Eine Tiefe Am Himmel
erscheinen. Übrigens, was, wenn der Kasten mit irgendeiner Art Waffe verkoppelt war?
»Wir sehen keinerlei Kameraausrüstung, Truppführer. Wir haben jetzt ein ziemlich gutes Bild vom Innern des Kastens. Ein Zahnradmechanismus zieht einen Papierstreifen unter vier Aufzeichnungsstiften entlang.« Die Begriffe waren direkt aus dem Lehrbuch über Gefallene Zivilisationen. »Ich nehme an, er zieht den Streifen jeden Tag ein Stückchen weiter und notiert Temperatur, Druck… und zwei andere Skalare, über die ich mir noch nicht sicher bin.« Jeden Tag über mehr als zweihundert Jahre. Bei den Menschen hätten Primitive sich schwer getan, einen Mechanismus mit beweglichen Teilen zu bauen, der so lange funktionieren konnte, zumal bei tiefen Temperaturen. »Wir hatten Glück, dass wir vorbeikamen, als er gerade weiterlief.«
Es folgte ein technischer Disput darüber, wie raffiniert solche Aufzeichnungsgeräte eigentlich sein könnten. Diem ließ Benny und die anderen die Gegend mit Picosekunden-Lichtblitzen sondieren. Nichts glitzerte zur Antwort; es waren keine Linsenoptiken im Sichtbereich.
Inzwischen lehnte Vinh weiter an der Treppenrampe. Die Kälte drang allmählich durch seine Jacke und seinen Druckanzug. Die Ausrüstung war nicht für ausgedehnten Kontakt mit einer derartigen Wärmesenke konstruiert. Er rutschte auf den schmalen Stufen unbeholfen hin und her. In einem Ein-g-Feld machte es diese Art Akrobatik nicht lange… Doch seine neue Position verschaffte ihm einen Blick um die Ecke des Gebäudes. Und auf jener Seite waren einige von den Abdeckungen von den Fenstern gefallen. Vinh lehnte sich halsbrecherisch von den Stufen vor und versuchte zu verstehen, was er im Zimmer sah. Alles war mit einer Patina von Luftschnee bedeckt. Hüfthohe Regale oder Schränkchen waren in langen Reihen aufgestellt. Darüber befanden sich ein Metallgerüst und weitere Schränkchen. Spinnentreppen verbanden eine Ebene mit der anderen. Für eine Spinne wären diese Schränkchen natürlich nicht ›hüfthoch‹. Hmm. Obenauf waren lose Objekte gestapelt, jedes eine Sammlung flacher Platten, an einem Ende mit einem Scharnier verbunden. Manche waren ganz zusammengefaltet, andere sorglos ausgebreitet wie Fächer.
Sein plötzliches Begreifen kam wie ein Elektroschock, und ohne zu überlegen, sprach er auf der öffentlichen Frequenz. »Entschuldigung, Truppführer Diem?«
Das Gespräch mit denen oben brach abrupt ab.
»Was ist, Vinh?«, fragte Diem.
»Schauen Sie mal durch mein Aufnahmegerät. Ich glaube, wir haben eine Bibliothek gefunden.«
Jemand hoch oben juchzte vor Freude. Es klang wirklich wie Trixia.
Die Analyse der Klopferdaten hätte sie am Ende zu der Bibliothek geführt, doch Ezrs Fund verkürzte die Suche erheblich.
An der Rückseite gab es eine große Tür; es war einfach, den Schreiter hineinzubekommen. Der Schreiter enthielt einen Hochgeschwindigkeits-Manipulator mit Scanfunktion. Es dauerte eine Weile, ihn auf die seltsame Form dieser ›Bücher‹ einzustellen, doch jetzt bewegte sich der Roboter mit einem Affenzahn die Regale entlang – ein, zwei Zentimeter pro Sekunde –, während zwei von Diems Leuten seinen Schlund mit einem stetigen Strom von Büchern fütterten. Von oben her war ein höflicher Disput zu hören. Diese Landung war Teil des gemeinsamen Vorgehens nach einem vereinbarten Zeitplan, der in knapp hundert Kilosekunden auslaufen sollte. Bis dahin waren sie vielleicht mit dieser Bibliothek nicht fertig, erst recht nicht mit den anderen Gebäuden und dem Höhleneingang. Die Aufsteiger wollten für diese eine Landung keine Ausnahme machen. Vielmehr schlugen sie vor, eins ihrer größeren Landeschiffe direkt auf die Talsohle zu schicken und Artefakte en masse einzusammeln.
»Eine Lauerstrategie kann trotzdem beibehalten werden«, sagte die Stimme eines männlichen Aufsteigers. »Wir können die Talwände sprengen und es so aussehen lassen, als ob ein massiver Bergrutsch das Dorf am Grunde zerstört hätte.«
»Ha, diese Kerle gehen wirklich locker ran«, drang Benny Wens Stimme über den privaten Kanal an sein Ohr. Ezr antwortete nicht. Der Vorschlag der Aufsteiger war nicht direkt irrational, nur… fremdartig. Die Dschöng-Ho-Leute trieben Handel. Die sadistischeren unter ihnen genossen es vielleicht, wenn sie die Konkurrenz an den Bettelstab brachten, doch fast alle wollten, dass sich die Kunden darauf freuten, das nächste Mal ausgenommen zu werden. Einfach nur kaputtmachen oder stehlen war…
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