Eine Tiefe Am Himmel
am Ersten Tag des Dunkels. Unnerbei und seine beiden Assistentinnen – eigentlich Leibwächterinnen – warteten, bis die Passagiere auf dem Mittelnetz vorwärtsgeklettert waren. Dann zogen sie ihre Parkas und geheizten Beinkleider und die beiden Paar Seitentaschen herunter, die der ganze Anlass des Fluges waren. Kurz vor der Ausstiegsluke verlor Hrunkner den Halt am Laufnetz, und eine der Seitentaschen fiel dem Steward der Maschine vor die Füße. Die Allwetterhülle riss teilweise auf und ließ erkennen, dass der Inhalt ein schieferfarbenes Pulver war, sorgfältig in Plastikbeutel gepackt.
Hrunkner trat vom Mittelnetz herab und machte die Seitentasche wieder fest. Der Steward lachte amüsiert. »Ich habe gehört, dass der beste Exportartikel von Hochäquatorien gewöhnliche Bergerde ist – dachte nie, dass jemand das ernst nehmen würde.«
Unnerbei deutete achselzuckend Verlegenheit an. Manchmal war das die beste Tarnung. Er nahm die Taschen wieder über die Schultern und schickte sich an, seine Parka zuzuknöpfen.
»Ah… hm.« Der Steward schien im Begriff zu sein, mehr zu sagen, trat dann aber zurück und ließ sie mit einer Verbeugung aus dem Flugzeug. Die drei klapperten die Leitern zum Beton der Piste hinab, und sogleich war offensichtlich, was der Bursche noch hatte sagen wollen. Noch vor einer Stunde, als sie Hochäquatorien verlassen hatten, hatte die Lufttemperatur achtzig Grad unter dem Gefrierpunkt betragen und die Windgeschwindigkeit über dreißig Kilometer pro Stunde. Sie hatten beheizte Atemgeräte benötigt, um auch nur vom Flughafengebäude zur Maschine zu gehen.
Hier… »Verdammt, dieser Ort ist ein Ofen!« Brun Soulac, seine Sicherheitsassistentin, setzte ihre Taschen ab und schüttelte sich aus ihrer Parka.
Ihre Vorgesetzte, die Sicherheitsagentin, lachte, obwohl ihr dieselbe Dummheit unterlaufen war. »Was erwartest du, Brun! Das ist die Calorica-Bucht.«
»Ja doch, aber das ist der Erste Tag des Dunkels!«
Einige von den übrigen Passagieren waren ähnlich kurzsichtig gewesen. Sie bildeten einen grotesken Zug, wie sie sich im Gehen hüpfend ihrer Parkas, Atmer und Beinkleider entledigten. Dennoch registrierte Unnerbei, dass jedes Mal, wenn Bruns Hände und Füße vollauf damit beschäftigt waren, die Kaltwetterkleidung abzustreifen, Arla Untertor die Hände frei und gute Sicht ringsum hatte. Ebenso war Brun wachsam, wenn Arla ihre Überkleidung abschüttelte. Wie durch Zauberei waren ihre Dienstpistolen während der Übung nie zu sehen. Sie konnten sich wie Idioten verhalten, doch unter der Oberfläche waren Arla und Brun so gut wie irgendein Soldat, den Unnerbei im Großen Krieg kennen gelernt hatte.
Die Mission in Hochäquatorien mochte technisch und organisatorisch mit geringem Aufwand gelaufen sein, aber die Geheimdienst-Gruppe im Flughafen war durchaus tüchtig. Die Beutel mit Gesteinsmehl wurden in gepanzerten Wagen weggefahren; noch beeindruckender, der verantwortliche Major hatte keine vorlauten Kommentare über die Absurdität der Operation abgegeben.
Binnen dreißig Minuten waren Hrunk und seine nun nicht mehr so wichtigen Leibwächterinnen wieder auf der Straße.
»Was heißt ›nicht wichtig‹?« Arla fuchtelte aufgeregt-erstaunt mit den Armen. »Nicht wichtig war, dieses… Zeug quer über den Kontinent zu geleiten.« Keine von beiden wusste, wie wichtig das Gesteinsmehl war, und sie hatten sich nicht geniert, ihre Verachtung dafür zu zeigen. Es waren gute Agentinnen, aber sie hatten nicht die Einstellung, die Hrunk gewohnt war. »Jetzt haben wir etwas Wichtiges zu bewachen.« Sie ließ eine Hand in Unnerbeis Richtung schießen, und hinter der guten Laune steckte etwas Ernstes. »Warum haben Sie uns nicht das Leben leicht gemacht und sind mit den Leuten des Majors gegangen?«
Hrunkner erwiderte das Lächeln. »Es ist noch über eine Stunde, ehe ich die Chefin treffe. Jede Menge Zeit, um zu Fuß zu gehen. Sind Sie nicht neugierig, Arla? Wie viel einfache Leute kriegen Calorica am Ersten Tag des Dunkels zu sehen?«
Arla und Brun machten daraufhin ein finsteres Gesicht, so blickten Mannschaftsdienstgrade drein, wenn sie sich dummem Verhalten gegenüber sahen, auf das sie keinen Einfluss hatten. Unnerbei hatte das oft genug in seinem Leben empfunden, obwohl er für gewöhnlich seine Missbilligung nicht derart deutlich gezeigt hatte. Die Sinnesgleichen hatten mehr als einmal demonstriert, dass sie zu Gewalt in anderer Leute Ländern bereit waren. Aber ich habe
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