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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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registrierte ein kurzes gelbes Aufleuchten, als er die Hand umdrehte.
    »Mr. Monk möchte sich ein bißchen mit dir unterhalten«, sagte sie in sachlichem Ton. »Ich weiß nicht, worum es geht, aber es könnte wichtig sein für deine Mutter, also hör gut zu und sei ganz ehrlich zu ihm.«
    »Ja, Miss Buchan«, meinte Cassian gehorsam und schaute Monk feierlich, aber noch nicht verängstigt an. Vielleicht konzentrierte sich seine gesamte Angst auf das, was in Old Bailey geschah, auf die schrecklichen Geheimnisse, die dort enthüllt, und auf die Entscheidungen, die getroffen werden würden.
    Monk hatte keine Erfahrung mit Kindern. Von den wenigen Gelegenheiten abgesehen, bei denen ihn sein Trott mit einem Arbeiterbalg oder Straßenkind zusammenbrachte, kam er nie mit ihnen in Kontakt. Er wußte nicht, wie er mit Cassian umgehen sollte, dessen Alltag ihm ein Höchstmaß an behüteter, privilegierter Kindheit erlaubte und sie seiner Seele vollkommen nahm.
    »Kennst du Mr. Furnival?« fragte er unumwunden. Er kam sich schrecklich stümperhaft vor, aber für belangloses Geplapper besaß er weder die Nerven noch jedwedes Talent, nicht einmal gegenüber Erwachsenen.
    »Nein, Sir«, gab Cassian ebenso direkt zurück.
    »Du bist ihm niemals begegnet?« Monk war überrascht.
    »Nein, Sir.« Der Junge schluckte. »Ich kenne Mrs. Furnival.« Was nicht weiter wichtig schien. »Aha«, sagte Monk nur der Höflichkeit halber. »Kennen Sie Mr. Furnival?« fragte er Miss Buchan.
    »Nein, das tue ich nicht.«
    Er wandte sich wieder an Cassian. »Aber du kennst doch den Mann deiner Schwester Sabella, Mr. Pole, nicht wahr?« fuhr er fort, obwohl er nicht glaubte, daß Fenton Pole der Mann war, nach dem sie suchten.
    »Ja, Sir.« Außer dem flüchtigen Aufflackern von Neugier blieb Cassians Miene unverändert. Wahrscheinlich wunderte er sich, weil die Frage so sinnlos schien.
    Monk betrachtete seine Hand, die nach wie vor das goldene Schmuckstück umfaßte.
    »Was hast du da?«
    Cassians Finger schlossen sich fester um den Uhrenanhänger; seine Wangen färbten sich schwachrosa. Ganz langsam streckte er Monk die Hand hin und öffnete sie.
    Monk hob den Anhänger hoch, und als er ihn aufmachte, fand er im Innern zwei winzige Waagschalen ähnlich denen der blinden Justitia. Ein eisiger Schauer erfaßte sein Herz.
    »Das ist hübsch«, sagte er laut. »Ein Geschenk?« Cassian schluckte und schwieg.
    »Von deinem Onkel Peverell?« erkundigte sich Monk so beiläufig wie möglich.
    Einen Moment lang blieb es totenstill, dann begann Carlyon zögernd zu nicken.
    »Wann hat er es dir gegeben?« Monk drehte das Schmuckstück um, als würde er es eingehend bewundern.
    »Ich weiß es nicht mehr«, sagte Cassian, und Monk wußte, daß er log.
    Er gab es ihm zurück. Der Junge griff hastig danach, schloß rasch seine Finger darum und ließ es in der Tasche verschwinden.
    Monk gab vor, nicht mehr daran zu denken, und trat an einen kleinen Tisch, an dem Cassian – angesichts des Lineals, des Schreibblocks und des Bechers mit Stiften – offenbar seine Schularbeiten erledigte, seitdem er bei den Carlyons wohnte. Er spürte, wie Miss Buchan ihn im Auge behielt, jederzeit bereit einzuschreiten, falls er zu weit gehen sollte. Auch Cassian verfolgte nervös jede seiner Bewegungen. Es dauerte nicht lange, dann lief er quer durch den Raum und baute sich mit wachsamem, beunruhigtem Gesicht neben Monks Ellbogen auf.
    Monk besah sich den Tisch genauer. Da waren ein Taschenwörterbuch, ein schmales Heft mit Rechentafeln, ein Buch über französische Grammatik und ein entzückendes Klappmesser. Sein erster Gedanke war, daß der Junge damit vermutlich die Stifte spitzte, doch dann bemerkte er, wie elegant es verarbeitet war – für ein Kind bei weitem zu extravagant. Als er die Hand danach ausstreckte, registrierte er aus den Augenwinkeln, wie Cassian jeden Muskel anspannte, einen Arm hochschnellen ließ, als wollte er ihm dazwischenfunken, und mitten in der Bewegung erstarrte.
    Monk klappte das Messer auf. Es hatte eine beinah rasiermesserscharfe Klinge – wie sie beispielsweise ein Mann benutzen würde, um die Schreibfeder seines Federhalters in Ordnung zu bringen. In den Griff waren die Initialen P. E. eingraviert.
    »Wunderschön.« Monk wandte sich mit einem schwachen Lächeln zu Cassian um. »Auch ein Geschenk von Mr. Erskine?«
    »Ja – nein…« Cassian brach jäh ab. »Ja.« Sein Kinn wurde hart, seine Unterlippe schob sich trotzig vor.
    »Das ist aber

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