Eine Spur von Lavendel (German Edition)
freundschaftlichen Terrain bewegte, fühlte sich Linda sicher und konnte den Abend genießen. Den Gedanken an die wenigen Sekunden, in denen sie sich so unerwartet stark zu ihm hingezogen gefühlt hatte, verdrängte sie einfach. Wahrscheinlich hatte sie sich das sowieso nur eingebildet, weil sie gerade in einer äußerst melancholischen Stimmung gewesen war, beruhigte sie sich. Trotzdem würde sie vorsichtig bleiben, denn sie hatte sich einmal geschworen, sich nicht noch einmal auf einen so attraktiven Mann einzulassen.
Und sie musste zugeben, dass Alexander Hellberg zur besonders gut aussehenden Sorte gehörte. Vielleicht war sein Mund eine Spur zu sinnlich, aber seine vollkommen ebenmäßigen Gesichtszüge, die gerade Nase und das energische Kinn wirkten klassisch maskulin. Die überlangen dunklen Wimpern – für die jede Frau sofort Haus und Hof gegeben hätte – und die leicht geschwungenen Brauen verliehen seinem Gesicht jedoch mildernde Sanftheit und ließen seine rauchgrauen Augen geheimnisvoll strahlen. Dieser Eindruck wurde durch das dichte dunkelbraune Haar noch verstärkt. Eine beunruhigend elektrisierende Aura schien ihn zudem zu umgeben, wenn er sprach. Seine Stimme war tief und klang ein wenig heiser. Der Mann war ohne Zweifel das, was man gemeinhin als ausgesprochen sexy bezeichnete.
Es wunderte Linda überhaupt nicht, dass Alexander mit seinen siebenunddreißig Jahren noch nicht verheiratet war. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass es überhaupt einer einzigen Frau gelingen konnte, einen Mann mit dieser auffälligen Ausstrahlung an sich zu binden.
„Bekomme ich noch einen Abschiedskaffee?“, fragte Alexander, als er sie schließlich wieder zu ihrer Haustür begleitete. Linda überhörte die warnende Stimme in ihrem Kopf und lächelte.
„Wie wäre es mit einem weiteren Espresso? Ich besitze auch so eine fauchende Teufelsmaschine, mit der man ihn herstellen kann.“
„Fein“, nickte Alexander und folgte ihr ins Haus.
„Geh doch schon mal voraus ins Wohnzimmer. Ich werfe die Maschine an und sehe dann kurz nach Charlotte. Wenn ich zurück bin, bringe ich unseren Espresso mit.“
Einige Minuten später erschien sie mit einem kleinen Tablett im Wohnzimmer. Alexander beobachtete jede ihrer auffallend grazilen Bewegungen.
„Hast du mal getanzt?“, fragte er aus einem Impuls heraus.
Linda blickte erstaunt auf. „Ja, ich habe zwölf Jahre lang ernsthaft Ballett gemacht. Ich wollte sogar Tänzerin werden. Besser gesagt, Primaballerina. Aber ich glaube, das wollen alle Mädchen irgendwann einmal. Übrig geblieben ist allerdings lediglich meine unerschütterliche Liebe zu dieser Kunst. Warum fragst du?“
„Ich dachte nur … Man sieht es daran, wie du dich bewegst. Das wirkt immer so fließend und elegant.“
„Oh – danke schön! Ich nehme das als sehr nettes Kompliment.“
„Es war auch absolut ernst gemeint.“ Er trank seinen Espresso ziemlich schnell aus und räusperte sich. „War mit Charlotte alles in Ordnung?“
„Ja, sie liegt brav in ihrem Bett und schläft.“
Nach einer Weile stand er schließlich etwas unbeholfen auf. Die Stimmung zwischen ihnen war deutlich anders geworden,seit sie miteinander allein waren. Die Leichtigkeit ihres Zusammenseins war verflogen. „Du bist sicher müde, Linda. Ich werde jetzt besser fahren.“
Widerspruchslos begleitete sie ihn in die Eingangshalle. „Es war ein sehr schöner Abend, Alexander. Ich danke dir für deine nette Einladung“, sagte sie leise, als sie nebeneinander vor der Haustür standen.
„Ich danke dir. Ich fand es auch sehr schön. Wir sollten das beizeiten wiederholen.“ Sein Blick glitt langsam über ihr Gesicht. Er konnte den drängenden Impuls fast mit Händen greifen, der sich jäh in ihm breitmachte.
Alexander Hellberg hatte schon vor Jahren seine eigene Art entwickelt, mit Frauen umzugehen. Wenn er ein Ziel vor Augen hatte, vergaß er irgendwelche komplizierten Umwege und ging direkt darauflos. Normalerweise funktionierte diese Taktik perfekt.
Aber in diesem besonderen Fall kämpfte er für den Bruchteil einer Sekunde länger mit sich. Der Drang blieb jedoch so stark, dass er ihm schließlich seufzend nachgab. Blitzschnell schob er seine rechte Hand in Lindas Nacken und zog ihren Kopf zu sich heran.
Sein Mund lag bereits auf ihren Lippen, bevor sie seine Bewegung überhaupt realisierte.
Es war ein kurzer Kuss, weich und sanft. Fast ruckartig löste er sich wieder von ihr, weil er spürte, dass er nicht
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