Eine Stuermische Nacht
die anderen Frauen. Entschuldigend sagte er:
»Ich fürchte, Master Jeffery und Mr Ainsworth haben einen bösen Plan für Mrs Townsend geschmiedet.« Und dann berichtete er ihnen der Reihe nach, was er gehört hatte, als er in der Diele an den beiden Männern vorbeigekommen war.
Keiner der Frauen musste erklärt werden, was Jeffery und Ainsworth planten, wenn sie Anne zur Ehe mit Ainsworth zwingen wollten.
»Diese Teufel!«, rief Emily, deren Augen vor Wut silbrig funkelten.
Annes Gesicht war weiß vor Angst, und ihre Finger zitterten, als sie ihre Kaffeetasse abstellte.
»Denkt ihr, sie wollen mich entführen und …« Die Kehle schnürte sich ihr zu, und sie konnte die hässlichen Worte nicht aussprechen.
»Sie wollen dich auf irgendeine Weise kompromittieren«, sagte Cornelia, die irgendwie älter und müder wirkte, als Emily und Anne sie zuvor je gesehen hatten.
Walker nickte unglücklich.
»Ja, das befürchte ich.« Er versuchte Anne beruhigend zuzulächeln, während er sagte:
»Wir sorgen dafür, dass Sie in Sicherheit sind. Mrs Spalding, Jane, Sally und die anderen Dienstboten, denen wir vertrauen können, wir werden uns darum kümmern, dass Sie nie allein sind.«
Es war in gewisser Weise tröstlich, aber sie wussten alle, dass es praktisch unmöglich war, Anne ständig zu bewachen. Trotz ihrer treuen Ergebenheit für Emily, Anne und Cornelia mussten sie freilich Jeffery gehorchen, wenn sie nicht ihre Stellung verlieren wollten. Und es gab ein Dutzend verschiedene Möglichkeiten, wie er die Bediensteten, die auf The Birches verblieben waren, fernab vom Haus beschäftigen konnte. Es gab immer Erledigungen zu machen, Ausflüge ins Dorf zum Einkaufen und andere Dinge. Selbst mit den Dienstboten auf ihrer Seite bestand Annes größte Hoffnung aus Cornelias Adlerblick und Emilys unerschrockener Nähe.
Emily berührte Anne an der Hand.
»Wir werden dich beschützen.«
Anne holte tief Luft.
»Ich weiß, dass ihr das werdet.« Sie lächelte Walker bemüht tapfer zu.
»Und ich weiß, dass Sie und die anderen ihr Bestes geben werden.« Sie nahm die Schultern zurück und sagte:
»Wir werden alle auf der Hut sein … und beten, dass wir die Schurken überlisten können.«
Nachdem Walker sich verbeugt hatte und aus dem Zimmer gegangen war, war es ein sehr schweigsames Damentrio, das um den Frühstückstisch saß. Keine der drei hatte Appetit, und nachdem sie ein wenig an ihrem Toast geknabbert hatte, schob Emily den Teller zurück.
Mit erboster Miene schwor sie:
»Bei Gott, das ist unerträglich. Anne soll wie ein Lamm zum Schlachter getrieben werden, und wir sind nahezu hilflos, es zu verhindern.« Emily hatte ihr Geschlecht nie mehr gehasst als in diesem Moment, und ihr traten Tränen der Erbitterung und des Zorns in die Augen.
»Ach, wäre ich nur als Mann geboren! Mein grässlicher Cousin hätte niemals geerbt, und wir befänden uns nicht am Rande des Ruins.«
»Es ist witzlos, sich über etwas zu beklagen, was man nicht ändern kann«, erklärte Cornelia, deren Blick weich auf Emilys angespannten Zügen ruhte.
»Mach dir keine Sorgen, meine Kleine, wir werden unsere Verteidigung bis ins letzte Detail planen und am Ende als Sieger dastehen – selbst wenn ich persönlich Ainsworth mit einem Schnitzmesser zu Leibe rücken muss – da, wo es am meisten wehtut.«
Beide, Anne und Emily, lachten leise.
»Und wenn du es nicht tust«, sagte Emily, »dann tue ich es.« Ihre Augen verdunkelten sich. »Und bei Jeffery auch, wo ich gerade dabei bin.«
Da niemand mehr Lust aufs Frühstück hatte, verließen sie kurz darauf den Frühstückssalon. Anne und Emily zogen sich in das kleine Zimmer unweit der Küche zurück, das Emily zu ihrem Büro gemacht hatte; an dem schmalen Schreibtisch dort ging sie die deprimierenden Haushaltsbücher durch. Gewöhnlich begab sich Cornelia nach oben, um innerhalb ihres weitverzweigten Netzes aus Freunden und Verwandten Briefe zu schreiben oder zu beantworten. Heute jedoch läutete sie nach Walker.
Er traf kurze Zeit später ein; Cornelia saß bereits an ihrem Kirschbaumschreibtisch, Papier vor und Tinte neben sich, einen Federkiel in der Hand.
»Wie bald«, fragte sie unverblümt, sobald der Butler die Tür hinter sich schloss, »denken Sie, werden sie zuschlagen?«
Walker zuckte hilflos die Achseln.
»Ainsworth sprach von Heirat innerhalb von vierzehn Tagen.«
»Oder Jeffery würde es übel ergehen …«, murmelte Cornelia vor sich hin.
»Ich frage mich, was dieses
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