Eine Tiefe Am Himmel
seine Entdeckung sorgfältig geheimgehalten, diesen ganz besonderen Blitzkopf aber im Laufe der nächsten Jahrzehnte benutzt. Ihre Fähigkeiten hatten dazu beigetragen, Onkel Alan zum vorherrschenden Hülsenmeister des Heimatregimes zu machen. Sie war ein sehr besonderes Geschenk an einen sehr bevorzugten Neffen gewesen…
Und obwohl er es Ritser Brughel gegenüber niemals eingestehen würde, manchmal empfand Tomas, wenn er Reynolt in die blassblauen Augen schaute… einen abergläubischen Schauder. Hundert Jahre ihres Lebens hindurch hatte Anne Reynolt daran gearbeitet, alles zunichte zu machen und zu unterdrücken, was ihrem unfokussierten Ich wichtig gewesen war. Wenn sie ihm schaden wollte, konnte sie so viel tun. Doch das war das Schöne am Fokus, das war der Grund, warum der Aufstieg die Oberhand behalten würde. Mit Fokus bekam man alle Fähigkeiten des Betreffenden ohne sein Menschsein. Und wenn er sorgfältig gewartet wurde, gehörten das ganze Interesse und die ganze Loyalität des Blitzkopfes auf Dauer seinem Arbeitsthema und seinem Besitzer.
»Gut, setzen Sie Ihre Leute dran, Anne. Sie haben ein Jahr Zeit. In den letzten Kilosekunden werden wir wahrscheinlich ein großes Schiff in niedriger Umlaufbahn brauchen.«
»Wissen Sie«, sagte Ritser, »ich denke, auf Seiten des Planeten entwickelt sich alles bestens. Bei den Sinnesgleichen haben ein, zwei Leute das Sagen. Wir werden wissen, wen wir verantwortlich machen können, wenn wir Befehle geben. Bei diesem eiterverdammten Einklang…«
»Stimmt. Im Einklang gibt es zu viele autonome Machtzentren; ihr nicht-souveränes Königtum, das sogar noch verrückter als Demokratie ist.« Nau zuckte die Achseln. »Es ist einfach Glückssache. Wir müssen nehmen, was wir zu lenken vermögen. Ohne das Cavorit hätten wir noch fünf Jahre Frist. Bis dahin hätte der Einklang ein ausgereiftes Datennetz, und wir könnten alles übernehmen, ohne dass jemand einen Schuss abgibt – mehr oder weniger das Ziel, auf dass ich in der Öffentlichkeit noch hoffe.«
Ritser beugte sich vor. »Und das wird unser größtes Problem sein. Wenn unsere Leute erst einmal merken, dass da in großem Stil Spinnen platt gemacht werden und ihre speziellen Freunde das Hauptziel sind…«
»Natürlich. Aber wenn man es richtig anpackt, müsste das Endergebnis als unvermeidliche Tragödie erscheinen, die ohne unsere Anstrengungen noch viel schrecklicher gewesen wäre.«
»Das wird noch heikler als die Sache mit Diem. Ich wünschte, Sie hätten den Krämern keinen größeren Zugang zu Ressourcen gegeben.«
»Es ist unvermeidlich, Ritser. Wir brauchen ihr logistisches Genie. Aber ich werde ihnen die komplette Rechenleistung des Netzes vorenthalten. Wir werden alle unsere Sicherheits-Blitzköpfe auf Wache holen, richtig intensiv überwachen. Wenn nötig, kann es ein paar tödliche Unglücksfälle geben.«
Er warf einen Blick auf Anne. »Apropos Unglücksfälle… sind Sie mit Ihrer Sabotage-Theorie weitergekommen?« Annes Unfall in der MRT-Klinik, der vielleicht keiner war, lag fast ein Jahr zurück. Ein Jahr, und keine Anzeichen für feindliche Aktivitäten. Natürlich hatte es auch vor dem Ereignis herzlich wenig Indizien gegeben.
Doch Anne Reynolt war unbeirrbar. »Jemand manipuliert unsere Systeme, Hülsenmeister, sowohl die Orter als auch die Blitzköpfe. Die Indizien sind über große Muster hinweg verstreut; es ist nichts, was ich in Worte fassen könnte. Aber er wird aggressiver… und bin sehr nahe dran, ihn festzunageln, vielleicht so nahe, wie ich es war, als er mich erwischte.«
Anne hatte die Erklärung, ein dummer Fehler habe ihr das Gedächtnis gelöscht, nie akzeptiert. Doch ihr Fokus war tatsächlich falsch abgestimmt gewesen, und sei es so geringfügig, dass es ihren eigenen Überprüfungen entgangen war. Wie paranoid sollte ich denn nun sein? Anne hatte Ritser vom Verdacht in dieser Affäre befreit. »Er? Ihn?«
»Sie kennen die Liste der Verdächtigen. Pham Trinli steht immer noch obenan. Im Laufe der Jahre hat er meine Techniker ausgequetscht. Und er war es, der uns das Geheimnis der Dschöng-Ho-Orter gegeben hat.«
»Aber Sie hatten zwanzig Jahre Zeit, sie zu untersuchen.«
Anne runzelte die Stirn. »Das Ensembleverhalten ist extrem komplex, und es gibt Fragen, die die physikalische Ebene betreffen. Geben Sie mir noch drei oder vier Jahre.«
Er warf Ritser einen Blick zu. »Meinung?«
Der Zweite Hülsenmeister grinste. »Das haben wir alles schon durch,
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