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Eine Sünde zuviel

Eine Sünde zuviel

Titel: Eine Sünde zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Vermögen. »Ich kenne Sie von der Bühne her. Sie sind groß, schlank, gerade gewachsen …«
    »Alles Kostüm. Man kann auf der Bühne einen Menschen nicht nur häßlich wie Richard III. machen, sondern auch hübsch wie Romeo. Aus Zwergen werden Riesen, wenn es sein muß, aus Riesen Zwerge, wenn man sie braucht, aus Jünglingen der alte Vater Moor … es ist alles möglich.«
    Damit war das Gespräch erschöpft. Robert Sanden malte mit den Schuhspitzen Kreise in den Sand vor der Bank und nagte an der Unterlippe. Was er sagen wollte, konnte er nicht sagen, was er wußte, war nicht wiederzugeben, worüber die Leute munkelten, wollte er nicht weitertragen.
    »Sie haben sich gut erholt«, sagte er, nur um etwas zu sprechen.
    »Ja. Mein Mann und meine Schwester finden das auch.«
    Robert Sanden nahm den Faden auf, den ihm Luise hinwarf. »Sie haben sich sicherlich sehr gefreut, als Sie zurückkamen …«, sagte er.
    »Ernst und Monika? Und wie –«
    »Und Ihr Mann hat nichts von der Operation gemerkt?«
    »Nein.«
    »Ihre glänzenden Augen –«
    »Natürlich. Er glaubt, das hätte die Genfer Seeluft gemacht.«
    Vom Parkeingang her sah sie Dr. Ronnefeld kommen. Er suchte mit den Blicken die Bänke ab und legte die Hand schützend vor der Sonne über die Augen. Er trug einen Panamahut und hellgelbe Schuhe, eine etwas auffällige Kleidung für einen so würdigen Herrn seines Alters. Aber Dr. Ronnefeld hatte nie viel auf Aussehen gegeben … oft zog er an, was ihm beim Griff in den Kleiderschrank in die Hand fiel, ohne hinzusehen, was es war. So saß er einmal in einem Smoking in der Sprechstunde, und alle Patienten bemühten sich, schnell wieder herauszukommen, weil der Herr Doktor sicherlich etwas Großes vorhabe. Dr. Ronnefeld aber wunderte sich, daß an diesem Tag die Praxis schon um halb zwölf Uhr geräumt war, obwohl er mehr Eintragungen in der Kartei als am Vortage hatte.
    »Ich möchte Ihnen noch danken, Herr Sanden, für Ihre vielen Bemühungen, auch wenn sie erfolglos waren«, sagte Luise. »Wie gerne hätte ich Ihnen gesagt: Gucken Sie mich an … ich sehe Sie! Sie haben einen runden Kopf und blonde Haare.« Sie sagte es bewußt so, denn Sandens Kopf war schmal, und seine Haare glänzten in einem dunklen Braun. »Leider hat es nicht sollen sein. Sie haben sich solche Mühe um mich gemacht. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen. Und nun – leben Sie wohl –«
    »Soll … soll das ein Abschied sein?« Sanden sah sie groß an. In seinen Augen schrie Angst, wie bei einem kleinen Jungen, der mit seinem Ball eine Scheibe eingeworfen hat.
    »Ja.«
    »Aber warum, Frau Dahlmann?«
    »Was wollen Sie mit einer blinden Frau, Herr Sanden? Ihnen liegen die jungen Mädchen zu Füßen –«
    »Ich … ich mag diese jungen Dinger nicht. Ich bitte um die Erlaubnis, mich um Sie kümmern zu dürfen.«
    »Aber warum? Ich habe Fräulein Pleschke, ich habe meinen Mann, meine Schwester –«
    Sie sah ihn groß an. Jetzt muß er etwas sagen, dachte sie. Jetzt muß er das sagen, was er im Brief an Dr. Saviano und Professor Siri andeutete. Robert Sanden aber schwieg. Er nagte nur an der Unterlippe und scharrte weiter im Sand.
    »Trotzdem … Erlauben Sie mir, gegenwärtig zu sein, wo immer Sie sind … Ich habe meine Gründe.«
    »Gründe?«
    »Ja. Bitte, fragen Sie nicht weiter. Seien Sie nicht grausam, sagen Sie ja.«
    »Ich war nie grausam. Ob ich überhaupt grausam sein kann?« Luise legte den Kopf zur Seite. Ja, ich kann es, dachte sie. Ich könnte Ernst wie im Mittelalter foltern, ich könnte zusehen, wie man ihm die Knochen bricht, wie man ihn streckt, aufs Rad schnallt, in den spanischen Stiefel preßt, die Zunge herausreißt, und ich würde ruhig dabeistehen und eine tiefe Freude haben. So hasse ich ihn … so sehr … so schrecklich …
    »Sie sind wieder im Park, morgen?« fragte Sanden.
    Sie nickte stumm, noch ergriffen von ihrer Grausamkeit.
    »Morgen ist Konzert im linken Schloßflügel. Darf ich zwei Karten besorgen?«
    »Ja, bitte.«
    Robert Sanden ergriff wieder ihre Hand und küßte sie. Dann ging er ohne ein weiteres Wort weg … es war ihm unmöglich, zu sagen, was ihm auf der Zunge lag.
    Von der anderen Seite trat Dr. Ronnefeld an die Bank.
    »Das ist ja ein Ding!« sagte er gutmütig. »Sitzt auf der Bank und flirtet mit jungen Männern!«
    »Dr. Ronnefeld.« Luise starrte an Ronnefeld vorbei und streckte ihm die Hand entgegen, einen halben Meter zu weit zur Seite. Der Arzt ergriff sie und küßte sie

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