Eine Tiefe Am Himmel
immer Reibereien zwischen dem Landesschutz und dem Auslandsdienst gegeben. Die Außenleute spielten nach Regeln, die für Inlands-Operationen inakzeptabel waren, doch sie fanden immer Ausreden, wenn sie sich einmischten. In den letzten paar Jahren waren die Beziehungen zwischen Thrakt und Untersiedel besonders angespannt gewesen. Seit Thrakt die Sache in Südland vermasselt hatte, war viel leichter mit ihm umzugehen. Sogar der Weltuntergang hat ein paar kurzfristige Vorteile, dachte Belga missmutig.
Untersiedel blätterte durch die Tagesordnung. Gott, diese verrückten Ablenkungen. Oder vielleicht nicht: »Was halten Sie von diesen hoch fliegenden Phantomen?« Die Frage sollte keinen Streit einleiten; in Sachen Luftverteidigung dürfte Thrakt keine Probleme haben.
Thrakts Hände zuckten heftig und wegwerfend. »Nach all dem Geschrei hat die Luftverteidigung gerade mal drei Sichtungen gemeldet. ›Sichtungen‹ nennt sich das! Selbst jetzt, da wir über die Antigravitations-Fähigkeiten der Sinnesgleichen Bescheid wissen, können sie die Kupps immer noch nicht richtig lokalisieren. Jetzt behauptet der LV-Direktor, die Sinnesgleichen hätten eine Startbasis, von der ich nichts weiß. Sie wissen, dass die Chefin nicht locker lassen wird, dass ich sie finde… Verdammt!« Untersiedel konnte nicht sagen, ob das eine Wort die Zusammenfassung seiner Antwort war oder ob er gerade etwas Widerwärtiges in seinen Notizen entdeckt hatte. So oder so, Thrakt hatte ihr nichts mehr zu sagen.
Die anderen trudelten jetzt ein: Luftverteidigungs-Direktor Schachtweg (er nahm auf einem Gitter weit von Rachner Thrakt entfernt Platz), der Direktor für Raketenangriffe, der Direktor für Öffentlichkeitsarbeit. Die Chefin selbst trat ein, fast unmittelbar gefolgt von der Königlich Geheimen Finanzministerin.
General Schmid eröffnete die Versammlung und begrüßte die Finanzministerin förmlich. Auf dem Papier war Ministerin Nishnimor ihre einzige Vorgesetzte außer dem König selbst. In Wahrheit war Amberdon Nishnimor eine alte Freundin von Schmid.
Die Phantome standen als Erste auf der Tagesordnung, und es lief ungefähr so, wie Rachner Thrakt vorhergesagt hatte. Die Luftverteidigung hatte weiter an den drei Sichtungen gearbeitet. Schachtwegs letzte Computeranalyse bestätigte, dass es Satelliten der Sinnesgleichen waren, entweder kurze Aufklärungsflüge oder vielleicht sogar Tests eines lenkbaren Antigravitations-Projektils. Jedenfalls war keins davon zweimal gesichtet worden. Und keins war von einer der bekannten Startrampen gestartet worden. Der Direktor der Luftverteidigung wurde sehr nachdrücklich, was die Notwendigkeit kompetenter Bodenaufklärung auf dem Territorium der Sinnesgleichen anging. Wenn der Feind mobile Startanlagen hatte, war es unerlässlich, mehr über sie zu erfahren. Untersiedel erwartete halb, Thrakt würde explodieren angesichts der Implikation, seine Leute hätten abermals versagt, doch der Oberst schluckte den Sarkasmus des LV-Direktors und die erwarteten Befehle von General Schmid mit leidenschaftsloser Höflichkeit. Thrakt wusste, dass dies sein geringstes Problem war; der letzte Punkt auf der heutigen Tagesordnung würde die wahre Heimsuchung für ihn sein.
Anschließend die Öffentlichkeitsarbeit. »Tut mir Leid. Es ist unmöglich, eine Kriegs-Volksabstimmung abzuhalten, geschweige denn, sie zu gewinnen. Die Leute haben mehr Angst denn je, aber die zeitlichen Abläufe machen eine Volksabstimmung schlechthin undurchführbar.« Belga nickte; für diese Erkenntnis brauchte sie keinen Schmock von der Öffentlichkeitsarbeit. In sich war die Königliche Regierung eine ziemlich autokratische Sache. Doch im Laufe der letzten neunzehn Generationen, seit dem Bund des Einklangs, war ihre zivile Macht erschreckend eingeschränkt worden. Die Krone behielt das alleinige Anrecht auf ihre Erbländereien wie das Landeskommando und besaß eine beschränkte Steuerhoheit, doch sie hatte ihr ausschließliches Recht zum Drucken von Geld verloren, das Recht zur Legalenteignung, das Recht, ihre Untertanen zum Militärdienst zu verpflichten. In Friedenszeiten funktionierte der Bund. Die Gerichte funktionierten nach einem System von Geldstrafen, und die lokalen Polizeitruppen wussten, dass sie sich nicht zu viel herausnehmen durften, wenn sie nicht auf echte Feuerkraft treffen wollten. In Kriegszeiten – nun, dafür gab es die Volksabstimmung: um den Bund für eine gewisse Zeit außer Kraft zu setzen. Es hatte während des
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