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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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nie. Der General kam zu ihm. Brachte er Master Cassian häufig mit?
    Das sei ihres Wissens nie passiert. Wenn er kam, dann mit seiner Mutter, tagsüber, um Miss Sabella zu besuchen, wenn Mr. Pole nicht zu Hause war.
    Monk dankte ihr und verabschiedete sich. Aufgrund mangelnder Gelegenheit schied Fenton Pole als Verdächtiger offenbar aus.
    Er ging durch die klare Abendluft zur Great Titchfield Street zurück und kam dabei an allerlei Ausflüglern vorbei. Da waren offene Kutschen, in denen sich hochelegante Damen ausfahren ließen, auf dem Kopf mit Bändern geschmückte Hauben, auf dem Leib mit Blumen gespickte Kleider; Pärchen schlenderten Arm in Arm durch die Straßen, unterhielten sich über den neuesten Klatsch oder flirteten heftig miteinander; ein Mann führte seinen Hund spazieren. Monk erreichte sein Ziel wenige Minuten nachdem Hester vom Gericht zurückgekehrt war. Sie machte einen müden und bedrückten Eindruck, und Major Tiplady, der mittlerweile auf einem ganz normalen Stuhl sitzen konnte, war sichtlich um sie besorgt.
    »Treten Sie ein, Mr. Monk, treten Sie ein«, sagte er hastig.
    »Ich fürchte, die Neuigkeiten sind nicht gerade ermutigend, aber bitte, setzen Sie sich erst einmal, dann hören wir sie uns gemeinsam an. Molly wird uns eine Tasse Tee bringen. Haben Sie schon zu Abend gegessen? Die arme Hester sieht aus, als ob sie eine Erfrischung vertragen könnte. Bitte – nehmen Sie doch Platz!« Er wedelte auffordernd mit der Hand, doch sein Blick war unverwandt auf Hesters Gesicht gerichtet.
    Monk setzte sich, in erster Linie, um Hester endlich zum Reden zu bringen, aber die Einladung zum Abendessen nahm er dankbar an.
    »Entschuldigen Sie mich einen Moment.« Tiplady sprang auf und war mit einem Satz bei der Tür. »Ich muß schnell mit Molly und der Köchin sprechen.«
    »Was ist?« drängte Monk. »Ist was passiert?«
    »Wenig«, gab Hester erschöpft zurück. »Nichts, mit dem wir nicht gerechnet hätten. Evan schilderte dem Gericht, wie Alexandra ihr Geständnis abgelegt hat.«
    »Wir wußten doch, daß das passieren würde«, rief Monk ihr in Erinnerung, verärgert, weil sie sich so leicht entmutigen ließ. Es war für ihn unerläßlich, daß sie die Hoffnung nicht aufgab, damit er seine eigenen Befürchtungen unter Kontrolle halten konnte. Im Grunde war es absurd, was sie sich vorgenommen hatten, und es war zudem nicht fair gewesen, Alexandra Hoffnung zu machen. Es gab nichts, aber auch gar nichts zu hoffen.
    »Stimmt«, versetzte sie etwas spitz, »aber Sie wollten ja unbedingt wissen, was passiert ist.«
    Ihre Blicke trafen sich, und für einen kurzen Augenblick herrschte zwischen ihnen wieder diese absolute innere Übereinstimmung, die hin und wieder unvermutet entstand. Sie empfanden beide tiefes Bedauern und rasenden Zorn, all die feinen Nuancen von Furcht und Selbstzweifeln angesichts ihrer eigenen Beteiligung an dem Fiasko. Keiner von ihnen sagte etwas; Worte schienen vollkommen überflüssig und waren als Werkzeug zur Verständigung momentan völlig untauglich.
    »Ich habe angefangen, sämtliche Möglichkeiten unter dem Aspekt ihrer rein technischen Machbarkeit auszuloten«, meinte Monk nach einer ganzen Weile. »Fenton Pole kommt meiner Meinung nach als Dritter im Bunde nicht in Frage. Er bekam offenbar nie die Gelegenheit, mit Cassian oder Valentine allein zu sein.«
    »Und wo gehen Sie als nächstes hin?«
    »Zu den Furnivals wahrscheinlich.«
    »Zu Louisa?« fragte Hester in einem Anflug grimmiger Belustigung.
    »Zu den Dienstboten.« Er wußte genau, was ihr durch den Kopf ging, inklusive der vielfältigen Deutungsmöglichkeiten.
    »Sie würde Maxim natürlich decken, aber da es bisher noch nicht zur Sprache gekommen ist, kann sie nicht wissen, daß wir nach einem Kinderschänder suchen. Sie wird denken, es ginge um sie und die alte Beschuldigung, eine Affäre mit dem General gehabt zu haben.«
    Hester schwieg.
    »Danach gehe ich zu den Carlyons.«
    »Zu den Carlyons?« Das überraschte sie nun doch. »Sie werden dort nichts herausfinden – und selbst wenn, was sollte das nützen? Sie würden alle lügen, außerdem wissen wir ohnehin über ihn Bescheid! Wir müssen den Dritten finden – und es ihm nachweisen können.«
    »Ich dachte nicht an den Colonel. Ich dachte an Peverell Erskine.«
    Hester war zutiefst bestürzt. Sie sah ihn fassungslos an.
    »Doch nicht Peverell! Du meine Güte. Das kann nicht Ihr Ernst sein!«
    »Warum nicht? Weil er uns sympathisch ist?« Er tat sich

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