Eine süße Versuchung für Marcy
kannst du weiter hier wohnen. Wir werden sehen, wie sich die Sache entwickelt. Für Kost und Logis kümmerst du dich um den Garten und um deine Wäsche, und du hilfst mir, das Haus in Schuss zu halten. Kannst du kochen?“
„Nichts, was Sie essen würden.“
Eric lächelte. „Na ja, wir könnten ja einen Kochkurs machen. Warum sollte ich mir sonst eine brandneue Küche einbauen lassen? Und wenn ich nebenbei kochen lerne, ist das ja auch nicht schlecht.“ Er beugte sich vor. „Das Wichtigste für dich ist, auf eigenen Füßen zu stehen.“
„Danke.“
„Keine Ursache.“
Eric stand auf und ging hinaus. Er war froh, dass er es geschafft hatte, den Jungen zu trösten.
Im Wohnzimmer hatte Marcy sich in einen Sessel gekauert.
„Geht’s ihm gut?“
„Wird schon wieder.“
Eric setzte sich aufs Sofa und betrachtete sie. Er überlegte, wie er das Thema zur Sprache bringen konnte, das ihm am meisten auf dem Herzen lag. Noch während er darüber nachdachte, sagte sie: „Ich bin müde. Ich gehe ins Bett.“
„Das heißt …“
„Ja.“
Eric war enttäuscht. Im Stillen hatte er gehofft, dass Marcy ihre Meinung ändern würde. „Du willst also nicht wissen, wie es mit uns wäre?“, fragte er mutlos.
„Wir haben schon heute Morgen darüber gesprochen, Eric. Ich habe lange darüber nachgedacht, nachdem du weg warst. Aber ich … ich habe meine Entscheidung getroffen.“ Sie stand auf und sah sich um, als wüsste sie nicht, wo sie war. „Ich brauche ein wenig frische Luft. Übrigens war Annie heute Morgen hier. Sie ist bereit, meinen Platz zu übernehmen. Ich glaube, sie ist auch eine sehr gute Köchin.“
Eric rührte sich nicht von seinem Platz, nachdem sie gegangen war. Sie hatte sogar ihr Handy liegen lassen, was Rückschlüsse auf ihre Verfassung zuließ. Jetzt musste er zusehen, wie er die nächsten vierundzwanzig Stunden überstand, ohne das Thema noch einmal zur Sprache und Marcy in eine peinliche Situation zu bringen.
Wenn sie erst einmal sein Haus verlassen hatte, gab es keine Versuchung mehr für ihn. Darüber hinaus hatte er genug zu tun, um sich abzulenken. Und dann gab es ja noch Dylan und die netten Nachbarn …
Annie. Die manchmal unangemeldet vor der Tür stand und freundlich aus dem Haus komplimentiert werden musste.
Nun, er hatte ja ein anderes Leben gewollt. Und das hatte er bekommen.
Früh am nächsten Morgen belud Marcy ihr Auto, um so schnell wie möglich wegfahren zu können. Sie hatte Dylans Bettwäsche gewechselt und ihre eigene gewaschen. Fürs Abendessen ließ sie ein Brot und einen Kartoffelsalat im Kühlschrank. Eric war zum Mittagessen mit dem Dekan seiner Fakultät verabredet, aber er wollte zurück sein, ehe Marcy abfuhr.
Im Garten versuchte Dylan mit der linken Hand, Unkraut auszurupfen. Es fiel ihm nicht leicht, denn er fluchte unentwegt.
Unentschlossen sah sie sich um. In eineinhalb Stunden wollte sie fahren. Ihre Arbeit hatte sie erledigt. Schon jetzt vermisste sie Dylan und Eric. Sie hatte das Gefühl, dass Dylan genauso empfand. Sie gesellte sich zu ihm.
Dylan blickte auf, als sie näher kam. Er griff nach einem Handtuch und wischte sich den Schweiß von der Stirn und von der Brust. „Ich bin froh, wenn der Sommer vorbei ist und ich meinen anderen Arm wieder benutzen kann.“
„Wird schon wieder“, tröstete sie ihn.
Er zuckte mit den Schultern.
„Ich habe dir meine Handynummer aufgeschrieben. Der Zettel liegt auf deinem Bett. Wenn ich dich irgendwann in dieser Woche zur Vermittlungsagentur fahren soll, ruf mich an. Die Jobs, über die wir gesprochen haben, sind meistens abends oder am Wochenende.“
„Und wie komme ich ans Häuserhüten?“
„Mundpropaganda. Vor ein paar Jahren hatte ich meinen ersten Kunden. Jetzt sind es schon etwa zwanzig. Sie wissen, dass ich ziemlich gefragt bin; deshalb buchen sie mich schon weit im Voraus.“
„Und wenn du mal nicht kannst?“
„Ach, irgendwer findet sich immer. Den meisten gefällt dieser Job, weil man tagsüber noch etwas anderes machen kann. Man verdient also doppelt. Dir würde das also auch Spaß machen?“
„Im Moment gefällt’s mir hier ganz gut. Aber vielleicht in ein paar Monaten? Du kannst ja ein Wort für mich einlegen.“
„Klar, warum nicht. Ich …“ Ihr Handy klingelte. Sie hielt das Handy ans Ohr. „Guten Tag, Mr Gianelli.“ Mit einem Blick zu Dylan flüsterte sie: „Mein Lieblingskunde.“ Und dann wieder ins Telefon: „Alles in Ordnung? Geht’s den Kindern
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