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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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bestand zu keiner Zeit Grund zu der Annahme, daß es sich um etwas anderes als eine vollkommen harmlose Freundschaft handelte«, bestätigte Maxim steif, den Blick auf Rathbone gerichtet, die Brauen nachdenklich zusammengezogen.
    Hester blickte zu den Geschworenenbänken. Ein oder zwei Männer nickten. Sie glaubten ihm; seine Ehrlichkeit war ebenso transparent wie sein Unbehagen.
    »Dachten Sie, Mrs. Carlyon hätte es ähnlich gesehen?«
    »Allerdings! Das dachte ich!« Zum erstenmal kam Leben in Maxims Gesicht. »Es – es fällt mir immer noch schwer…«
    »In der Tat«, schnitt Rathbone ihm das Wort ab. »Hat sie in Ihrer Gegenwart je etwas verlauten lassen oder etwas getan, das auf etwas anderes schließen ließ? Bitte, Mr. Furnival, bemühen Sie sich um eine präzise Antwort – keine Mutmaßungen oder Interpretationen. Hat sie jemals ihre Wut oder Eifersucht auf Mrs. Furnival wegen deren Beziehung zum General zum Ausdruck gebracht?«
    »Nein, nie«, erwiderte Maxim wie aus der Pistole geschossen.
    »Durch nichts.« Bislang hatte er vermieden, Alexandra anzusehen, weil er verhindern wollte, daß die Geschworenen seine Motive mißverstanden oder seine Aufrichtigkeit anzweifelten, doch jetzt konnte er nicht mehr anders. Seine Augen flogen blitzschnell zur Anklagebank.
    »Sie sind absolut sicher?« beharrte Rathbone.
    »Absolut.«
    Der Richter legte die Stirn in Falten und sah Rathbone forschend an. Er beugte sich vor, als ob er etwas sagen wollte, besann sich jedoch eines Besseren.
    Auch Lovat-Smith runzelte die Stirn.
    »Ich danke Ihnen, Mr. Furnival«, sagte Rathbone lächelnd.
    »Sie waren ausgesprochen offen, was wir alle zu schätzen wissen. Es ist für jeden von uns äußerst unangenehm, derartige Fragen stellen und vor der Öffentlichkeit Spekulationen aufwerfen zu müssen, die persönlich bleiben sollten, aber die Umstände zwingen uns leider dazu. Falls Mr. Lovat-Smith keine weiteren Fragen an Sie hat, dürfen Sie den Zeugenstand jetzt verlassen.«
    »Nein, danke.« Lovat-Smith erhob sich halb. »Überhaupt keine Fragen mehr.«
    Maxim setzte sich in Bewegung und stieg langsam die Stufen hinab. Als nächste Zeugin wurde Sabella Carlyon Pole aufgerufen. Ein erwartungsvolles Raunen ging durch den Saal. Man tuschelte aufgeregt, rutschte mit raschelnden Kleidern auf den Bänken herum, die Zuschauer auf der Galerie reckten neugierig die Hälse.
    »Die Tochter!« ertönte es links von Hester. »Soll verrückt sein. Hat ihren Vater gehaßt.«
    »Ich haß meinen Vater auch«, kam es postwendend zurück.
    »Deshalb bin ich noch lange nich verrückt!«
    »Sssch!« zischte jemand anderes erbost.
    Mit hocherhobenem Haupt und steifem Rücken marschierte Sabella durch den Saal zum Zeugenstand. Auch sie war sehr blaß, aber ihre Miene wirkte trotzig. Den Blick unverwandt auf ihre Mutter gerichtet, zwang sie sich zu einem Lächeln.
    Zum erstenmal seit Prozeßbeginn drohte Alexandra die Fassung zu verlieren. Ihr Mund bebte, das eiserne Starren wurde weicher, die Augen blinzelten mehrmals. Hester ertrug es nicht länger, sie anzusehen. Sie wandte den Blick ab und kam sich wie ein Feigling vor, doch wenn sie es nicht getan hätte, hätte sie das Gefühl gehabt, unerlaubt in einen Privatbereich einzudringen. Sie wußte nicht, was schlimmer war.
    Unter Eid bestätigte Sabella ihren Namen, ihre Adresse und ihre verwandtschaftliche Beziehung zu der Angeklagten.
    »Ich bin mir bewußt, wie schmerzhaft das für Sie sein muß, Mrs. Pole«, begann Lovat-Smith höflich. »Ich wünschte, es gäbe eine Möglichkeit, Ihnen die Fragen zu ersparen, doch die gibt es leider nicht. Ich will versuchen, es kurz zu machen. Erinnern Sie sich an die Dinnerparty, in deren Verlauf Ihr Vater den Tod fand?«
    »Was glauben Sie wohl! Solche Dinge vergißt man nicht.«
    »Nein, natürlich nicht.« Lovat-Smith war ein wenig verblüfft. Er hatte mit einer etwas weinerlichen Frau gerechnet, die vielleicht sogar Angst vor ihm hatte oder doch zumindest tiefe Ehrfurcht vor dem äußeren Rahmen an den Tag legte. »Soweit ich informiert bin, hatten Sie gleich nach Ihrem Eintreffen eine Auseinandersetzung mit Ihrem Vater, ist das korrekt?«
    »Jawohl.«
    »Worum ging es dabei, Mrs. Pole?«
    »Er belächelte meine Befürchtung, daß es in Indien zu Unruhen kommen würde. Wie sich herausstellte, hatte ich recht.«
    Ein teilnahmsvolles, ärgerliches Summen wurde laut. Wie konnte sie es wagen, sich der Ansicht eines Kriegshelden zu widersetzen, einem Mann und

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