Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
über das ganze Gesicht zu strahlen. Er war jung und schlank, hatte eine lange, gebogene Nase, braune Augen und für gewöhnlich ein seltsam melancholisches Lächeln auf den Lippen. Momentan war er vor Entzücken richtiggehend aus dem Häuschen.
    »Mr. Monk!« Von dem Gefühl, daß Monk sein Vorgesetzter war und mit gebührendem Respekt behandelt werden mußte, hatte er sich nie ganz befreit. »Wie geht es Ihnen? Suchen Sie mich?« In seiner Stimme schwang eindeutig Hoffnung mit.
    »Ja, in der Tat«, bestätigte Monk, dessen Freude über Evans Eifer größer war, als er erwartet und sich eingestanden hätte.
    Evan bestellte ein Pint Apfelwein und ein dickes, aus zwei knusprigen Scheiben bestehendes Sandwich mit Lammfleisch und sauer Eingelegtem sowie ein weiteres Pint für Monk. Dann verzogen sie sich in eine ruhige Ecke, wo sie sich ungestört unterhalten konnten. »Na?« meinte Evan, sobald sie saßen.
    »Haben Sie einen Fall?« Monk unterdrückte ein Grinsen. »Ich weiß nicht genau. Aber Sie haben einen.«
    Evans Brauen schossen nach oben. »Ich habe einen?«
    »General Carlyon.«
    Evans Enttäuschung war unverkennbar. »Ach so – na, der Fall ist gelaufen, fürchte ich. Die Ehefrau hat’s getan. Ist eine schlimme Sache mit der Eifersucht. Hat schon viele Leben zerstört.« Sein Gesicht legte sich in nachdenkliche Falten. »Aber was haben Sie damit zu tun?« Er nahm einen großen Biß von seinem Sandwich. »Rathbone hat ihre Verteidigung übernommen«, erwiderte Monk. »Er hat mich beauftragt herauszufinden, ob es möglicherweise mildernde Umstände gibt – und ob es nicht auch jemand anders gewesen sein kann.«
    »Sie hat gestanden«, sagte Evan und umklammerte das Sandwich mit beiden Händen, damit das Eingelegte nicht herausglitschte.
    »Vielleicht nur, um die Tochter zu decken«, gab Monk zu bedenken. »Wäre nicht das erste Mal, daß jemand ein Geständnis ablegt, um die Schuld eines geliebten Menschen auf sich zu nehmen.«
    »Stimmt.« Evan sprach zwar mit vollem Mund, doch seine Skepsis war nicht zu überhören. Er schluckte hinunter und spülte mit etwas Apfelwein nach, den Blick unverwandt auf Monk gerichtet.
    »Aber hier sieht’s nicht danach aus. Wir haben niemanden gefunden, der die Tochter runterkommen sah.«
    »Wäre das denn möglich gewesen?«
    »Das Gegenteil können wir auch nicht beweisen – es besteht bloß kein Grund zu der Annahme, daß sie’s tat. Und überhaupt, warum hätte sie ihren Vater umbringen sollen? Sie hätte sowieso nichts mehr davon gehabt; der Schaden war bereits angerichtet. Sie ist verheiratet und hat ein Kind – zu spät, um Nonne zu werden. Wenn sie ihn wirklich getötet hat, dann…«
    »Hätte sie als Nonne in der Tat eine schlechte Figur gemacht«, sagte Monk trocken. »Kein besonders glücklicher Start in ein Leben heiliger Kontemplation.«
    »Es war Ihre Idee, nicht meine«, verteidigte sich Evan, doch in seinen Augen blitzte es erheitert auf. »Und für wen könnte sie’s sonst getan haben? Ich kann mir nicht vorstellen, daß Mrs. Carlyon gestehen würde, um Louisa Furnival vor dem Galgen zu bewahren. Sie vielleicht?«
    »Nicht absichtlich, nein, aber unabsichtlich, wenn sie nämlich denkt, sie tut es für Sabella.« Monk nahm einen kräftigen Schluck Apfelwein.
    Evan runzelte die Stirn. »Zu Anfang dachten wir tatsächlich, Sabella war’s gewesen«, räumte er ein. »Mrs. Carlyon hat erst gestanden, als sie glaubte, daß wir Sabella verhaften würden.«
    »Oder für Maxim Furnival. Vielleicht war er eifersüchtig. Er scheint jedenfalls mehr Grund dazu gehabt zu haben. Louisa hat mit dem Flirten angefangen und das Tempo bestimmt. General Carlyon hat lediglich reagiert.«
    Evan verspeiste ungerührt sein Sandwich und verkündete mit vollem Mund: »Mrs. Furnival gehört zu den Frauen, die ständig flirten. Das machen die mit fast allen Männern. Sie hat nicht mal mich ausgelassen.«
    Er wurde ein wenig rot, allerdings nicht angesichts der Erinnerung – er war ein außerordentlich sympathischer junger Mann, dem man schon öfter schöne Augen gemacht hatte –, sondern weil er es vor Monk erwähnt hatte. Es klang so unziemlich unbescheiden. »Es war sicher nicht das erste Mal, daß sie in aller Öffentlichkeit ihre weiblichen Reize zur Schau gestellt hat. Warum sollte er jetzt, nachdem er es all die Jahre geduldet hat – der Sohn ist dreizehn, also sind sie seit mindestens vierzehn Jahren verheiratet, wahrscheinlich sogar länger –, plötzlich dermaßen den

Weitere Kostenlose Bücher