Eine Tiefe Am Himmel
etwas lernen. Diesen Denkfehler machen Kinder in der Zivilisation auch häufig. Computer und Programme haben wir seit dem Beginn der Zivilisation, sogar noch vor der Raumfahrt. Sie können manches, aber manches können sie nicht. Sie finden keinen Ausweg aus einer unvorhergesehenen Bredouille und bringen nichts wirklich Kreatives zu Stande.«
»Aber… ich weiß, dass das nicht stimmt. Ich spiele gegen die Rechner. Wenn ich eine hohe Schwierigkeit einstelle, gewinne ich nie.«
»Das liegt bloß daran, dass Computer einfache Dinge sehr schnell tun. Es gibt nur eine wesentliche Hinsicht, in der man Computer klug nennen könnte. Sie enthalten Jahrtausende an Programmen und können die meisten davon laufen lassen. In gewissem Sinne erinnern sie sich an jeden schlauen Trick, den die Menschheit jemals erfunden hat.«
Bret Trinli schniefte abschätzig. »Zusammen mit all dem Unsinn.«
Sura zuckte die Achseln. »Natürlich. Schau mal. Wie stark ist unsere Besatzung – wenn wir in einem System und alle wach sind?«
»Eintausendunddreiundzwanzig«, sagte Pham. Er hatte längst jede physische Kennziffer der Reprise und dieser Reise gelernt.
»Gut. Nehmen wir nun an, du bist Lichtjahre von allem entfernt…«
Trinli: »Das brauchen wir nicht anzunehmen, es ist die reine Wahrheit.«
»… und etwas geht schief. Man braucht vielleicht zehntausend menschliche Fachgebiete, um ein Raumschiff zu bauen, und das auf der Grundlage einer riesigen Industrie. Eine Schiffsbesatzung kann unmöglich alles Notwendige wissen, um das Spektrum eines Sterns zu analysieren, einen Impfstoff gegen eine ausgefallene Veränderung in der Baktrei herzustellen und jede Mangelkrankheit zu verstehen, mit der wir es zu tun bekommen können…«
»Ja«, sagte Pham. »Deswegen haben wir die Programme und die Computer.«
»Deswegen können wir ohne sie nicht überleben. Jahrtausende hindurch sind die Rechnerspeicher mit Programmen gefüllt worden, die weiterhelfen können. Doch wie Bret sagt – viele von diesen Programmen sind Lügen, alle haben sie Bugs, und nur die auf dem obersten Niveau entsprechen genau unseren Bedürfnissen.« Sie hielt inne, schaute Pham vielsagend an. »Es braucht einen schlauen und bestens ausgebildeten Menschen, um sich anzuschauen, was zur Verfügung steht, die richtigen Programme auszuwählen und abzuwandeln und dann die Ergebnisse zutreffend zu deuten.«
Pham schwieg einen Moment lang und dachte an all die Gelegenheiten zurück, wo der Rechner nicht das getan hatte, was er eigentlich wollte. Es war nicht immer Phams Schuld. Die Programme, die die Sprache von Canberra in Nese zu übersetzen versuchten, waren Müll. »Also… ich soll also lernen, wie man etwas Besseres programmiert.«
Sura grinste, und von Bret kam ein kaum unterdrücktes Kichern. »Wir werden zufrieden sein, wenn du ein guter Programmierer wirst und dann lernst, das schon vorhandene Material zu gebrauchen.«
Jahrelang lernte Pham Nuwen programmieren/nutzen. Das Programmieren war so alt wie die Zeit. Es ähnelte ein wenig dem Abfallhaufen hinterm Schloss seines Vaters. Wo der Bach ihn weggeschwemmt hatte, zehn Meter tiefer, lagen die zerbeulten Wracks von Maschinen – von Flugmaschinen, wie die Bauern sagten – aus der großen Zeit von Canberras ursprünglicher Kolonisation. Doch der Abfallhaufen war sauber und frisch im Vergleich zu dem, was im lokalen Netz der Reprise lag. Es waren Programme darunter, die vor fünftausend Jahren geschrieben worden waren, noch ehe die Menschheit auch nur die Erde verlassen hatte. Das Wunderbare daran – das Entsetzliche, wie Sura sagte – war, dass diese Programme im Unterschied zu den nutzlosen Wracks auf Canberra immer noch funktionierten! Und über eine Billion Vererbungslinien in den Schaltkreisen liefen viele von den ältesten Programmen noch immer in den Eingeweiden des Dschöng-Ho-Systems. Beispielsweise die Zeitmessung der Kauffahrer. Die Rahmenkorrekturen waren unglaublich komplex – und ganz tief am Grunde lag ein kleines Programm, das einen Zähler laufen ließ. Sekunde für Sekunde zählte die Dschöng Ho von dem Augenblick an, als zum ersten Mal ein Mensch den Fuß auf den Mond der Alten Erde gesetzt hatte. Wenn man es jedoch noch genauer betrachtete, dann lag der Startzeitpunkt eigentlich rund fünfzehn Millionen Sekunden später, die Sekunde Null für eines der ersten Computer-Betriebssysteme der Menschheit.
Unter den Schnittstellen des obersten Niveaus lagen also Schichten über Schichten von
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