Eine Tiefe Am Himmel
Verzögerung bei Operationen von L1 aus. Das war plausibel. Die Spinnen vor sich selbst zu retten, würde gewisse unglaubliche Betrügereien erfordern, vielleicht die Übernahme sämtlicher strategischer Waffensysteme.
Jau kam von seiner Schicht, als Kal Omo in Xins kleinem Büro gleich neben der Brücke der Hand aufkreuzte.
»Noch ein Auftrag, Pilotenverwalter.« Auf Omos schmalem Gesicht erschien ein humorloses Grinsen. »Nennen wir’s Überstunden.«
Sie nahmen ein Taxi zum Felshaufen hinunter, aber nicht nach Hammerfest. Hinter der Wölbung von Diamant Eins, eingebettet in Eis und Diamant, lag der Eingang zu L1-A. Zwei weitere Taxis hatten bereits bei der Schleuse des Arsenals festgemacht.
»Sie haben die Waffeninstallationen der Hand studiert, Pilotenverwalter?«
»Ja.« Xin hatte alles auf der Hand studiert, ausgenommen Brughels Privaträume. »Aber sicherlich wäre jemand von der Dschöng Ho besser vertraut…«
Omo schüttelte den Kopf. »Das ist keine passende Arbeit für einen Krämer, nicht einmal für Trinli.« Sie brauchten einige Sekunden, um die Sicherheitsanlagen der Hauptschleuse zu passieren, doch als sie erst einmal drin waren, hatten sie freien Zugang zum Waffenbereich. Ihnen schlug der Lärm von Maschinen und Schneidegeräten entgegen. Die gedrungenen eiförmigen Gegenstände, die an den Wänden aufgereiht waren, trugen das Waffenzeichen – das uralte Dschöng-Ho-Symbol für Nuklearsprengköpfe und Lenkenergie-Waffen. Jahrelang hatten Gerüchte darüber spekuliert, wie viel davon wohl bei L1-A noch vorhanden war. Jetzt würde Jau es selbst sehen.
Omo führte ihn eine Kriechschiene entlang, vorbei an unbeschrifteten Containern. In L1-A gab es keine Gemeinbilder. Und das war einer der wenigen Orte bei L1, wo keine Dschöng-Ho-Orter verwendet wurden. Die Automatik war einfach und idiotensicher. Sie kamen an Rei Ciret vorbei, der eine Gruppe von Blitzköpfen beaufsichtigte, welche eine Art Bombenträger bauten. »Wir werden die meisten von diesen Waffen an Bord der Unsichtbare Hand bringen, Herr Xin. Im Laufe der Jahre haben wir Teile zusammengebastelt, versucht, so viel einsatzfähige Geräte wie möglich herzustellen. Wir haben unser Möglichstes getan, doch ohne Werkstätten ist das nicht besonders viel.« Er zeigte auf etwas, das wie Dschöng-Ho-Antriebseinheiten aussah, die an taktische Nuklearsprengköpfe der Aufsteiger angepasst worden waren. »Zählen Sie. Achtzehn Kurzstrecken-Atomraketen. In den Containern haben wir die Eingeweide von einem Dutzend Waffenlasern.«
»Ich… ich verstehe nicht, Hülsensergeant. Sie sind ein Waffenführer. Sie haben Ihre eigenen Fachleute. Welchen Zweck soll es haben, wenn…«
»… wenn ein Pilotenverwalter sich mit derlei Dingen befasst?« Wieder das humorlose Lächeln. »Um die Spinnenzivilisation zu retten, kann es durchaus notwendig werden, dass wir von der Unsichtbare Hand in niedriger Umlaufbahn aus diese Dinger einsetzen. Die Installation und die Auslösesequenzen werden für Ihre Piloten sehr wichtig sein.«
Xin nickte. Einiges davon hatte er durchdacht. Der wahrscheinlichste Beginn eines Krieges, der den Planeten umbringen würde, war die gegenwärtige Krise am Südpol der Spinnen. Nach ihrer Ankunft würden sie fünftausenddreihundert Sekunden diese Gegend überqueren, und kleinere Flugkörper würden das Gebiet fast ständig bestreichen. Das mit den Lasern hatte Tomas Nau schon angekündigt. Und was die Sprengköpfe betraf… vielleicht würden sie sich beim Bluffen als nützlich erweisen.
Der Hülsensergeant setzte die Führung fort und legte die Grenzen jedes einzelnen wiederhergestellten Geräts dar. Die meisten von den Waffen waren Hohlladungsgeschosse, und Omos Blitzköpfe hatten sie zu groben Bunker brechenden Bomben mit Tiefenwirkung umgebaut. »… und wir werden die meisten Datennetz-Blitzköpfe an Bord der Hand haben. Sie werden Feuerleitinformationen für unsere Manöver liefern; wir werden vielleicht erhebliche Bahnänderungen vornehmen müssen, je nach den Zielen.«
Omo redete mit der Begeisterung eines Mannes von der Technischen Truppe und ließ Jau schon bald kein Schlupfloch mehr. Ein Jahr lang hatte Jau die Vorbereitungen mit zunehmender Angst beobachtet; es gab Einzelheiten, die man ihm nicht verheimlichen konnte. Doch für jede Möglichkeit von Heimtücke hatte es immer eine plausible Erklärung gegeben. Er hatte sich so verbissen an diese ›plausiblen Erklärungen‹ geklammert. Sie ermöglichten es ihm, einen
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