Eine Spur von Lavendel (German Edition)
deshalb bemerkte sie es zunächst nicht.
„Das entspricht eben meiner Natur. Es liegt mir nicht, einen einmal gefassten Entschluss rückgängig zu machen. Ich habe mich überzeugen lassen, mit Ihnen zu reden, und das tue ich jetzt, Alexander.“ Sie blickte zu ihm hoch und sah sein Gesicht unerwartet dicht vor sich. Plötzlich schien der Raum um sie herum förmlich zu vibrieren.
Sie fühlten es beide.
Seine dunklen Augen hielten für mehrere Sekunden ihren Blick fest, und er registrierte darin ebenso eine gewisse Überraschung wie auch eine unübersehbare Panik. Sie atmete hörbar aus und machte einen großen Schritt von ihm weg.
Für einen kurzen Moment hatte er geglaubt, sein Herz werde aussetzen. Seine Hand war bereits auf dem Weg zu ihrem Kopf gewesen, um endlich dem verrückten Bedürfnis nachzugeben, ihr Haar zu berühren, bevor sie so ruckartig zurückgewichen war.
„Ich glaube, Sie sollten jetzt besser gehen“, durchbrach ihre zitternde Stimme die verlegene Stille zwischen ihnen.
Er räusperte sich, aber die ungeheure Spannung wollte noch immer nicht weichen. „Ja, ich … Das sollte ich wirklich.“ Er stand auf und machte instinktiv einen Schritt auf sie zu. Linda hob abwehrend beide Hände und schüttelte leicht ihren Kopf.
„Bitte, Alexander, geh jetzt.“
Unschlüssig blickte er sie einen Moment lang an. „Darf ich wiederkommen?“
Während sie ihm noch den Rücken zuwandte, nickte sie stumm.
Er fand allein den Weg hinaus.
Zwei ganze Tage und Nächte hielt Alexander sich zurück, dann gab er seinem inneren Drang schließlich doch nach und rief Linda an. Sie war sofort am Apparat.
Er meldete sich mit seinem Namen, doch sie antwortete nicht. Also redete er einfach drauflos. „Linda, ich wollte Sie … dich fragen, ob … Wie wäre es mit einem guten italienischen Essen? Heute Abend?“
Sie blieb noch einen weiteren Augenblick stumm, bevor er endlich wieder ihre sanfte Stimme hörte. „Ja, warum nicht. Ich würde mich freuen.“
Das klang zwar schon wieder ein bisschen distanziert, aber sie hatte schließlich zugestimmt, überlegte er. „Darf ich euch um halb acht abholen?“
Wieder Stille.
„Uns?“
„Ich dachte, vielleicht würde deine Tochter gerne mitkommen. Die machen eine sensationelle Pizza da.“
Er lauschte auf ihren Atem und berauschte sich daran. Die eigene Reaktion stufte er sofort als äußerst übertrieben ein und schüttelte über sich selbst den Kopf.
„Ich werde Charlotte fragen, Alexander.“
„Bis heute Abend, Linda. Ich freue mich.“
„Ja.“
Das Klicken in der Leitung teilte ihm mit, dass sie aufgelegt hatte. Alexander hielt noch einige Augenblicke den Hörer in der Hand, bevor er ihn zurück auf die Ladestation gleiten ließ. Er schloss kurz die Augen und atmete bewusst einige Male tief ein und aus.
Sie ist seine Frau.
Nein, sie war seine Frau, verbesserte er sich in Gedanken.
Und ich will sie!
Als Alexander um Punkt halb acht aus seinem Auto stieg, stand Charlotte mit einigen Freundinnen draußen vor der Haustür. Offenbar hatte sie sich gerade von ihrer Mutter verabschiedet. Lachend winkte das Mädchen ihm zu. „Hi, Alexander Hellberg, danke für die Einladung, aber ich habe leider schon was vor.“ Wie bisher jedes Mal, so entlockte Lindas Tochter ihm auch jetzt ein breites Grinsen.
„Ich werde es irgendwie überleben müssen, Kleine“, sagte er augenzwinkernd.
Charlotte und ihre Freundinnen enttäuschten seine Erwartungen nicht und brachen daraufhin in ein albernes Teenagergekicher aus, bevor sie endgültig das Feld räumten.
Linda stand noch immer in der Haustür und sah ihm entgegen.
„Sie werden allesamt heute Nacht von dir träumen“, sagte sie lächelnd.
„Nun, das will ich doch hoffen!“
Sein Blick glitt bewundernd über ihre Erscheinung. Derschlichte dunkelblaue Hosenanzug stand ihr hervorragend. „Du siehst sehr schön aus“, entfuhr es ihm.
„Danke. Offenbar hast du dir für heute vorgenommen, allen weiblichen Wesen den Kopf zu verdrehen.“
Sie verhielt sich ihm gegenüber vollkommen natürlich – und er war dankbar dafür. Lächelnd geleitete er sie zu seinem Auto und hielt ihr die Beifahrertür auf.
Beide genossen das Essen, den Wein und ihre erfreulich unverkrampften Gespräche. Ihre eigenen Vorbehalte gegen Alexander Hellberg erschienen Linda bald ebenso albern wie dumm.
Es war viel zu lange her, dass sie sich so gut unterhalten und amüsiert hatte. Solange sich ihre Beziehung auf einem rein
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