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Eine Spur von Lavendel (German Edition)

Eine Spur von Lavendel (German Edition)

Titel: Eine Spur von Lavendel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Schomann
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Außenstehenden schwer zu verstehen, dass ich nach diesem Vorfall weiterhin beiihm geblieben bin. Aber zu meiner Angst, er könnte mir tatsächlich etwas antun, kamen auch noch andere Dinge. Ich besaß nichts. Kein eigenes Geld, keine Wohnung. Ich hatte noch nicht einmal eine Freundin hier in Hamburg, denn ich hatte mich mit meiner eigenen Familie überworfen und war deshalb aus Essen abgehauen, bevor ich in Georgs Kneipe den Job bekam. Doch vor allem waren da ja die Kinder. Die beiden Jungen waren einfach goldig. Vom ersten Tag an habe ich sie ebenso abgöttisch geliebt wie ihren Vater. Und sie liebten mich! Niemals hätte ich es fertiggebracht, sie wieder zu verlassen, nachdem sie ja schon ihre leibliche Mutter so früh verloren hatten.“
    Anneliese beugte sich vor und drückte die Zigarette im Aschenbecher aus. „Ich tat also, was Georg verlangte, und konzentrierte mich fast ausschließlich auf meine Mutterrolle. In mein Bett kam Georg nur noch sehr selten, und er machte auch keinen Hehl mehr aus seinen zahlreichen Affären. Die eine oder andere Frau brachte er sogar kalt lächelnd mit in unsere Wohnung. Immer wieder schlug und demütigte er mich und später dann auch die Kinder. Immer wegen irgendwelcher Nichtigkeiten. Die Jungs und ich waren stets darauf bedacht, ihn ja nicht zu reizen, wenn er im Haus war. Er trank, er war jähzornig und bösartig, und es wurde von Tag zu Tag schlimmer mit ihm. Ich weiß bis heute nicht genau, wie ich das ausgehalten habe, ohne komplett durchzudrehen oder schließlich doch noch wegzulaufen.“
    Tief durchatmend machte Anneliese eine kleine Pause.
    Die beiden Männer warteten geduldig, bis sie von sich aus dazu bereit war, ihren Bericht wieder aufzunehmen, und sagten kein Wort.
    „Als Georg dann zehn Jahre nach unserer Heirat an einem Herzinfarkt starb, habe ich nicht einmal mehr um ihn weinen können. Es war sogar eine ungeheure Erleichterung für uns, endlich vor ihm Ruhe zu haben. Mit dem Geld aus seiner Lebensversicherung baute ich die Gaststätte um, eröffnete kurz darauf meine Imbissstube und bezog diese Wohnung. Mein furchtbares Leben mit Georg ließ ich genauso zurück wie all die Schmerzen, die schrecklichen Erniedrigungen und die Abhängigkeit. Ausmir wurde eine selbstständige und bald auch wieder selbstsichere Frau. Ich zog weiter die Kinder groß, hielt mir die Kerle vom Hals und war überglücklich, als Walter sein Architekturstudium aufnahm. Als Frank dann zwei Jahre später zur Polizei ging, machte mich das sogar besonders stolz. Mein ganzes Bestreben bestand darin, dass aus den Jungen ehrliche und zuverlässige Männer werden würden. Und dieser Wunsch schien sich ja auch zu erfüllen.“
    Das leichte Lächeln, das über ihr Gesicht huschte, war bitter. „Den ersten richtigen Dämpfer bekam ich dann, als du nicht mehr zu uns kamst, Alex. Du erschienst mir immer wie eine Art Garant für ein Leben, das von Aufrichtigkeit und Moral geprägt war. Natürlich wusste ich, dass Frank dazu neigte, über die Stränge zu schlagen, wenn niemand auf ihn aufpasste, denn so war er schon als Kind gewesen. Gerade deshalb warst du für ihn so wichtig. Du bist unglaublich stark, Alex. Gefestigt in deinem Charakter, selbstbewusst und vor allem aufrichtig, das wusste ich schon bei unserer allerersten Begegnung. Du hast ebenso deine Jugend in vollen Zügen genossen wie Frank, aber du hast dich immer innerhalb der Grenzen bewegt. Sicherlich würdest du niemals jemandem absichtlich Schaden zufügen. Du nicht, Alex.“
    Aus ihrer Stimme konnte man nun die Bitterkeit heraushören. „Frank hat meine zahlreichen Fragen nach dir einfach ignoriert. Du kamst nicht mehr hierher – und das war’s. Ich weiß noch, dass ich einige Jahre später in der Innenstadt in einem großen Kaufhaus war, um ein Geburtstagsgeschenk für Walter zu besorgen. Dort stand ich plötzlich deiner Mutter gegenüber. Wir hatten uns ja nur ein- oder zweimal gesehen. Weißt du noch, das Grillfest, das auf dem Gelände der Polizeischule stattfand? Dort hattet ihr uns miteinander bekannt gemacht.“
    Alexander nickte, blieb aber weiterhin stumm. Er wollte sie nicht unterbrechen.
    „Ich traf also deine Mutter in diesem Kaufhaus, und wir gingen spontan eine Tasse Kaffee miteinander trinken. Sie fragte mich sofort nach Frank. Ich erzählte von ihm, und sie berichtete mir die Neuigkeiten von dir. Von ihr erfuhr ich auch, dassder Bruch zwischen euch offensichtlich von Frank ausgegangen war und du selbst deshalb

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