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Eine Stadt names Cinnabar

Eine Stadt names Cinnabar

Titel: Eine Stadt names Cinnabar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bryant
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langsamen zögernden Schritten näher. Tourmaline öffnet die Arme, um sie willkommen zu heißen.
    Sie blickt in Francies Gesicht. Durch die Öffnungen, die eigentlich Francies Augen sind, kann sie den Nachthimmel sehen. Angestrengt starrt Tourmaline, sucht in den Sternbildern nach Speculum, dem Spiegel.
     
     
    Eine Party wie alle Partys, auch Walpurgisnacht genannt. Und dennoch öde. Soviel Sünde, und zu oft, gebiert Langeweile. Das ist allbekannt. Jeder weiß das.
    „Wer ist jeder?“ fragte Francie, was, ohne daß es ihr bewußt wäre, eine ganz vernünftige Frage ist. Lieblich lächelt sie empor zu Sternig, dem Kritiker des homosexuellen Dramas. Leicht saugt sie die Wangen ein, damit ihre hohen Wangenknochen besser zur Geltung kommen, welche sie, nach allem, was sie hört, in ein paar Jahren, wenn die Gesichtshaut sich zu spannen beginnt, schöner machen werden. Eine harmlose Täuschung.
    Doch Sternig hat nicht viel von dieser Geste. Zwei Affinitätsgruppen hinter ihr und dem Kritiker räkelt sich der, den sich Francie für heute zum Bettgenossen erkoren hat: Kandelmann.
    Er gockelt schrecklich vor drei schrill kichernden literarischen Sykophantinnen. Lässig lehnt er an einem Bücherschrank aus Walnußholz, Daumen im Gürtel, die Hüften provozierend vorgestreckt. Kandelmann kümmert es nicht, wie seine Hose sitzt. Es sieht aus, als habe er Tennisbälle hinterm Hosenschlitz.
    „ Erdnüsse“, sagt Sternig.
    Francie stößt das Kinn hoch. „Was?“
    „Oder Brezeln. Oder sonstwas. Was die Trolle essen, wissen Sie.“
    „Ach so. Ich dachte, Sie meinen …“
    „Nach dem zweiten Gesetz der Gastrodynamik zerfallen die auf Partys dargereichten Lebensmittel progressiv.“
    Francies kleine, bösartige Zunge stößt zwischen den Lippen hervor.
    „Ich brauche einen Drink“, sagt Sternig und fügt, offensichtlich uninteressiert, hinzu: „Sie auch?“
    „Nein.“ Mechanisch lächelt sie. „Wollen Sie mich bitte entschuldigen? Ich muß mich sprayen.“
    Sternig sieht ihr nach: Ihr Hinterkopf verschwimmt im aphrodisischen Schimmer, wird immer kleiner; es dauert lange, bis er ganz weg ist. Sternig wischt sich das lange braune Haar aus den Augen. Er murmelt etwas Selbstbemitleidendes und sehnt sich nach Bier, dunklem frischen Bier.
     
     
    Das Badezimmer ist in dem Stil gehalten, den der Katalog modern erotisch nennt. Golden, undurchsichtig und kalt schimmern die Flächen. Francies Gesicht reflektiert explosiv aus dem prismatischen Spiegel. Die Kacheln, Weiß in Weiß, perspektivisch verkürzt, haben etwas unbestimmt Arktisches.
    Sie nimmt das Röhrchen aus der Handtasche und lüftet den Rock. Es zischt leise. Francie entspannt sich und genießt die flüchtige Kühle an den Lippen. Duftig erregt, nicht mehr so abgestumpft – – kein Jäger hat je mit soviel Sorgfalt die gleitenden Teile seiner Waffe geölt.
    Francie studiert ihr Bild im facettierten Spiegel des Medizinschränkchens. Warum ist die Haut um ihre Augen so aufgequollen? Einst waren ihre dunklen Augen zupackend gewesen – das hatte ihr einmal ein Liebhaber in einem Motel-Zimmer am Tondelaya-Strand nach einem Abend voller Leidenschaft gesagt.
    Francies herzförmiges Gesichtchen bekommt plötzlich Falten vor Stirnrunzeln, und ihre Augen haben den fleckigen Schimmer überreifer Oliven.
    Die Tür springt auf und wieder zu. Ein Geist …
    „Hast du eine Dusche übrig?“ fragt die Eingetretene.
    „Was ich habe, brauche ich selbst, Marlene.“
    Marlene nimmt eine Haarbürste aus ihrem Täschchen. „Was du nicht sagst. Gib mir einen Schuß!“
    „Für Tourmaline?“ Lässig reicht sie ihr das juwelenbesetzte Röhrchen. „Aber gern.“
    Kichernd entblößt Marlene ihre Raubtierzähne. „Eifersüchtig, Francie? Ich war’s damals nicht.“
    Francie schnappt ihr Täschchen zu; beinahe hätte sie Marlenes Fingerspitzen erwischt. „Halt den Mund!“
    „Du bist sehr empfindlich, Liebling. Sind sie auch empfindlich?“
    Die Bürste zischt durch Marlenes glattes Haar. Die Striche laufen im Takt mit ihren Worten: „Mir ganz gleich, Süßes. Bloß weil die meisten Typen Milchfetischisten sind … Ich hoffe, es hat sich gelohnt.“
    „Bestimmt.“
    „Kandelman steht ganz groß auf Brustwarzen.“ Marlene lacht. Sie läßt die Bürste fallen, klappernd rutscht sie auf den Fußboden. „Außerordentlich groß.“
    Francie lächelt. „Damit werde ich schon fertig.“
    „Willst du mal ein Rätsel hören?“ fragt Marlene maliziös. „Es ist acht Zoll lang

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