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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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lediglich wissen, ob Fenton Pole konkrete und unanfechtbare Beweise für eine Affäre zwischen seinem Vater und Louisa Furnival habe.
    Poles Gesicht nahm daraufhin erst einen verächtlichen, dann einen beleidigten Ausdruck an. Das Thema war ihm bei weitem zu vulgär und hätte seiner Ansicht nach gar nicht erst auf den Tisch gehört.
    »Selbstverständlich nicht«, entgegnete er empört. »General Carlyon war kein unmoralischer Mensch. Allein die Vorstellung, er könnte auf ehebrecherischen Pfaden gewandelt sein, ist eine Zumutung und entbehrt jeglicher Grundlage.«
    »In der Tat«, pflichtete Rathbone ihm bei. »Und haben Sie irgendeinen Grund zu der Annahme, daß ihre Schwiegermutter glaubte, er hätte sie hintergangen und sein Eheversprechen gebrochen?«
    Poles Lippen wurden schmal.
    »Nun, ich dachte, unsere Anwesenheit in diesem Saal wäre hierfür Beweis genug.«
    »O nein, Mr. Pole, ganz und gar nicht«, entgegnete Rathbone mit schneidendem Unterton. »Sie beweist lediglich, daß General Carlyon ein gewaltsames Ende und die Polizei es notwendig gefunden hat – ob nun irrtümlich oder nicht, sei einmal dahingestellt –Anklage gegen Mrs. Carlyon zu erheben.«
    Auf den Geschworenenbänken entstand eine leichte Unruhe. Jemand setzte sich gerader hin.
    Fenton Pole wirkte verwirrt. Er erhob keinen Widerspruch, obwohl ihm sein verletzter Stolz deutlich anzusehen war.
    »Sie haben meine Frage nicht beantwortet, Mr. Pole«, drängte Rathbone. »Haben Sie irgend etwas gehört oder gesehen, aus dem Sie eindeutig schließen konnten, daß Mrs. Carlyon die Beziehung zwischen Mrs. Furnival und dem General mit Mißtrauen verfolgt hat?«
    »Hm – nun ja, so formuliert, muß ich wohl nein sagen. Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen.«
    »Auf gar nichts, Mr. Pole. Und es wäre vollkommen unzulässig, würde ich Ihnen irgendwelche Worte in den Mund legen – was Ihre Lordschaft garantiert ähnlich sieht.«
    Pole würdigte den Richter keines Blickes. Er wurde aus dem Zeugenstand entlassen.
    Als nächsten Zeugen rief Lovat-Smith John Barton auf, den Lakaien. Der Anlaß, zu dem er erscheinen mußte, schüchterte ihn sichtlich ein. Sein hübsches Gesicht war vor Befangenheit ganz rot, als er stotternd den Eid ablegte und Namen, Adresse und Beruf nannte. Lovat-Smith ging ausgesprochen freundlich mit ihm um. Er behandelte ihn nicht die Spur herablassend und befragte ihn ebenso höflich wie Fenton Pole oder Maxim Furnival. Unter andächtigem Schweigen des Gerichts und gespannter Aufmerksamkeit der Geschworenen entlockte er ihm eine präzise Schilderung dessen, was er nach der Dinnerparty getan hatte; aufräumen; den Kohleneimer heraufholen; registrieren, daß die Ritterrüstung immer noch auf dem Sockel stand, der inzwischen in den Salon geschafft worden war; mit dem Mädchen sprechen und schließlich zu dem unausweichlichen Schluß gelangen, daß nur Sabella oder Alexandra als Thaddeus’ Mörder in Frage kamen.
    Ein kollektives Aufatmen durchwehte den Saal wie die erste frische Brise vor einem nahenden Sturm.
    Rathbone erhob sich in knisternder Stille. Keiner der Geschworenen rührte sich.
    »Ich habe keine Fragen an den Zeugen, Euer Ehren.«
    Ein verblüfftes Keuchen. Die Geschworenen wechselten ungläubige Blicke.
    »Sind Sie sicher, Mr. Rathbone?« erkundigte sich der Richter erstaunt. »Die Aussage dieses Zeugen ist sehr belastend für Ihre Klientin.«
    »Vollkommen sicher. Danke, Euer Ehren.«
    Der Richter blickte ihn stirnrunzelnd an. »Wie Sie wollen. Mr. Barton, Sie dürfen gehen.«
    Lovat-Smith holte das rothaarige Dienstmädchen in den Zeugenstand, das im Obergeschoß für Sauberkeit und Ordnung sorgte, und ließ sie unwiderruflich bestätigen, daß nur Alexandra den General über das Treppengeländer gestoßen haben konnte, ihm zweifellos anschließend nach unten gefolgt war und ihm die Hellebarde in die Brust gestoßen hatte.
    »Wozu bloß der ganze Zirkus«, stöhnte eine männliche Stimme hinter Monk. »Is ja die reinste Zeitverschwendung!«
    »Und Geldverschwendung erst«, pflichtete sein Nachbar ihm bei. »Die sollten nich so lange rummachen undse endlich aufhängen! Wozu noch das ganze Gelaber.«
    Monk wirbelte mit bitterbösem Gesicht herum und funkelte die beiden zornig an.
    »Weil wir in England niemanden aufhängen, ohne ihm eine Chance zur Selbstverteidigung zu geben«, knurrte er mit zusammengebissenen Zähnen. »Es mag vielleicht eine wunderliche Sitte sein, aber wir geben jedem die Möglichkeit,

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