Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
angehört zu werden, egal, was wir von ihm denken. Wenn Ihnen das nicht paßt, sollten Sie besser woandershin gehen, denn hier haben Sie kaum etwas verloren!«
    »Ach nee! Wolln Se etwa behaupten, ich wär nich von hier? Ich bin genauso englisch wie Sie! Ich zahl meine Steuern, aber bestimmt nich für solche wie die da, die mit ’m Gesetz Katz und Maus spielen. Ich glaub nämlich an das Gesetz! Kann doch nich angehen, daß die Weiber hier einfach so rumlaufen und in ’nem Anfall von Eifersucht ihre Männer abmurksen können. Dann war man ja in ganz England nich mehr sicher!«
    »Sie glauben nicht an das Gesetz«, warf Monk ihm grimmig vor, »Sie glauben an den Strick und an Lynchjustiz. Das haben Sie gerade selbst gesagt.«
    »Hab ich überhaupt nich, Sie hundserbärmlicher Lügner!«
    »Sie sagten, vergeßt die Verhandlung, stürzt das Gericht und hängt sie endlich auf, ein Urteil brauchen wir nicht. Am liebsten würden Sie Richter und Geschworene abschaffen und selbst beides spielen!«
    »Das hab ich niemals gesagt!«
    Monk musterte ihn mit Todesverachtung und wandte sich wieder zu Hester um, denn das Gericht hatte sich erneut vertagt und den Saal bereits verlassen. Er packte sie etwas unsanft am Ellbogen und schubste sie durch die lärmende, drängelnde Menge hinaus.
    Es gab nichts zu sagen. Sie hatten nichts anderes erwarten können: eine Menge, die nur wußte, was die Zeitungen ihr eingetrichtert hatten; ein Richter, der fair war, unparteiisch und unfähig zu helfen; ein brillanter Staatsanwalt, der sich durch nichts und niemanden hinters Licht führen ließ; ein Belastungsmaterial, das Alexandras Schuld einwandfrei bewies. Sie durften sich davon nicht beeinflussen lassen, und erst recht durften sie nicht resignieren. Das kam überhaupt nicht in Frage.
    Monk zwängte sich an den rempelnden, schnatternden Menschen vorbei, die wie welkes Laub in einem Tornado hin und her wirbelten. Es machte ihn rasend, weil er ein Ziel hatte und so schnell wie möglich weg wollte, als wäre Eile ein Weg, den bedrückenden Gedanken zu entrinnen.
    Erst als sie Old Bailey hinter sich gelassen hatten und auf Ludgate Hill zugingen, begann er zu sprechen.
    »Ich bete zu Gott, daß er weiß, was er tut.«
    »Wie können Sie so etwas sagen!« sagte Hester wütend, zum einen weil sie Angst hatte, zum andern weil sie glaubte, Rathbone verteidigen zu müssen. »Er versucht alles menschenmögliche genau wie wir es vereinbart hatten. Außerdem haben wir gar keine Alternative, es gibt keine andere Strategie. Sie hat es getan. Welchen Sinn hätte es, das zu leugnen? Es bleibt nichts mehr zu sagen außer dem Grund.«
    »Sie haben recht«, bestätigte er finster. »Alles andere wäre umsonst. Teufel, ist das kalt. Im Juni sollte es eigentlich wärmer sein.«
    Sie brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Sollte es das? Der Juni ist doch oft so kalt.«
    Er funkelte sie wortlos an.
    »Keine Sorge, es kann nur besser werden.« Hester zuckte die Achseln und zog ihr Cape fester um sich. »Danke, daß Sie den Platz für mich freigehalten haben. Bis morgen.«
    Sie trat in die frostige Luft und gönnte sich trotz der nicht unerheblichen Kosten einen Hansom zu Callandra Daviots Haus.
    »Was ist passiert?« Callandra löste sich sofort tiefbesorgt von ihrem Sessel, als Hester hereinkam. Sie sah furchtbar müde und verängstigt aus und ließ ganz gegen ihre Natur die Schultern hängen. »Kommen Sie, setzen Sie sich. Erzählen Sie.«
    Hester nahm gehorsam Platz. »Es ist genauso gelaufen, wie wir erwartet haben, aber sie sind alle so unglaublich rational und unflexibel. Sie wissen, daß sie es getan hat – Lovat-Smith ließ keinen Zweifel daran offen. Ich habe das Gefühl, was wir auch vorbringen sie werden nie etwas anderes glauben, als daß er ein feiner Mensch war, ein Soldat und ein Held. Wie in aller Welt sollen wir beweisen, daß er seinen eigenen Sohn zum Analverkehr gezwungen hat?« Sie benutzte absichtlich den krassesten Ausdruck, der ihr einfiel, und ärgerte sich verrückterweise, als Callandra nicht darunter zusammenzuckte.
    »Sie werden sie nur noch mehr hassen, weil wir etwas derart Ungeheuerliches von diesem rechtschaffenen Mann behaupten.« Ihre Stimme triefte vor Sarkasmus. »Man wird sie wegen dieser Unverschämtheit nur noch höher hängen.«
    »Sie müssen die anderen finden«, sagte Callandra tonlos; ihre grauen Augen blickten traurig und verbittert. »Die einzige Alternative heißt aufgeben. Wollen Sie das etwa tun?«
    »Nein,

Weitere Kostenlose Bücher