Eine Spur von Lavendel (German Edition)
er den Hörer sinken und legte ihn schließlich zurück auf den Apparat.
„Um Gottes willen, Alex, was ist passiert?“, fragte Monika flüsternd.
Unruhig sah sie ihn an, und der zutiefst gequälte Ausdruck in seinen Augen traf sie wie ein Faustschlag.
Alexander Hellberg schien in den letzten paar Sekunden um mehrere Jahre gealtert zu sein. Tiefe senkrechte Falten traten auf seiner Stirn hervor und ließen sein immer noch bleiches Gesicht hart und kantig erscheinen. Wie blind starrte er stumm seine Kollegin an. Dann hob er langsam seine Hände und vergrub sein Gesicht darin.
Monika legte ihm eine Hand auf den Arm, als sie sein unterdrücktes Schluchzen wahrnahm. „Setz dich, Alexander. Hast du gehört? Setz dich hin und rühr dich nicht von der Stelle.“
Nachdem er ihren Anweisungen gefolgt war, langte sie über den Schreibtisch und griff nach ihrem Telefonhörer.
„Kroning? Alex … er … Komm bitte sofort her!“
Keine Minute später betrat Tobias Kroning das Büro. Sein Blick fiel auf Alexander, der jetzt vornübergebeugt an seinem Schreibtisch saß und sein Gesicht noch immer mit beiden Händen bedeckte. In zwei Sätzen erklärte Monika ihrem Freund, was in den letzten Minuten geschehen war.
„Er hat noch kein Wort gesagt“, schloss sie ihren Kurzbericht ab.
Tobias setzte sich auf die Kante von Alexanders Schreibtisch und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Sag uns, was los ist, Alex.“
Alexander wollte offensichtlich reden, aber seine Stimme versagte. Er räusperte sich heftig und ließ endlich seine Hände sinken. „Ich muss mit Linda sprechen“, flüsterte er kaum hörbar. „Ich muss sofort zu Linda.“
„Was ist passiert?“, hakte Tobias Kroning nach.
„Sie sind … tot“, brachte Alexander mit krächzender Stimme hervor. „Alle beide.“
Tobias und Monika warfen sich einen schnellen Blick zu. „Wer ist tot, Alex?“
Alexander hob den Blick und sah seinem Freund ins Gesicht. „Reny … und Henri – beide tot! Ein … ein schrecklicher Autounfall. Sie … ein Lkw … Henri wollte ausweichen … Ein Baum, oh, mein Gott!“ Wieder verbarg er sein Gesicht in den Händen.
„Ich spreche mit Lindemann“, informierte Monika die beiden Männer, während sie bereits in ihre Jacke schlüpfte. „Fahrt ihr schon mal los, ich komme dann nach.“
Tobias Kroning nickte ihr zu. „Gut. Ich kümmere mich um Alex und bringe ihn nach Hause. Wir sehen uns später.“
„Komm, Kumpel, ich fahre dich zu Linda. Was kann ich sonst noch für dich tun?“, wandte er sich dann wieder an seinen Freund.
Alexander schüttelte seinen Kopf, offensichtlich, um langsam wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. „Ich muss … noch heute einen Flug bekommen …“
„Ich kümmere mich darum, sobald wir bei euch sind, Alex“, versprach Tobias.
Alexander schlüpfte gerade in seine Jacke, da öffnete sich erneut die Bürotür, und Bernd Lindemann kam herein. Offenbar hatte Monika bereits mit ihm gesprochen.
„Hör zu, Alexander, ich habe zwei Wochen Urlaub für dich eingetragen! Du hast sowieso noch unzählige Überstunden abzubummeln. Sieh zu, dass du zu deiner Mutter kommst. Sie braucht dich jetzt. Kroning, auch dir gestehe ich ein paar freieTage zu. Kaminski hat mich soeben davon überzeugt, dass Alex in den nächsten Tagen einen Freund gebrauchen könnte. Sie meinte, es sei besser, wenn du ihm und seiner Frau jetzt zur Seite stehst. Wir werden hier schon klarkommen. Seht zu, dass ihr wegkommt. Habt ihr nicht gehört? Bewegt eure Hintern hier raus!“
Tobias Kroning nickte seinem Chef dankbar zu und wunderte sich insgeheim darüber, dass Monika die Situation so gut eingeschätzt und offensichtlich auch noch seine Gedanken gelesen hatte. Ihm wurde plötzlich klar, wie wichtig Alexander ihm inzwischen war. Sein Freund stand sichtlich unter Schock, und er hätte ihn jetzt nicht besonders gern alleingelassen.
Drei Stunden später befanden sich Alexander, Linda und Tobias bereits auf ihrem Weg zum Flughafen. Monika und Elisabeth Bergstedt erklärten sich sofort dazu bereit, sich mit vereinten Kräften um Charlotte und auch um den Laden zu kümmern. Außerdem würde Monika kurzerhand für die Zeit von Alexanders und Lindas Abwesenheit in das Gästezimmer der Hellbergs ziehen.
Unentwegt hielt Linda Alexanders Hand – auch noch, als sie in der Maschine saßen. Sie hatten noch nicht sehr viel miteinander gesprochen, seit sie von dem schrecklichen Unfall erfahren hatten. Alexander schien
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