Eine Spur von Verrat
unerwartet mit dem General konfrontiert wurde. Ich fahre sofort hin, um es herauszufinden. Danke, Sie haben mir sehr geholfen.«
»Äh«, sagte Callandra; langsam schlich sich nun doch eine gewisse Befriedigung in ihre Züge. »Ja – ausgezeichnet. Viel Glück.«
Er bedankte sich noch einmal, warf ihr zum Abschied eine galante Kußhand zu und eilte hinaus, um einen Hansom aufzutreiben, der ihn so schnell wie möglich zu den Furnivals bringen würde.
Um Viertel vor zehn traf er dort ein, gerade rechtzeitig, um Maxim aus dem Haus gehen zu sehen, wahrscheinlich auf dem Weg in die Stadt. Nach weiteren eineinhalb Stunden stoischen Wartens wurde er durch den umwerfenden und unverkennbaren Anblick Louisa Furnivals belohnt, die mit verschwenderisch blumengeschmückter Haube und einem Rock, der so weit war, daß es ihr gesamtes Geschick erforderte, ihn sicher durch die schmale Wagentür zu steuern, eine Kutsche bestieg.
Sobald sie eine angemessene Zeit außer Sichtweite war, ging Monk zur Hintertür und klopfte an. Der Stiefelbursche machte mit erwartungsvollem Gesicht auf, doch als er Monk erblickte, änderte sich seine Miene völlig. Er hatte ganz offensichtlich mit jemand anderem gerechnet.
»Ja, bitte?« fragte er mit einem nicht unfreundlichen Stirnrunzeln. Er war ein hübscher Kerl und stand sehr gerade da, aber seine Augen verrieten eine unterschwellige Wachsamkeit, das Wissen um heimlichen Schmerz.
»Ich war schon einmal hier, bei Mrs. Furnival«, begann Monk vorsichtig, spürte jedoch bereits, wie sich Erregung in ihm breitmachte. »Sie war so freundlich, mir bei den Nachforschungen bezüglich General Carlyons tragischem Tod zu helfen.«
Der Gesichtsausdruck des Jungen verfinsterte sich. Die Haut um Augen und Mund spannte sich kaum merklich, die Lippen wurden schmal.
»Wenn Sie mit Mrs. Furnival reden wollen, hätten Sie zur Vordertür gehen sollen«, sagte er argwöhnisch.
»Nein, diesmal bin ich aus einem anderen Grund hier.« Monk lächelte ihn freundlich an. »Ich benötige ein paar Details über die Leute, die in letzter Zeit hier zu Besuch waren, und dachte, Master Valentine könnte mir vielleicht weiterhelfen. Außerdem würde ich gern mit einem der Lakaien sprechen, am liebsten mit John.«
»Vielleicht kommen Sie doch besser rein«, meinte der Stiefelbursche zögernd. »Ich geh mal erst Mr. Diggins fragen, das ist der Butler. Allein kann ich so was nicht entscheiden.«
»Nein, das sehe ich ein.« Monk folgte ihm dankbar ins Haus.
»Wer sind Sie denn eigentlich?« wollte der Junge plötzlich wissen.
»Mein Name ist Monk – William Monk. Und du?«
»Was – wer? Ich?« Sein Gegenüber war sichtlich verblüfft.
»Ja. Wie heißt du?«
»Robert Andrews, Sir. Bleiben Sie am besten hier stehen. Ich werd’ Ihnen Mr. Diggins schnell holen.« Damit streckte er die Schultern und marschierte kerzengerade davon wie ein Soldat bei der Ehrenparade. Monk blieb mit rasendem Puls und sich überschlagenden Gedanken in der Spülküche zurück. Er brannte darauf, den Jungen auszufragen, und wußte genau, wie heikel das war; ein ungeschicktes Wort, ein unbesonnener Blick – und er schwieg womöglich für immer.
»Was haben Sie denn heute auf dem Herzen, Mr. Monk?« fragte der Butler, als er wenige Minuten später erschien. »Wir haben Ihnen mit Sicherheit alles über jenen Abend erzählt, was wir wissen. Eigentlich würden wir das Ganze jetzt lieber vergessen und uns wieder auf unsere Arbeit konzentrieren. Ich lasse auf keinen Fall zu, daß Sie mir noch einmal die Mädchen verrückt machen!«
»Die müssen gar nicht erfahren, daß ich hier bin«, erwiderte Monk beschwichtigend. »Ein Lakai würde völlig genügen, höchstens vielleicht noch der Stiefelbursche. Es geht nur darum, wer in letzter Zeit hier zu Besuch war.«
»Robert sagte etwas von Master Valentine.« Der Butler schaute ihn scharf an. »Ich kann Sie nicht zu ihm lassen – nicht ohne die Einwilligung von Mr. oder Mrs. Furnival, und die sind beide im Moment nicht da.«
»Ja, ich verstehe.« Monk beschloß, keinen aussichtslosen Kampf zu führen. Dann mußte er das eben verschieben.
»Vermutlich ist Ihnen sowieso alles bekannt, was in diesem Haus vor sich geht. Könnte man vielleicht ein paar Minuten auf Sie verzichten?«
Der Butler dachte angestrengt nach. Er war keineswegs gegen Schmeicheleien immun, außerdem galt für ihn die Devise: Ehre, wem Ehre gebührt.
»Was genau möchten Sie gern wissen, Mr. Monk?« Er wandte sich um und ging zu
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