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Eine skandaloese Liebesfalle

Titel: Eine skandaloese Liebesfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherry Thomas
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ihrer Hand Licht spendete, trat sie zum Kaminsims, fasste den nächstbesten Gegenstand und erklärte: „Da. Ich habe es.“
    „Oh, was für eine schöne Schneekugel“, stellte Lord Vere fest.
    Sie hätte irgendetwas anderes nehmen können. Den Malachit-Kerzenständer zum Beispiel. Die schlichte chinesische Urne, die die Holzspäne zum Feuermachen enthielt. Aber nein, sie hatte nichts anderes genommen. Sie hatte nach der Schneekugel mit dem winzigen Dorf darin gegriffen: Kirche, Hauptstraße, schneebedeckte Häuser- das letzte Weihnachtsgeschenk, das Tante Rachel ihr überreicht hatte, vor acht Jahren.
    Damals hatte es Weihnachten tatsächlich geschneit. Ihr Onkel, von einer seiner Launen getrieben, war irgendwohin verschwunden. Elissande hatte Tante Rachel überredet, deren Gesundheitszustand sich unter ihrer liebevollen Pflege stetig verbessert hatte, einen Spaziergang durch den Schnee zu machen. Sie hatten einen schiefen Schneemann gebaut. Und dann hatten sie irgendwie eine Schneeballschlacht begonnen.
    Es war ein heißer Kampf gewesen. Tante Rachel konnte gut zielen - wer hätte das gedacht? Elissandes Mantel hatte zahllose Spuren von Treffern aufgewiesen. Aber sie selbst war auch nicht schlecht gewesen. Kreischend war Tante Rachel vor ihr weggelaufen und hatte ausgelassen gelacht, als Elissandes Schneeball sie auf dem Hintern traf.
    Sie konnte ihre Tante noch vor sich sehen, wie sie an diesem Tag ausgesehen hatte - das noch nicht ergraute Haar war zu einem Knoten gebunden gewesen und nun in den Nacken gerutscht, das Gesicht rosafarben von der Anstrengung im Freien, durch das viele Bücken, wenn sie Schnee aufhob, um einen Schneeball zu formen. Genau in einem solchen Moment war sie plötzlich erstarrt, immer noch vornüber gebeugt, als sie bemerkte, dass ihr Ehemann zurückgekehrt war.
    Elissande sollte nie den Gesichtsausdruck ihres Onkels vergessen: Wut, gefolgt von einem furchterregenden Aufblitzen von Freude, unseliger Vorfreude. Durch ihr Lachen, ihre rosigen Wangen und die Tatsache, dass sie im Schnee herumtollte, hatte Tante Rachel sich verraten. Sie war noch nicht völlig gebrochen. In ihr war noch Jugend und Leben. Diese schwere Beleidigung konnte ihr Onkel nicht ungestraft durchgehen lassen.
    Seitdem hatte Tante Rachel das Haus nicht mehr verlassen.
    Elissande blickte zu Lord Vere, der von der Schneekugel fasziniert schien, die anzusehen sie selbst nicht ertrug. Er stand ganz dicht bei ihr. Sie betrachtete seine breiten Schultern, seinen kräftigen Hals und den unvorstellbar vollkommenen Bogen seiner Brauen. Heute Nacht roch er nicht nach Zigarrenrauch, sondern nur nach Laub - verspätet bemerkte sie seine Ansteckblume, ein Zweig fester grüner Beeren mit einem Stück Tannengrün.
    Konnte sie sich dazu durchringen, ihn zu heiraten, in dem vollen Bewusstsein, dass hinter diesen leeren Augen nur das Nichts lag? Konnte sie ein Leben lang sein Geschwätz ertragen und sein beständiges Starren auf ihren Busen? Konnte sie ihn für den Rest ihrer Tage anlächeln?
    Ihre Finger fassten die Kugel fester. Ich dachte, sie sei größer und beeindruckender, hatte ihre Tante zu ihr gesagt, als Elissande die Kugel zum ersten Mal geschüttelt hatte. Ich wollte etwas besonders Schönes für dich.
    Verzweiflung. Sie hatte geglaubt, sie würde sich damit auskennen. Aber bis zu diesem Moment hatte sie in Wahrheit keine Vorstellung davon gehabt.
    Entfernte Schritte. Lady Avery eilte herbei.
    Sie stellte die Kerze und die Schneekugel ab und lächelte Lord Vere an. Sie zitterte wieder. Gut. Zittern passte ausgezeichnet zu den Worten, die ihr über die Lippen kamen.
    „Oh, lieber Sir, verzeihen Sie mir. Ich sollte nicht. Aber seit ich Sie kennengelernt habe, kann ich nicht mehr aufhören, an Sie zu denken“, sagte sie und band die Schleife um ihre Taille auf, streifte sich den Morgenrock ab und warf ihn hinter sich.
    Lord Veres Augen wurden groß. Sie verschwendete keine Zeit und trat fest auf den Saum ihres Nachthemds. Die Fäden an ihrer Schulter rissen. Das Nachthemd raschelte leise, als es an ihrem nackten Körper zu Boden glitt.

8. Kapitel
    Zum ersten Mal in seinem Leben musste Vere nicht den Entgeisterten spielen. Er war es - wie vom Schlag getroffen, sprachlos und unfähig, irgendeinen Gedanken zu fassen oder sich auch nur von der Stelle zu rühren. Seine Glieder mussten zu Stein erstarrt sein, und auf seinen Verstand konnte er tatsächlich nicht mehr zählen.
    Seine Augen allerdings waren voll einsatzfähig und

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