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Eine Stuermische Nacht

Eine Stuermische Nacht

Titel: Eine Stuermische Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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angehen. Er runzelte die Stirn. Manchmal, entschied er erbittert, waren sie sich ähnlicher, als ihm lieb war.
    Es gab nur einen Wortwechsel zwischen Emily und Lamb, als sie vor dem Dower House aufsaßen und sich anschickten loszureiten.
    Lamb musterte ihre verschlossene Miene und bemerkte:
    »Sie sind verärgert.«
    Sie warf ihm einen Blick zu, der ihn fast versengte, und antwortete mit einer Stimme, die nicht zur Unterhaltung einlud:
    »Nein, ich bin nicht verärgert. Ich bin wütend !«
    Emily schlug einen Weg durch den Wald ein, der die Hauptauffahrt mied und ihnen Deckung bot, und trieb ihr Pferd an. Wortlos folgte Lamb ihr. Er war kein ängstlicher oder feiger Mann, aber er war nicht bereit, es ohne Not mit einer Amazone mit wütend funkelnden Augen aufzunehmen.
    Gute zehn Minuten später lenkte Emily ihr Pferd von dem schmalen Weg, dem sie gefolgt waren, und ritt um den Fuß eines Hügels. Sie führte ihr Pferd mehrere Meter zwischen die Bäume, die an dieser Stelle ein kleines Wäldchen bildeten, dann hielt sie an. Sie schwang sich aus dem Sattel und erklärte:
    »Durch den Hügel sind wir vom Herrenhaus aus nicht zu sehen, aber wir befinden uns nur eine knappe Achtelmeile Luftlinie davon entfernt. Die Scheune liegt fünfzig Meter vor uns hinter den Buchen dort. Binden Sie Ihr Pferd an und folgen Sie mir.«
    Lamb konnte nicht anders, als ihre Beherrschtheit und die Lautlosigkeit, mit der sie sich durch den Wald bewegte, zu bewundern. Die Amazone wusste, was sie tat, und er entschied, wenn er mit dem Rücken zur Wand stünde, wäre es ihm eine Ehre, sie an seiner Seite zu haben. Der Wald lichtete sich, und die Scheune tauchte vor ihnen auf. Emily beobachtete die Umgebung einen Moment sorgfältig, dann verließ sie die Deckung der Bäume und eilte über die freie Fläche zur Rückseite des alten Gemäuers.
    Sie schaute über ihre Schulter zu Lamb, der ihr gefolgt war, und sagte leise:
    »Das Tor liegt zur Straße hin, aber um die Ecke dort vorne gibt es noch eine kleinere Tür – die nehmen wir.«
    Einen Augenblick später waren sie in der Scheune und bemerkten beide, dass sich die Tür mühelos und ohne irgendwelche Geräusche öffnen ließ – durchaus verdächtig an einem selten benutzten Gebäude. Innen war es düster, und es roch nach Heu und Stalltieren. Emily benötigte einen Moment, bis sich ihre Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, aber dann setzte sie sich zielstrebig in Bewegung. Eine Reihe Boxen mit schiefen Türen befand sich auf der einen Seite, auf der anderen waren Heu- und Strohballen bis zur Decke gestapelt, und in der Mitte dazwischen gab es einen breiten Gang.
    Staubteilchen schwebten in der Luft, aufgewirbelt von ihren Schritten, während Emily, dicht gefolgt von Lamb, weiterging. Sie kamen nur langsam voran, denn sie konnten in dem spärlichen Licht nicht sonderlich gut sehen und waren vorsichtig; sie achteten mit wachen Sinnen auf Zeichen, die ihnen verraten hätten, dass sie nicht allein hier waren. Nachdem sie alles ausgekundschaftet hatten, kamen sie zu dem Schluss, dass sie im Moment die einzigen Menschen im Stall waren. In der Mitte der Scheune blieb Emily stehen und starrte auf die dicke Strohschicht auf dem Boden.
    Leise sagte sie:
    »Wenn irgendjemand nachsehen würde, würde er nichts entdecken, denn das Stroh würde alle Spuren von dem verdecken, was hier geschehen ist.«
    Lamb nickte.
    »Vermutlich haben sie das nach dem Abladen unten auf dem Rückweg ausgelegt.« Er schaute sich um.
    »Wo ist der Eingang?«
    »Hier drüben«, sagte sie und ging in die Richtung. Etwa auf der Hälfte der Stallboxen blieb sie stehen, öffnete eine schwere Tür und trat hinein, immer Lamb dicht hinter sich. Die Leichtigkeit, mit der die schwere Tür sich hatte öffnen lassen, verriet mehr als genug, und eine rasche Untersuchung des Verschlusses und der Scharniere zeigte, dass sie gut geschmiert waren. Der Boden dieser Box war wiederum mit Stroh bedeckt, aber es ließ sich leicht mit den Füßen zur Seite schieben. Darunter kam eine Falltür zum Vorschein. Lamb fasste den Griff und zog daran. Die Falltür öffnete sich ebenfalls lautlos. Ein schwarzes Loch gähnte zu ihren Füßen, die oberste Sprosse einer Leiter lugte aus der Schwärze heraus.
    Lamb fluchte tonlos.
    »Wir haben keine Laterne mitgenommen.«
    Emily lächelte breit; das meiste von ihrer Wut war auf dem Ritt bereits verraucht. Sie ging um die Falltür herum und griff in den Futtertrog voller Heu. Triumphierend zog sie

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