Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Sünde zuviel

Eine Sünde zuviel

Titel: Eine Sünde zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Operationen über eine Zentralaugenklinik verfügt, an der die besten Augenärzte der USA mit der Transplantationstechnik und den Forschungen zur Konservierbarkeit des menschlichen Auges vertraut gemacht werden. Hier wollte Professor Siri seinen großen Kollegen Dr. R. Townley Patton treffen und seine Tantalnaht vorführen.
    Es war gegen Mittag, kurz vor dem Essen, als Luise Dahlmann durch den Palazzo ging und Dr. Saviano suchte. Sie hatte eine Dummheit begangen und sich nicht an die Verordnung gehalten, zunächst nur im Schatten spazierenzugehen. Nun tränten die Augen, und Luise wurde von einer panischen Angst erfaßt. Sie drückte ihr Taschentuch gegen die zuckenden Augen und rannte zum Zimmer Professor Siris, nachdem sie Dr. Saviano nicht in seinen Räumen gefunden hatte. Es war möglich, daß er im Chefzimmer saß,nachdem er die Leitung der Clínica in Abwesenheit Siris übernommen hatte.
    Aber auch das Zimmer Siris war leer. Ratlos stand sie vor dem Schreibtisch und starrte auf die geöffnete Post und die Papiere, die die Tischplatte bedeckten. Plötzlich stutzte sie. Unter einigen anderen Briefen sah der Kopf eines Bogens hervor, auf dem sie deutlich den Namen Robert Sanden lesen konnte.
    Sie trat näher heran, beugte sich über die Briefe … ›Robert Sanden, Hannover, Kirchheller Weg 12‹. Ein Brief mit dem Datum von vorgestern. Ein Brief, der mit der Morgenpost gekommen war.
    Herrn Professor Dr. Siri … las sie noch, dann deckten die anderen Briefe die Schreibmaschinenzeilen zu. Sie zögerte, aber es war nur eine kurze Gegenwehr gegen ihre Neugier. Dann zog sie den Brief unter dem Stapel hervor und las.
    »Sehr verehrter Herr Professor Siri, ich habe aus Montreux erfahren, daß Frau Luise Dahlmann von Ihnen untersucht worden ist und daß Sie sich zu einer Operation entschlossen haben. Darf ich fragen, ob diese Operation erfolgreich verlaufen ist? Wie Sie sich sicherlich erinnern können, war ich es, der sich damals an Sie mit der Bitte gewandt hatte, Frau Dahlmann zu untersuchen. Heute nun ist meine Frage nicht nur eine Neugier, sondern für Frau Dahlmann von großer Bedeutung. Sollte sie nämlich dank Ihrer Operationskunst wieder sehen können, wäre es notwendig, daß ich nach Bologna komme, um vor der Rückkehr Frau Dahlmanns nach Hannover zuerst mit ihr zu sprechen, denn ich habe die Befürchtung, daß gewisse private Dinge, die sie vorher nicht sah, jetzt zu einer großen und peinlichen Auseinander setzung führen könnten. Ich bitte Sie deshalb herzlich um Nachricht, ob die Operation erfolgreich verlaufen ist und o b ich …«
    »Na na, signora …«, sagte Dr. Saviano tadelnd. Luise Dahlmann fuhr herum und ließ den Brief auf den Tisch zurückfallen. Sie hatte den Eintritt des Arztes nicht gehört, so verblüfft hatten sie die Zeilen Robert Sandens. Dr. Saviano sah auf den Briefkopf und nickte.
    »Er kam heute an. Ich hätte ihn Ihnen sowieso gezeigt. Eine indiskrete Frage: Wie stehen Sie zu diesem Herrn Sanden?«
    »Ein guter Bekannter, weiter nichts. Durch ihn erfuhr ich überhaupt, daß es einen Professor Siri gibt. Im Grunde verdanke ich Herrn Sanden, daß ich wieder sehen kann. Ohne ihn hätte ich resigniert und die Blindheit als endgültig hingenommen.« Luise nagte an der Unterlippe und sah hinab auf das Schreiben. »Dieser Brief ist merkwürdig, Doktor. Finden Sie nicht auch?«
    »Ich kenne leider Ihre häuslichen Verhältnisse nicht, Ihren Gatten …«
    »Wir lieben uns wie am ersten Tag. Ernst hat alles für mich getan, was er nur tun konnte.«
    »Gibt es sonst irgendwelchen Anlaß zu Sorgen? Beruflich vielleicht?«
    »Nein. Überhaupt nicht. Mir ist dieser Brief ein Rätsel. Was meint er mit ›gewisse private Dinge, die zu einer großen und peinlichen Auseinandersetzung führen könnten‹? Ich verstehe das alles nicht.« Luise zuckte mit den Schultern und tupfte wieder mit dem Taschentuch gegen die Augen. Sie tränten wieder. Dr. Saviano hob drohend den Zeigefinger.
    »Sie waren in der grellen Sonne, signora! Ohne Sonnenbrille!«
    »Ja –«
    »Hinlegen! Zimmer abdunkeln! Keine Widerrede –«
    Luise nickte. »Ich gehe sofort, Doktor.« Sie nahm den Brief Robert Sandens wieder in die Hand und überflog noch einmal den Text. »Der Professor ist in Amerika. Er kommt erst wieder, wenn ich entlassen bin. Denken Sie an meine Bitte, nichts an meinen Mann zu schreiben, weil ich ihn als Sehende überraschen will? Ich möchte diese Bitte jetzt wiederholen … gerade jetzt, nach diesem Brief.

Weitere Kostenlose Bücher