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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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waren.«
    »Ganz recht«, bestätigte der Mann verdrossen.
    »Was hatte er denn verbrochen?« Monk stellte die Frage aus purer Neugier.
    »Der Nichtsnutz sollte für eins der Mädchen, das gerade beschäftigt war, einen Stapel saubere Wäsche nach oben tragen und rannte geradewegs in den General hinein, der soeben aus dem Garderobenraum kam. Hat wohl nicht aufgepaßt, wo er hingegangen ist – mit offenen Augen geträumt –, und ließ die ganze Chose fallen. Statt sich wie ein vernünftiger Mensch zu entschuldigen und die Sachen wieder aufzuheben, hat er dann auch noch auf dem Absatz kehrtgemacht und ist einfach davongestürzt. Na, die Waschfrau hat ihm vielleicht was erzählt, kann ich Ihnen sagen! Den Rest des Abends mußte er in der Spülküche schmoren. Hat sie nicht mehr verlassen.«
    »Aha. Wo waren die anderen?«
    »Die Haushälterin saß in ihrem Wohnzimmer im Dienstbotenflügel. Die Hilfsmägde und Zimmermädchen für oben waren schätzungsweise im Bett, das Serviermädchen hatte den Abend frei, um seine kranke Mutter zu besuchen. Mrs. Furnivals Zofe und Mr. Furnivals Kammerdiener waren ebenfalls oben.«
    »Und wo war das Personal für draußen?«
    »Draußen, Sir.« Der Butler maß ihn mit unverhohlener Verachtung.
    »Sie haben keinen Zutritt zum Haus?«
    »Nein, Sir, dafür gibt es keinen Grund.«
    Monk knirschte mit den Zähnen. »Und keiner von Ihnen hat den Aufprall des Generals oder das Umstürzen der Ritterrüstung gehört?«
    Das Gesicht des Butlers wurde bleich, doch sein Blick blieb standhaft.
    »Nein, Sir. Das habe ich diesem Polizeimenschen auch schon gesagt. Wir sind alle unseren Pflichten nachgegangen, und die haben uns nicht in die Halle geführt. Es ist Ihnen vielleicht aufgefallen, daß sich der Salon im rückwärtigen Teil des Hauses befindet, und zu der Zeit war das Dinner längst vorbei. Wir hatten keinen Grund, diese Richtung einzuschlagen.«
    »Sie waren nach dem Dinner alle in der Küche oder der Vorratskammer, um aufzuräumen?«
    »Ja, Sir, selbstverständlich.«
    »Keiner ging weg?«
    »Warum hätte jemand weggehen sollen? Wir hatten mehr als genug zu tun, wenn wir noch vor eins ins Bett kommen wollten.«
    »Womit genau?« Monk ärgerte sich schwarz, daß er angesichts so würdevoll erduldeten, doch offensichtlichen Zorns hartnäckig bleiben mußte. Er hatte jedoch keineswegs vor, dem Mann eine Erklärung abzugeben.
    Da sein Herr es von ihm verlangt hatte, beantwortete der Butler all diese überaus ermüdenden und törichten Fragen mit wahrer Engelsgeduld.
    »Ich habe mich mit Hilfe des einen Lakaien um das Silber und den Wein gekümmert. Der andere hat das Speisezimmer aufgeräumt, alles für den nächsten Morgen vorbereitet und vorsichtshalber Kohle heraufgeholt…«
    »Das Speisezimmer«, fiel Monk ihm ins Wort. »Der andere Lakai war im Speisezimmer. Hätte er das Umstürzen der Ritterrüstung da nicht hören müssen?«
    Der Butler lief vor Unmut dunkelrot an. Monk hatte ihn ertappt.
    »Ja, Sir, ich denke schon«, gab er widerwillig zu. »Falls er wirklich dort war, als es passierte.«
    »Sie sagten, er holte Kohle herauf. Von wo?«
    »Aus dem Kohlenkeller, Sir.«
    »Wo befindet sich die Tür dazu?«
    »Am hinteren Ende der Spülküche… Sir.« Das »Sir« triefte vor Ironie.
    »Für welche Räume war die Kohle bestimmt?«
    »Ich…« Der Butler stockte. »Keine Ahnung, Sir.« Sein Gesicht sprach Bände. Um ins Speisezimmer, das Empfangszimmer, die Bibliothek oder das Billardzimmer zu gelangen, hätte der Lakai durch die Halle gehen müssen.
    »Kann ich ihn sprechen?« Monk sagte nicht bitte; die Frage war reine Formsache. Er würde sich so oder so mit dem Lakaien unterhalten.
    Der Butler indes wollte sich kein zweites Mal bei einem Irrtum erwischen lassen.
    »Ich schicke ihn zu Ihnen.« Ehe Monk vorschlagen konnte, selbst zu ihm zu gehen – was eine prächtige Gelegenheit gewesen wäre, das Dienstbotenquartier unter die Lupe zu nehmen –, war der Butler auch schon auf und davon.
    Wenige Minuten später schneite ein überaus nervöser junger Mann herein, der die obligatorische Tageslivree, bestehend aus schwarzen Hosen, Hemd und gestreifter Weste, trug. Er war Anfang zwanzig, hatte blondes Haar und eine auffallend helle Haut, in der er sich augenblicklich alles andere als wohl zu fühlen schien. Monk mutmaßte, daß der Butler sich bewiesen hatte, doch noch Herr der Lage zu sein, indem er seinen direkten Untergebenen erst einmal gehörig in Furcht und Schrecken

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