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Eine Sünde zuviel

Eine Sünde zuviel

Titel: Eine Sünde zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie trank ein Glas Wein dazu und aß Konfekt … und neben ihr saßen Hand in Hand ihr Mann und ihre Schwester und küßten sich mit der Hingabe letzter Vertrautheit.
    Einmal, als sie den Kopf zu ihnen hinwandte und sie ansah, stieß Monika erschrocken Ernst Dahlmann zurück und fuhr sich mit beiden Händen entsetzt durch ihre zerwühlten, blonden Haare. Sie sah Luise mit flatternden Augen an, umfaßte Dahlmanns Arm und nickte zu ihr hin. Dahlmann schüttelte ärgerlich den Kopf. Er sah sich um, suchte etwas, erblickte einen Leuchter und zog ihn zu sich. Es war ein schwerer bronzener Leuchter mit zwei Armen. Stumm, unter der Tanzmusik des Fernsehens, hob er den Leuchter hoch und schwang ihn über dem Kopf Luises. Monika hielt sich mit beiden Händen den Mund zu.
    Luise blieb sitzen und sah ungerührt geradeaus ins Leere. Ja, sie neigte den Kopf sogar nach vorn, als böte sie ihren Nacken dem Schlag dar.
    »Wer singt denn da?« fragte sie unbefangen. »Diese Stimme kenne ich noch nicht –«
    Ernst Dahlmann stellte den Leuchter auf den Tisch zurück und lächelte. Kraftlos fielen die Hände Monikas auf die Polster zurück. Sie ist blind, sie muß blind sein … so kann sich kein Mensch beherrschen. Kein Augenzucken, keine Abwehr, keinerlei Regung … nur das Lauschen auf die Stimme, während über ihrem Kopf …
    »Das Mädchen heißt Daniela Duvar«, sagte Dahlmann. »Ein neuer Name. Gefällt sie dir?«
    »Ja, sehr.«
    »Wir hätten sie aufs Band aufnehmen sollen.«
    »Ja …«
    Die fröhliche Musik tönte weiter, aber es kam im Zimmer keine Gemütlichkeit mehr auf. Monika war von Dahlmann abgerückt, der mißmutig neben Luise hockte und wortlos auf den Bildschirm stierte. Sie alle spürten, daß in diesen Minuten ein Bruch zwischen ihnen entstanden war, daß sie alle drei isoliert im Raum saßen, jeder allein mit sich, und daß zwischen jedem von ihnen ein Graben aufgerissen war, über den im Augenblick kein Schritt mehr führte, sondern nur noch der Klang ihrer Stimmen.
    »Du bist so still, Ernsti …«, sagte Luise mit bohrender Zärtlichkeit. »Und auch Moni sagt nichts. Ist das Programm so schön anzusehen?«
    »Ja.« Dahlmann atmete tief durch. Seine Stimme hatte rauh geklungen. »Eine verschwenderische Ausstattung …«
    »Wie schön. Ich kann es mir vorstellen.« Sie legte den Kopf zurück an die hohe Sessellehne. Dabei zeigte das Fernsehbild eine dunkle, kahle Bühne mit drei Scheinwerferklecksen. In diesen Klecksen hüpften drei Balletteusen. Plötzlich krallte sie die Finger in Dahlmanns Arm. Er zuckte zusammen und versuchte, sich zu befreien.
    »Was … was ist denn, Luiserl?«
    »Ich höre ja nichts mehr …«
    »Was?« Er sprang auf und beugte sich über sie. »Du hörst nichts mehr? Du hörst mich jetzt nicht …? Luiserl …« Er sah schnell zu Monika hinüber, auch sie war aufgesprungen. »Luiserl … Luiserl … hörst du mich …«
    Sie nickte und lächelte. »Wie groß deine Sorge ist, Ernsti …« Sie tastete nach seinem Gesicht, fuhr über die Stirn, die Augen, die Nase, den Mund, das Kinn hinab zum Hals. Dort ließ sie die Finger liegen, genau auf der Kehle. Jetzt zudrücken, dachte sie. Könnte mir das jemand übelnehmen? Gäbe es einen Richter, der mich verurteilen könnte ohne den Gedanken: Ich hätte es auch getan?! »Dein Hals zittert …«, sagte sie leise.
    »Der Schreck, Luiserl …«
    »Ich wollte sagen: Ich höre das Ticken nicht mehr.«
    »Welches Ticken?«
    »Dieses ewige Tick-tick-tick … als wenn immer etwas tropft …«
    »Es war doch nie da, Luiserl … Wir haben es dir doch gesagt.«
    »Ihr seid so gut zu mir …« Sie sah dabei Monika an. Groß und klar. Monika Horten senkte den Kopf. Du bist die schwache Säule in dem gemeinen Betrugsgebäude, dachte Luise. Mein liebes Schwesterchen, an dir wird Ernst Dahlmann zerbrechen, nicht an mir. Ihr hattet einen schönen Plan, einfach, genial und von einmaliger Gemeinheit. Eine Blinde zu betrügen, genügte nicht … sie stört, sie ist im Weg, ihre Gegenwart ist ständige Mahnung. Wie einfach ist es, sie wahnsinnig zu machen. Nun wird es anders sein, Monika. Von Zweifeln und Angst zerfressen, wirst du herumirren, und ich werde um dich sein, immer um dich sein, wie ein Schatten, den du nicht abschütteln kannst … und du wirst nicht wissen: Kann sie sehen, oder ist sie noch blind?! Ich werde dir Gelegenheiten geben, zu glauben, daß ich sehen kann … und dann werde ich dir eine Blinde vorspielen, hilfloser als ein Säugling. So

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