Eine skandaloese Liebesfalle
benötigt.
„Was, wenn die Fotografien unter- oder überbelichtet sind?“
„Verzeihung?“ Seine Stimme klang unter dem schwarzen Tuch gedämpft.
„Was, wenn die Fotografien nicht gelingen?“
Er kam hinter der Kamera hervor. „Ich habe ein halbes Dutzend Platten hier. Eine davon wird schon gut werden. “
Er betätigte den Abzug des Blitzlichts. Es dauerte einen Moment, bis die Kartusche mit dem Magnesiumpuder sich entzündete und bis die kontrollierte Explosion ein brillantes weißes Licht produzierte. Er duckte sich wieder unter das schwarze Tuch.
Als er das nächste Mal wieder sichtbar wurde, stellte er das Blitzlicht höher ein, rückte eine der Leinwände einen Fuß nach vorne und justierte die Schräge des weißen Seidenschirms auf der anderen Bettseite. Als er den Kopf hob, schaute er sie direkt an, aus - so kam es ihr wenigstens vor - großer Höhe.
Sie leckte sich nervös die Lippen. Seine Hand fasste den Schirm fester. Und dann ging er weg, zurück zu seiner Kamera.
„Ich werde gleich die Klappe betätigen“, sagte er. „Achte darauf, dass du in genau der Pose bist, die du willst.“
Ihr Herz hämmerte. Sie war aufgeregt, einerseits wegen seiner Nähe, andererseits wegen seiner hartnäckigen Weigerung, ihrer Verführungskunst zu erliegen. Sie öffnete die Lippen, atmete flach und wandte den Kopf, bis sie genau in die Linse seines Fotoapparats blickte.
Es war schon ziemlich spät am Nachmittag, als Elissande auffiel, wie seltsam Tante Rachels Reaktion im Grunde genommen war.
Am Morgen war sie so überglücklich gewesen, selbst zu überwältigt, um in Tante Rachels Sprachlosigkeit irgendetwas anderes zu sehen als glückselige Benommenheit. Elissande war auf und ab gehüpft wie ein Affe -auch wenn es, wenn sie landete, mehr wie ein Rhinozeros klang - und hatte vor Freude geweint, bis sie bestimmt ein paar Pfund leichter war.
Sie hatte sich nichts bei der Bitte ihrer Tante um ein wenig Laudanum gedacht. Tante Rachel war geschwächt. Die Nachrichten des Tages waren ein Schreck gewesen. Selbstverständlich brauchte sie Zeit und Ruhe, bis sie das angemessen verarbeitet hatte.
Als Tante Rachel eingeschlafen war, war Elissande eine Weile neben ihrem Bett sitzen geblieben, hatte ihre Hand gehalten und ihr übers Haar gestrichen, voller Dankbarkeit, dass Tante Rachel diesen Tag erleben durfte, und dass sie noch viele Jahre vor sich hatte, die sie genießen konnte, frei von Angst und Schatten.
Dann war sie gegangen, um ihren Ehemann zu suchen, einzig aus dem Grund, weil sie ihn sehen wollte - er war das, was einem Verbündeten am nächsten kam. Und an diesem wundervollen Triumphtag, mit wem konnte sie da besser feiern als mit ihm?
Aber er war ausgegangen. Daher ließ sie sich von seinem Kutscher durch die Stadt fahren und konnte London zum ersten Mal seit ihrer Ankunft hier genießen. Sie beobachtete junge Leute dabei, wie sie im Park Fahrrad fuhren, besuchte jedes Stockwerk von Harrods und verbrachte dann so viel Zeit bei Hatchards, dass ihre Handschuhe ganz grau vom Staub der Bücher waren.
Sie hatte auch Needham aufgesucht und ihn gebeten, ihr einen Arzt zu empfehlen, der über besondere Kenntnisse verfügte, was den Bereich Betäubungsmittelsucht betraf. Wie sich herausstellte, betrachtete sich Needham selbst als ausreichend erfahren in der Angelegenheit, um ihr zu helfen.
„Er sagt, es ist nicht mit irgendwelchen Qualen verbunden“, teilte sie Tante Rachel mit, als sie nach Hause kam. „Du musst nur jeden Tag dieselbe Menge einer bestimmten Tinktur nehmen. Die Laudanum-Menge darin wird mit jeder Flasche verringert werden, ganz langsam, nach und nach. Dein Körper wird sich ohne große Schwierigkeiten an die neue Dosierung gewöhnen, bis du am Ende gar kein Laudanum mehr benötigst. Wenn ich daran denke, welchen Qualen mein Onkel dich unterworfen hat, und dabei hätte er einfach ... “ Sie fuhr mit der Hand durch die Luft. „Ist auch egal. Wir müssen nie wieder einen Gedanken an ihn verschwenden. “
Tante Rachel sagte nichts; sie zitterte, als sei ihr kalt. Elissande legte ihr sogleich eine weitere Decke um, aber Tante Rachel zitterte nur noch mehr.
Elissande setzte sich auf die Bettkante. „Was ist denn, meine Liebe?“
„Ich ... ich fühle mich so schrecklich wegen des Mannes, den er umgebracht hat - Mr Delaney. Ich frage mich, wie viele andere es alles in allem noch gegeben hat.“ „Meine Güte! “, rief Elissande. „Ist nicht ein Mord entsetzlich genug?“
Tante Rachel
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