Eine stuermische Braut
nickte und stand auf.
»Ich sollte jetzt gehen, wenn ich mich den Männern heute Abend noch anschließen soll.«
»Wo genau halten sie sich auf?«
»In einer verlassenen Scheune außerhalb eines Dorfes namens Eynesbury. Ich habe sie mit striktem Befehl zurückgelassen, nach Monteith Ausschau zu halten und dafür zu sorgen, dass er Cambridge nicht erreicht. Sie werden schon wissen, wo er die Nacht verbringt.« Daniel lächelte, er hatte das Blutbad vor Augen. »Ich glaube, ich werde unserem Major Monteith einen mitternächtlichen Besuch abstatten.«
Alex hatte begriffen, was Daniel im Schilde führte.
»Sehr gut. Und wer weiß schon, welche Möglichkeiten sich am nächsten Tag bieten? Pass auf dich auf, mein Lieber. Ich sehe dich morgen, sobald du Monteiths Kopie in den Händen hältst.«
Daniel salutierte.
»Bis dann.«
Er drehte sich um und eilte zur Tür, sodass er nicht sah, wie Alex ihn beobachtete.
Nicht die Kälte spürte, den durchdringenden Strahl dieser eisblauen Augen.
Nachdem er durch die offene Tür gegangen und verschwunden war, saß Alex einfach nur da und starrte auf den leeren Platz.
Haderte mit sich.
Mehrere Minuten verstrichen.
Dann drehte Alex sich um und blickte zur Tür am anderen Ende des Zimmers.
»M’wallah!«
Als das Gesicht von Alex’ fanatischem Leibwächter auftauchte, befahl Alex mit kalter Stimme:
»Lass mein Pferd satteln und leg mir die Reithose raus, die Jacke und meinen schweren Umhang. Ich rechne damit, die ganze Nacht unterwegs zu sein.«
Alex drehte sich um und betrachtete wieder die Tür, durch die Daniel verschwunden war.
Er wusste, dass Daniel vollkommen vertrauenswürdig war.
Aber Vertrauen reichte manchmal einfach nicht aus.
Alex hatte ein ausgesprochen schlechtes Gefühl in Bezug auf das, was vor sich ging. Und auch wegen der Eigenschaften ihrer Gegner.
Mit seinen blassen Augen hatte er immer noch die Tür im Blick, als er aufstand und das kaum angerührte Brandyglas abstellte.
»Ich hoffe, dass ich falschliege, mein Lieber. Ich hoffe inständig, dass ich falschliege.«
Gebranntes Kind scheut das Feuer, behauptete ein Sprichwort. Alex verließ das Zimmer, um sich umzuziehen und auszureiten.
21. Dezember 1822
The Swan Hotel, Bedford
Linnet saß neben Logan auf der obersten Stufe der Haupttreppe im ersten Stockwerk des Hotels. Um sie herum herrschte Stille im Haus, denn alle hatten sich zur Ruhe begeben und waren in tiefen Schlummer gesunken. Dunkelheit hüllte sie ein. Anstatt eine Kerze brennen zu lassen, hatten sie sich von der Nacht umarmen und ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnen lassen.
Die Uhren in der Stadt hatten vor einiger Zeit Mitternacht geschlagen. Im Hotel war es allerdings schon seit längerer Zeit ruhig. Zu dieser Jahreszeit gab es keine Gäste mehr, die bis in die Nacht hinein ausgelassen feierten. Die meisten, die sie gesehen hatte, schienen ohnehin Reisende zu sein, auf dem Weg nach irgendwohin.
Genau wie sie selbst.
In ihrem Fall war sie sich jedoch nicht mehr so sicher, wohin sie eigentlich reiste. Später am Tag nach Elveden, ja, aber danach? Wohin würde das Leben sie tragen? Zurück nach Mon Coeur, um ihr Leben allein weiterzuführen, umgeben von ihren Leuten?
Sie schüttelte die kreisenden Gedanken ab, die nur für Ablenkung sorgten, und fuhr sich mit der Hand über den Oberschenkel. Das weiche Leder an ihrer Handfläche fühlte sich vertraut und beruhigend an. Für das Dinner hatte sie sich ein Abendkleid angezogen, dann aber wieder ihre Hose. Wenn die Sekte anrückte, sei es jetzt oder später am Tag, würde sie im Kleid weder flüchten noch kämpfen können. Jedenfalls nicht wirkungsvoll. Und solange sie bei Logan war und an seiner Seite kämpfte, musste sie so wirkungsvoll kämpfen wie nur möglich.
Ihre Bewegung hatte Logans Aufmerksamkeit auf sie gelenkt. Sogar durch die Dämmerung konnte sie seinen Blick noch spüren.
Er hatte die Ellbogen auf die Knie gestützt und die Hände zwischen sie geschoben, während er einen Moment lang ihr Profil betrachtete.
»Heute ...«, begann er, »... eigentlich sollte ich nicht sagen, dass es Spaß gemacht hat. Hat es aber. Es war so viel besser, als einfach nur in der Kutsche zu sitzen, dahinzurollen und abzuwarten, bis die Kobra zuschlägt. Herumsitzen und abwarten ist nichts, was uns beiden leichtfällt ... oder den anderen beiden. Dein Plan war wirklich faszinierend und deine Unterstützung bei der Ausführung sehr willkommen.«
Sie drehte den Kopf und erwiderte
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