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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Tischgesellschaft. »Und du sieh mich nicht so an, Damaris! Eines Tages muß das arme Kind es erfahren! Vielleicht ist es besser, wir machen ihm erst gar nichts vor und er erfährt es schon jetzt. Wenn Peverell dafür gesorgt hätte, daß man sie nach Bedlam bringt, müßten wir uns mit diesem Problem gar nicht erst herumschlagen.«
    »Wie hätte er das tun sollen?« warf Damaris herausfordernd ein. »Er ist kein Arzt.«
    »Ich glaube sowieso nicht, daß sie verrückt ist«, schaltete Edith sich ein.
    »Sei still!« fuhr Felicia sie an. »Niemand interessiert sich für das, was du glaubst. Warum hätte sie deinen Bruder sonst umbringen sollen?«
    »Das weiß ich auch nicht«, gab Edith zu. »Aber sie hat das Recht, sich zu verteidigen. Und ich finde, Peverell, wir, überhaupt jeder sollte ihr wünschen, daß es auch dazu kommt.«
    »Deine erste Sorge sollte deinem Bruder gelten«, schimpfte Felicia erbost. »Und die zweite der Familienehre. Ich bin mir darüber im klaren, daß du noch sehr jung warst, als er der Armee beigetreten ist, aber du kanntest ihn. Du wußtest, was für ein tapferer und ehrenwerter Mann er war.« Zum erstenmal in Hesters Gegenwart begann Felicias Stimme zu zittern. »Hast du denn kein Herz? Ist sein Andenken nicht mehr für dich als eine kluge Gedankenübung bezüglich der Rechtslage? Wo hast du nur deine Gefühle gelassen, Kind?«
    Edith schoß das Blut ins Gesicht; sie sah richtig elend aus.
    »Ich kann Thaddeus jetzt nicht mehr helfen, Mama.«
    »Nun, Alexandra kannst du noch weniger helfen«, stellte Felicia ungerührt fest.
    »Wir wissen, daß Thaddeus ein guter Mensch war«, sagte Damaris sanft. »Edith weiß das selbstverständlich auch. Sie ist nur viel jünger und kannte ihn nicht so gut wie ich. Für sie war er nicht mehr als ein fremder junger Mann in Uniform, den alle in den höchsten Tönen gelobt haben. Aber ich habe selbst erlebt, wie gütig er sein konnte, wie verständnisvoll. Und obwohl er seinen Männern eiserne Disziplin abverlangte, keinerlei Zugeständnisse machte und sich immer an die Vorschriften hielt, ging er privat mit den Menschen mitunter ganz anders um, das habe ich selbst erfahren. Er war…« Sie brach jäh ab, verzog das Gesicht zu einem verzerrten Lächeln, stieß so etwas wie ein Seufzen aus und biß sich auf die Lippe. Ihre Miene verriet unsäglichen Schmerz. Peverells Blick wich sie geflissentlich aus.
    »Wir sind uns deiner Wertschätzung deines Bruders bewußt, Damaris«, bemerkte Felicia kaum hörbar. »Ich denke allerdings, du hast genug gesagt. Diese spezielle Episode sollte besser nicht zur Sprache kommen – wie du mir zweifellos zustimmen wirst?« Randolf schien einigermaßen verwirrt. Er machte Anstalten, etwas zu sagen, ließ es dann aber bleiben. Ihm hörte ohnehin keiner zu.
    Ediths Blick flog von Damaris zu ihrer Mutter und wieder zurück.
    Peverell schien seine Frau ansprechen zu wollen, da sie jedoch überall hinsah, nur nicht zu ihm, besann auch er sich eines Besseren.
    Damaris starrte ihre Mutter an, als wäre sie plötzlich von einer Erkenntnis überfallen worden, die ihr Fassungsvermögen bei weitem überstieg. Sie blinzelte, runzelte die Stirn und konnte nicht aufhören zu starren.
    Felicia hielt diesem bohrenden Blick mit einem winzigen, sarkastischen Lächeln vollkommen ungerührt stand.
    Nach und nach wich die Verblüffung aus Damaris’ sensiblen, aufgewühlten Zügen und machte einer anderen, noch stärkeren Gemütsregung Platz. Hester war beinah sicher, daß es sich dabei um Furcht handelte.
    »Ris?« fragte Edith behutsam. Sie verstand zwar nicht, warum, spürte jedoch sehr deutlich, daß ihre Schwester auf bittere, einsame Weise litt und wollte ihr helfen.
    »Sicher«, sagte Damaris langsam, ohne den Blick von ihrer Mutter zu wenden. »Ich hatte nicht die Absicht, es zur Sprache zu bringen.« Sie schluckte schwer. »Mir ist nur gerade eingefallen, wie… wie hilfsbereit Thaddeus sein konnte. Der Moment erschien mir so passend, auch… auch daran zu denken.«
    »Schön, du hast daran gedacht«, stellte Felicia klar. »Du hättest es besser im stillen tun sollen, doch da du es nun einmal ausgesprochen hast, würde ich an deiner Stelle die Angelegenheit jetzt als erledigt betrachten. Deine Worte hinsichtlich der Tugenden deines Bruders wissen wir alle zu schätzen.«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon ihr eigentlich sprecht«, beschwerte sich Randolf mit Schmollmiene.
    »Über Hilfsbereitschaft.« Felicia warf ihm einen gequält

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