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Eine skandalöse Versuchung

Eine skandalöse Versuchung

Titel: Eine skandalöse Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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nickte. »Fahren Sie fort.« »Er war mindestens so groß wie Jeremy, aber nicht viel größer. Und eher schlank als kräftig. Er hatte einen schlaksigen und zugleich eleganten Gang, wie junge Männer ihn manchmal haben, und er konnte sehr gut rennen.«
    »Besondere Merkmale?«
    »Dunkle Haare.« Wieder sah sie zu Trentham auf. »Ich würde sagen, noch dunkler als Ihre, vielleicht schwarz. Was sein Gesicht
angeht …« Sie sah wieder geradeaus, den Moment vor Augen, als sie kurz sein Gesicht gesehen hatte. »Feine Gesichtszüge. Nicht unbedingt aristokratisch, aber auch nicht gewöhnlich.«
    Sie suchte Trenthams Blick. »Zweifellos ein Gentleman von gutem Stand.«
    Er widersprach ihr nicht, schien sogar nicht einmal überrascht.
    Als sie den Gehweg erreichten, erfasste sie von der Straße her ein scharfer Wind; Trentham zog sie näher an sich heran - in den schützenden Windschatten seiner Schultern. Mit gesenkten Köpfen schritten sie zügig hinüber zum Haus der Carlings.
    Sie hätte darauf bestehen sollen, dass er sie am Eingangstor allein ließ, aber er schwang das Gitter weit auf und zog sie mit einer solchen Selbstverständlichkeit hindurch, dass ihr der Gedanke, welche Schwierigkeiten sich ergeben mochten, wenn man sie vor der Haustür zusammen sah, erst viel zu spät kam.
    Doch wie üblich hatte der Garten beruhigende Wirkung auf sie; er gab ihr das Gefühl, dass alle Bedenken unberechtigt waren. Wie aufgestellte Staubwedel säumten zahlreiche feingliedrige Pflanzen den Weg, und hier und da reckte eine exotische Blume ihren Kopf weit in die Höhe. Diverse Büsche zierten die Beete, und vereinzelte Bäume verliehen dem eleganten Konzept einige kunstvolle Akzente. Trotz der Jahreszeit lugten an manchen Stellen sternförmige, weiße Blüten unter dem schützenden, tiefgrünen Blattwerk hervor.
    Obwohl die Nacht ihre eisigen Finger nach dem gewundenen Pfad ausstreckte, konnte der wütende Wind nur den oberen Rand der Mauer erreichen und nur die obersten Zweige der Bäume schütteln.
    Am Boden herrschte Stille, Ruhe. Wie immer hatte Leonora das Gefühl, dass dieser Garten lebendig war, dass er geduldig und gutmütig die Nacht hindurch wachte.
    Als sie die letzte Biegung des Weges erreicht hatten, blickte sie zum Haus; durch die Büsche und Zweige hindurch entdeckte sie
Licht hinter den Fenstern der Bibliothek. Der Raum grenzte ans Haus Nummer sechzehn und war zu weit entfernt, als dass Humphrey und Jeremy ihre Schritte im Kies hätten hören können und aufgrund dessen aus dem Fenster sehen würden.
    Eine lautstarke Auseinandersetzung vor der Eingangstür wäre ihnen hingegen kaum entgangen.
    Sie warf einen Blick zu Trentham und sah, dass er die beleuchteten Fenster ebenfalls bemerkt hatte. Sie blieb stehen und entzog ihm ihre Hand, während sie sich ihm zuwandte. »Ich werde Sie hier verlassen.«
    Er sah sie an, sagte jedoch nichts.
    Aus seiner Sicht gab es drei Möglichkeiten. Er konnte ihren Wunsch akzeptieren, sich umdrehen und von dannen ziehen; oder er konnte ihren Arm nehmen, sie zur Tür geleiten und mit einigen angemessenen und wohlüberlegten Erklärungen der Obhut ihres Onkels und ihres Bruders übergeben.
    Beide Möglichkeiten erschienen ihm überaus feige. Die erste, weil er ihr damit willfährig den Schutz vorenthielt, den sie durchaus benötigte, und sich zudem stillschweigend aus der Verantwortung zog, was er in seinem ganzen Leben noch nie getan hatte. Die zweite, weil er genau wusste, dass weder Sir Humphrey noch Jeremy - mochte er ihre Empörung auch noch so sehr anstacheln - in der Lage wären, Leonora länger als einen Tag im Zaume zu halten.
    Insofern blieb ihm nur die dritte Möglichkeit.
    Er sah ihr fest in die Augen und ließ seine Stimme, gestützt von seinen aufrichtigen Gefühlen, bewusst hart klingen. »Sich persönlich auf Einbrecherjagd zu begeben, war extrem leichtsinnig von Ihnen.«
    Ihr Kinn schnellte hoch; ihre Augen blitzten. »Das mag schon sein, aber wenn ich es nicht getan hätte, dann wüssten wir jetzt nicht einmal, wie er aussieht. Sie haben ihn schließlich nicht gesehen, ich war es.«
    »Und was glauben Sie«, sein eisiger Tonfall klang so, als würde
er mit einem übermäßig leichtsinnigen Untergebenen reden, »wäre wohl passiert, wenn ich nicht da gewesen wäre?«
    Seine eigene Antwort auf diese Frage durchbohrte ihn hart und scharf wie ein Messer; bis zu diesem Moment hatte er sich dieses Szenario nicht vorstellen mögen. Seine Augen wurden schmal, während echte

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