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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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Hütte umwanderte, und war
glücklich.
    Am Morgen hatte sie eine längere
Unterredung mit Fatimah, Miriam und der alten Zubeidah, und wie sie da ohne
männliche Zeugen hinterm Haus rund um die Kochtöpfe kauerten, begann sie: «An
jedem Tag, da ich fort war, habe ich an Kuala Telang gedacht», es stimmte zwar
nicht ganz, aber beinahe, «und wie ihr alle hier so lebt und arbeitet, wie ich
hier gelebt und gearbeitet habe. In England arbeitete ich in einem Büro, so wie
die Frauen dort arbeiten müssen. Ihr wißt ja, ich bin arm und muß mir mein
Leben so lange selber verdienen, bis ich einen Gatten finde, der mir paßt, und
in der Beziehung bin ich recht wählerisch.»
    Die Frauen lachten, und die alte
Zubeidah bemerkte: «Sehr merkwürdig, daß eine Frau ihr Leben auf diese Weise
verdient!»
    «In der Bank von Kuala Rakit», erzählte
Miriam, «arbeitet eine Frau unseres Volkes. Ich habe ihr durchs Fenster
zugesehen. Sie tut mit ihren Fingern etwas auf einer Maschine, und die macht
klik-klik-glock.»
    «Genauso verdiene ich mir in England
mein Leben: Ich mache an der Maschine gedruckte Briefe für den Tuan. Nun ist
neulich mein Onkel gestorben. Er lebte fern von mir. Ich habe ihn nur einmal
gesehen. Er hatte aber sonst keine Verwandten, und ich habe sein Geld geerbt.
Jetzt muß ich nicht mehr arbeiten, wenn ich nicht arbeiten will.» Ein
beifälliges Gemurmel durchlief den Kreis der Frauen, der sich inzwischen noch
um einige erweitert hatte. «Als ich nun zum ersten Male in meinem Leben etwas
Geld übrig hatte, dachte ich öfter noch als zuvor an Kuala Telang und eure Güte
zu uns, die wir bei euch als Gefangene lebten, und mir kam der Gedanke, diesem
Ort und vor allem den Frauen von Kuala Telang eine Dankesgabe zu bringen. Es
soll das Geschenk einer Frau für die Frauen des Dorfes sein und die Männer
nicht stören.»
    Ein erfreutes, erregtes Gesumme erhob
sich; die alte Zubeidah rief: «‘s ist wahr, die Männer bekommen immer alles!»
Aber zwei andere machten entsetzte Gesichter ob solcher Lästerung.
    «Wie oft habe ich mir gedacht», fuhr
Joan fort, «hier sollte ein Brunnen sein, damit ihr nicht jeden Abend und
Morgen das frische Wasser von so weither holen müßt. Dann brauchtet ihr nur die
paar Schritte aus eurem Haus zu tun und hättet den Brunnen mit frischem Wasser
zur Hand, mit einem Eimer; da könntet ihr zu jeder Tageszeit, wenn ihr
frisches, kühles Wasser wollt, es euch schöpfen.» Das Beifallsgemurmel
verstärkte sich. «Der Brunnen wird mit glatten Steinen eingefaßt; darauf könnt
ihr sitzen und plaudern, während die jungen Männer euch Eimer auf Eimer
heraufziehen. Ich habe mir auch gedacht, man könnte neben den Brunnen ein
Bambushaus stellen, in dem ihr eure Wäsche auf langen, glatten Stangen waschen
könnt, und die Steine müßten so angeordnet werden, daß ihr beim Waschen
einander ansehen könnt und schwatzen. Aber ringsherum müssen Wände sein, damit
euch die Männer nicht sehen.» Das Gemurmel wuchs zu aufgeregtem Geschrei. «Das
soll meine Dankesgabe sein. Ich will Brunnengräber anstellen, die sollen den
Brunnen graben; und Maurer für die steinerne Umfassung und Zimmerleute, um euer
Waschhaus zu bauen. Für das Innere aber brauche ich zwei oder drei von euch
Frauen, damit sie mir raten, wie hoch die Steinplatten sein sollen, auch wegen
des auszumauernden Beckens, den Wasserrinnen und was ihr sonst noch braucht. Es
ist das Geschenk einer Frau für Frauen, und da sollen Männer nicht dreinreden,
sondern nur das tun, was die Frauen wollen.»
    Ein langes, aufgeregtes Palaver
entstand. Einige Frauen zweifelten, ob die Männer zu so etwas je die Erlaubnis
gäben; andere warfen die Frage auf, ob es nicht sündhaft sei, Zustände zu
ändern, mit denen ihre Mütter und Großmütter zufrieden waren. Jedoch die
meisten traten entschieden für die Neuerung, die ihnen angeboten wurde, ein. Je
mehr sie sich mit der Idee beschäftigten, desto besser gefiel sie ihnen. Bald
schwelgten sie förmlich darin, erörterten jede Einzelheit: Wo der Brunnen
hinkommen solle, wohin das Waschhaus? Ja, und die Becken? Die Rinne, der
Abfluß? Zwei Stunden währte die Diskussion, bis endlich sich alle einmütig für
den Gedanken des Fortschritts erklärten und Joan befriedigt feststellen konnte,
daß ihre Idee einem wirklichen Bedürfnis entsprach und keine Dankesgabe den
Frauen lieber sei als diese.
    Am gleichen Abend saß sie Mat Amin auf
seiner kleinen Hausveranda gegenüber, auf der sie so manches Mal gesessen,

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