von der Bank und schaute Hayden über die schimmernde Oberfläche des Deckels hinweg an.
    Er hatte sich noch nicht einmal die Zeit genommen, seinen Mantel oder seinen Hut abzulegen. Regen tropfte von dem Schultercape seines Mantels auf das Parkett, während die Krempe seines Hutes

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