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Eine Sünde zuviel

Eine Sünde zuviel

Titel: Eine Sünde zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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…«
    Erschüttert verließ Dr. Kutscher das Zimmer. Dahlmann folgte ihm. Luise sah durch die vor die Augen gespreizten Finger, wie er beschwingt, fast fröhlich dem Anwalt folgte. Dann sprang sie auf und legte das Ohr an die Tür. Sie öffnete sie einen Spalt, um besser zu hören, was in der Diele gesprochen wurde. Woher nehme ich bloß die Kraft, diese Rolle zu spielen, dachte sie dabei. Und was wird er tun? Wird er in diese Falle hineingehen? Warum tue ich es bloß? Warum sage ich nicht: Ich kann sehen! Ich habe alles gesehen! Hinaus, du Lump!
    Ist mein Haß so groß, daß ich mich selbst darin verzehre?!
    Sie hielt den Atem an. Dahlmann sprach.
    »Was wollen Sie tun, Doktor?«
    Dr. Kutscher räusperte sich. »Nichts.«
    »Das wird auffallen.«
    »Genau das will ich! Meine Schweigepflicht hindert mich, Ihrer Frau die Wahrheit zu sagen, da ich sie von Ihnen weiß, als Sie noch mein Klient waren. Aber mich kann keiner hindern, nichts zu tun.«
    »Es gibt noch mehr Anwälte in Hannover.«
    »Gewiß. Im übrigen können Sie Ihre Apparatur abbauen … wie es scheint, ist der Schock bereits erfolgt.«
    »Das hat mich selbst verblüfft.«
    »Man sollte Sie zusammenschlagen!«
    »Ihre Tiraden sind lächerlich, Doktor. Leben Sie wohl.«
    »Nicht ganz.« Dr. Kutscher sah Dahlmann mit einer Verachtung an, die einem Schlag gleichkam. »Wenn Ihrer Frau in der nächsten Zeit etwas passiert – sagen wir mal, ein Unglücksfall, wie er bei Blinden gern vorkommt – können Sie gewiß sein, daß ich eine Anzeige wegen Mordes einreiche.«
    »Danke.« Dahlmann lachte hart. »Glauben Sie, ich bin solch ein Idiot, daß ich nach der Überschreibung des Vermögens noch etwas unternehme?«
    »Denken Sie an den Zusatzparagraphen … das Kind.«
    »Das schreckt mich nicht.«
    »Es wird auffallen, wenn Sie den liebenden Ehemann einstellen –«
    »Ich bin Apotheker, Doktor.« Luise hörte Dahlmann wieder lachen. »Luise wird gegen ihre Nerven und die Geräusche Beruhigungsmedikamente nehmen müssen, Tabletten, Pillen, was weiß ich. Und jeden Tag wird sie mit diesen Tabletten auch eine Anti-Baby-Pille schlucken … Sie sehen, es ist völlig gefahrlos, den ehelichen Pflichten nachzukommen und doch nie daran denken zu müssen, einmal nur ein Viertel des Vermögens aufbrauchen zu können.«
    »Ich habe Sie verkannt.« Die Stimme Dr. Kutschers war voller Abscheu. »Sie sind kein Amateursatan, Sie sind ein ausgewachsener Pechkocher –«
    Die Tür klappte. Luise huschte zu ihrem Sessel zurück und legte den Kopf wieder in beide Hände. Sie zuckte zusammen, als Dahlmann von hinten sich über sie beugte und mit den Händen am Hals entlang in den Bademantel tastete. Mit einer ruckartigen Bewegung machte sie sich frei.
    »Laß das!« sagte sie hart. »Rühr mich nicht mehr an! Du hast dich benommen wie ein Tier –«
    »Und trotzdem hast du mich so reich beschenkt …«
    »Ich will, daß das Erbe meines Vaters weitergeht … die Apotheke.«
    »Liebst du mich nicht mehr, Luiserl?«
    »Nein.«
    »Aber –«
    »Warum hast du das getan, heute nachmittag?«
    »Ich hatte so einen Schreck bekommen. Plötzlich sah ich, daß du auf einen großen Stein losgingst, und ich hatte keine Zeit mehr, dich zu warnen. Da habe ich dich weggestoßen. Wenn du über den Stein gefallen wärst … du hättest dir etwas brechen oder aufschlagen können.«
    Wie glatt er lügt, wie gemein, wie virtuos, dachte sie. Und wieder ertappte sie sich bei dem Gedanken, was er wohl tun würde, wenn sie jetzt sagte: Du Lügner … ich kann sehen!
    Sie beobachtete Dahlmann. Er ging zum Barschrank und schüttete sich einen Kognak ein. Bevor er ihn trank, hob er das Glas hoch gegen die blutrote Sonne, die durch das Blumenfenster quoll und den Tag in sterbenden Purpur hüllte. Es war, als proste er sich, dem Sieg der Gemeinheit zu.
    Ich werde es ihm nie sagen können, nicht so, dachte Luise. Sie empfand plötzlich Angst. Angst vor Dahlmann, dem sie jetzt zutraute, daß er im gleichen Augenblick, wo er die Wahrheit wußte, zufassen und sie töten würde. Den Triumph, ihm alles ins Gesicht schleudern zu können, mußte sie sich schenken. Aus sicherer Entfernung im Schutze eines ihm unbekannten Ortes, mußte sie die Maske fallen lassen. Das Ende ihres Spieles, das mit dem Ende Ernst Dahlmanns zusammenfallen würde. Sie war gewillt, es bald zu tun … sie hatte nicht mehr die Kraft, weiter das Blindsein zu spielen.
    »Und nachher?« fragte sie. »Warum hast du … das … nachher

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