Eine Spur von Verrat
hat – ohne daß Alexandra es mitbekam.«
»Maxim?« fragte Hester noch einmal und schaute ihn stirnrunzelnd an.
»Warum denn nicht? Jemand muß es sein. Weiß Rathbone eigentlich, wer den General mit dem Messer verletzt hat, oder hofft er bloß, daß wir es herausgefunden haben, ehe der Prozeß vorbei ist?«
»Er hofft«, entgegnete Hester bedrückt.
»Sssch!« zischte es hinter ihnen. Der Verantwortliche tippte Monk unsanft mit dem Zeigefinger auf die Schulter.
Die Maßregelung machte Monk fuchsteufelswild, doch ihm fiel keine scharfe Entgegnung ein. In seinem Gesicht brodelte es, aber er sagte keinen Ton.
»Valentine!« entfuhr es Hester da aus heiterem Himmel.
»Halten Sie endlich den Mund!« beschwerte sich nun auch der Mann, der vor ihnen saß, mit zornbebender Miene. »Wenn Sie sowieso nicht zuhören wollen, können Sie ja rausgehen!«
Monk kümmerte sich nicht um ihn. Natürlich – Valentine! Er war nur wenige Jahre älter als Cassian und würde schon von daher das ideale Opfer abgeben. Außerdem hatten alle bestätigt, wie verrückt er nach dem General gewesen war – oder doch zumindest der General nach ihm. Er hatte den Jungen regelmäßig besucht. Vielleicht hatte Valentine – entsetzt, verstört und sowohl vom General als auch von sich selbst angewidert – letztlich zurückgeschlagen.
Wie konnten sie Gewißheit erlangen? Und wie sollten sie es beweisen?
Er wandte sich zu Hester um und sah, daß sie dasselbe dachte. Ihre Lippen formten die Worte Einen Versuch ist es wert, dann verdüsterte sich ihr Blick. Sie flüsterte in eindringlichem Ton: »Aber seien Sie vorsichtig! Wenn Sie sich ungeschickt anstellen, könnten Sie es für immer verderben.«
Monk fühlte sich versucht, entsprechend unfreundlich zu kontern, wurde sich jedoch plötzlich bewußt, wie recht sie hatte, und vergaß allen verletzten Stolz und nagenden Unmut.
»Keine Angst, ich werde aufpassen«, versprach er so leise, daß selbst sie Schwierigkeiten hatte, die Worte zu verstehen.
»Ich werde mich ganz vorsichtig rantasten. Zuerst brauche ich den Beweis.« Sehr zum Mißfallen seines Nachbarn auf der anderen Seite stand er auf und zwängte sich an den sitzenden Zuschauern vorbei. Er trat auf diverse Füße, stieß gegen mehrere Knie und wäre auf dem Weg hinaus um ein Haar ausgerutscht.
Zunächst mußte er herausfinden, was rein technisch gesehen im Rahmen des Möglichen lag. Falls Fenton Pole niemals mit Cassian oder Valentine allein gewesen war, brauchte er ihn als Verdachtsperson nicht weiter in Betracht zu ziehen. Die Bediensteten würden ihm diese Frage beantworten können, insbesondere die Lakaien. Sie wußten, wohin ihre Herren mit der Familienkutsche fuhren, und waren für gewöhnlich auch darüber im Bilde, wer zu Besuch kam. War Pole jedoch gerissen genug gewesen, den Treffpunkt woanders zu wählen, und mit einem Hansom dorthin aufgebrochen, würde es sich erheblich schwieriger gestalten, seine Spur aufzunehmen, vielleicht sogar fruchtlos sein.
Er mußte mit dem Offensichtlichen beginnen. Kurz darauf hielt er eine Droschke an und nannte dem Kutscher die Adresse von Fenton und Sabella Pole.
Den Rest des Nachmittags verbrachte er damit, die Dienerschaft zu befragen. Man antwortete ihm zunächst nur widerwillig, offenbar in der Überzeugung, wenn man schon nichts wüßte, wäre Schweigen der sicherste und klügste Kurs, den man einschlagen konnte. Zum Glück stieß er aber auf eine Magd, die mit Sabella nach der Heirat ins Haus gekommen war. Sie stand voll und ganz auf Alexandras Seite, weil dies die Seite war, auf der ihre Herrin stand. Infolgedessen zeigte sie sich mehr als bereit, Monk alles zu erzählen, was er wissen wollte. Zudem hatte sie keinerlei Schwierigkeiten, dem Lakaien, dem Stallburschen und dem Stubenmädchen wichtige Details aus der Nase zu ziehen.
Selbstverständlich habe Mr. Pole den General gekannt, ehe er Miss Sabella kennenlernte. Der General hatte sie erst miteinander bekannt gemacht, das wisse sie genau, sie sei nämlich dabei gewesen. O ja, sie kamen ausgezeichnet miteinander aus, viel besser als mit Mrs. Carlyon – unglücklicherweise. Warum? Nun, sie habe keine Ahnung, höchstens daß Miss Sabella eigentlich nicht heiraten, sondern der Kirche beitreten wollte. Aber gegen Mr. Pole gäbe es nichts zu sagen. Er war stets der perfekte Gentleman.
Kannte er Mr. und Mrs. Furnival gut?
Nicht besonders, die Bekanntschaft war anscheinend neu. Besuchte Mr. Pole den General oft?
Nein, so gut wie
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