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Eine Stuermische Nacht

Eine Stuermische Nacht

Titel: Eine Stuermische Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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fiel, hatte Emily das Gefühl, als würde ihr züchtiger Ausschnitt bis zur Taille rutschen und ihren Busen entblößen. An dem hellen Rosa auf Annes Wangen erkannte sie, dass es ihrer Stiefmutter nicht anders erging.
    Anfangs, kurz nach seiner Ankunft auf The Birches , hatten Emily und die beiden anderen Damen ihn höflich behandelt – schließlich war er Gast –, aber sie hatten ihn bald durchschaut, so wie alle anderen im Haushalt. Die Mehrheit der Bewohner von The Birches verabscheute Mr Ainsworth von Herzen, nur unwesentlich weniger heftig als Jeffery. Sobald sie begriffen hatten, dass sie einen ausgemachten Wüstling in ihrer Mitte hatten, sahen Emily und Cornelia nicht länger ein, warum sie Mr Ainsworths lüsterne Blicke und seine obszönen Anspielungen widerspruchslos hinnehmen sollten. Fortan verschwendeten sie keine Zeit und ließen ihn ihre scharfen Zungen spüren. Anne, die ein weniger kampfeslustiges Wesen besaß, ging ihm nach Kräften aus dem Weg und litt stumm, wenn sie seine Gegenwart ertragen musste – was aber nur selten der Fall war, dank Emilys und Cornelias Wachsamkeit.
    Emily war nicht in der Stimmung, seine unverschämte Musterung ungestraft über sich ergehen zu lassen, und erkundigte sich mit mildem Interesse:
    »Sind Sie sich eigentlich des Umstandes bewusst, Mr Ainsworth, wie grässlich das Monokel Ihr Auge verzerrt?« Sie erschauerte.
    »Der Anblick dieser riesigen Kugel, die auf einen gerichtet ist, reicht wirklich aus, zartbesaiteten Naturen Albträume zu verursachen.« Mit einem Lächeln so freundlich wie ein Haifisch fügte sie hinzu:
    »Glücklicherweise gehöre ich nicht dazu, aber ich an Ihrer Stelle würde mir gut überlegen, wen ich durch das Monokel betrachte.«
    Mr Ainsworth ließ das Monokel fallen, als hätte er sich daran verbrannt, und starrte sie finster an.
    »Emily!«, rief Jeffery, der hinter ihr ins Zimmer gekommen war, »wo bleiben deine Manieren? Mr Ainsworth ist ein Gast.«
    »Nicht meiner«, erwiderte Emily halblaut und ging zu Cornelia, um sich neben sie zu setzen. Cornelia hatte alles mit einem Lächeln verfolgt. Sie tätschelte Emily die Hand, die sie auf die Lehne gelegt hatte, und murmelte ihr zu:
    »So ist’s recht. Lass dich nicht unterkriegen.«
    Jefferys Gesicht verfärbte sich weiter, und er machte einen drohenden Schritt nach vorne, nur um von Anne behindert zu werden, die ihm eine Tasse hinhielt.
    »Tee?«, fragte sie fröhlich.
    Jeffery rang darum, seine Fassung wiederzugewinnen. Außer Ainsworth gegenüber hatte er zu niemandem etwas über seine Begegnung mit Lord Joslyn in der Nacht neulich im Gasthof gesagt. In der Hoffnung, verlorenen Boden zurückzugewinnen, war er entzückt gewesen über die Nachricht, dass Lord Joslyn Anne und Emily gerettet hatte. Er war sich sicher gewesen, dass der Viscount die Damen nach Hause geleiten würde, und er hatte sich auf die Gelegenheit gefreut, sich selbst in einem günstigeren Licht darzustellen … und darüber, der Erste in der Umgebung zu sein, der Lord Joslyn als Gast begrüßen durfte. Dass Seine Lordschaft die Damen nicht nach Hause begleitet hatte, war ein Rückschlag, und jetzt benahm sich seine verflixte Cousine auch noch seinem Gast gegenüber mit ihrer gewohnten Missachtung für alles, was auch nur entfernt an Höflichkeit erinnerte. Himmel, wenn er ihr nicht eines Tages das Genick brach, dann war das ein Wunder. Er atmete schwer durch die Nase, schob Tasse samt Untertasse beiseite und sagte barsch:
    »Nein, danke. Ich bin nicht in der Stimmung für Tee.«
    Anne verkniff sich ein Lächeln und wandte sich ab, dann nahm sie bei den beiden anderen Frauen Platz. Sie schaute Cornelia an und fragte:
    »Kann ich dir etwas holen? Tee? Oder ein paar von den leckeren Zitronenkuchen, die Mrs Spalding für uns gebacken hat?«
    Cornelia lehnte dankend ab und schaute erwartungsvoll von Anne zu Emily, dann wollte sie wissen:
    »Nun? Jetzt, da ihr die Gelegenheit hattet, etwas Zeit in seiner Gesellschaft zu verbringen, was haltet ihr von dem neuen Lord Joslyn?« Sie hob mahnend einen Finger.
    »Und seid nicht schüchtern.«
    »Um Himmels willen«, platzte es aus Jeffery heraus, während er sich ein Glas Portwein aus der Karaffe auf dem Teetablett einschenkte.
    »Ich habe es so satt, wie die Frauen in der ganzen Gegend verrücktspielen wegen Lord Joslyn.« Er rümpfte die Nase.
    »Glaubt mir, er ist auch bloß ein Mann wie alle anderen. Wenn man euch hört, könnte man meinen, der Kerl kann übers Wasser

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