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Eine Sünde zuviel

Eine Sünde zuviel

Titel: Eine Sünde zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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denken?«
    »Nur das Beste, gnädige Frau.« Dr. Kutscher sah Dahlmann wütend an. »Ihr Anblick ist für einen Mann immer eine Freude … Leider bin ich nicht als Mann hier, sondern als Rechtsanwalt –«
    Luise lachte. Sie bog sich dabei etwas zurück. Ein Teil des nackten Beines stach aus dem auseinanderklaffenden Bademantel hervor. Welch ein Schwein bist du doch, dachte Dr. Kutscher und sah Dahlmann wieder an. Er hatte in seiner Praxis oft Fälle gehabt, für die ihm jegliches Verständnis fehlte und die er doch als Anwalt zur Verteidigung übernommen hatte, weil er sich sagte, daß ein Mensch zu allen Unmöglichkeiten fähig ist, weil der Charakter des Menschen vom Edelsten zum Gemeinsten reicht, eine Skala, die mit dazu beiträgt, ihn zur Krone der Schöpfung werden zu lassen. Hier, bei einem an und für sich simplen Fall versagte ihm alles Verständnis. Er spürte das bei ihm seltene Gefühl der Ritterlichkeit, das ihn zwang, auf die Seite Luises zu treten und mit allem, was er besaß, gegen Dahlmann zu stehen.
    Luise setzte sich und raffte den Bademantel um ihre Beine! Sie sah an Dr. Kutscher vorbei ins Leere und zögerte. Ich habe Angst, dachte sie. Es wäre einfach, aufzuspringen und zu sagen: Geh, du Lump …! Dr. Kutscher, ich kann sehen, reichen Sie die Scheidung ein … Aber das bedeutete, daß sie sofort das Haus verlassen mußte, daß Ernst Dahlmann die Möglichkeit hatte, in wenigen Stunden Deutschland zu verlassen, schneller, als man einen Haftbefehl erwirkt hatte. Sie strich sich mit bebenden Händen über das Haar. Haftbefehl? Wofür denn? Wo waren die Beweise? Man kann niemanden verhaften, weil er seine Frau mit deren Schwester betrügt. Man kann niemanden verhaften, bevor man ihm die Unterschlagungen nachgewiesen hat. Man kann keinen verhaften, weil er seine Frau irrsinnig machen will … auch das muß man erst beweisen …
    Und die Angst kam wieder. Die Angst, daß er sie töten könnte. In den vergangenen Tagen hatte sie gesehen, wie sicher seine Hand war, als er den schweren Leuchter über ihren Kopf schwang, und das Erlebnis des heutigen Tages am Abgrund der Kiesgrube war ein Beweis, daß er nicht zurückschrecken würde, sie wirklich zu töten, wenn er erkannte, daß sie sehen konnte. Davor mußte sie sich schützen … sie mußte einen Wall aus Lockung und Hoffnung bauen, um Zeit zu gewinnen, Zeit, die für sie arbeitete, die ihr Material gab, Ernst Dahlmann zu vernichten. Den Mann, den sie einmal so heiß geliebt hatte, wie sie ihn jetzt mit der gleichen Glut haßte.
    Sie sah auf Dr. Kutscher und dann auf ihren Mann. Sie trug wieder ihre Sonnenbrille, dunkle Gläser, die den klaren Blick, mit dem sie ihre Umgebung ansah, verdeckten. Auch verstärkten sie ihre Blindheit … ein Mensch mit dunkler Brille, der sich durch seine Welt tastet, ist des Mitleids seiner Umgebung sicher. Wir können beginnen, dachte Luise und legte die Hände in den Schoß.
    Dahlmann stand bleich vor Erregung am Blumenfenster und zerrupfte einen Palmenzweig, der ins Zimmer ragte.
    »Wir wollen es kurz machen, Dr. Kutscher –«, sagte Luise mit klarer Stimme. Sie sah dabei ihren Mann an und war erschrocken, wie gefühllos sie ihn betrachten konnte. »Ich habe dir, Ernsti, nicht erzählt, daß ich Dr. Ronnefeld gebeten habe, diese Zusammenkunft zu arrangieren. Sie sollte eine Überraschung sein –«
    »Das ist sie wirklich, Luiserl –« Dahlmann bemühte sich um seinen alten, freundlichen und liebevollen Ton.
    »Ich bin blind, und ich werde blind bleiben –«, sagte Luise und starrte Dahlmann an. »Ich fühle, daß meine Nerven immer mehr nachlassen. Ich höre Geräusche, die nicht vorhanden sind, ich muß mich zwingen, Dinge nicht zu tun, die Katastrophen auslösen könnten. Wer weiß, wie lange ich dazu noch die Kraft habe, wie lange es dauert, bis ich wirklich irr bin … Sie sehen, daß ich ganz ruhig darüber sprechen kann. Und ich möchte etwas regeln, solange ich noch im Vollbesitz der geistigen Kräfte bin, wie es im Juristendeutsch so treffend heißt. Ich möchte einen Irrtum revidieren …«
    »Einen Irrtum?« fragte Dr. Kutscher verblüfft.
    »Ja. Mein Vater konnte meinen Mann nie leiden, warum, das weiß ich nicht. Er setzte widersinnige Vermögensverhältnisse durch, bevor wir heiraten konnten. In den Jahren meiner Ehe aber und vor allem jetzt während meiner Krankheit habe ich erkannt, welch ein guter Mensch mein Mann ist, der beste Mann, den sich eine Frau wünschen kann. Ohne meinen Mann wäre mein

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