Eine Tiefe Am Himmel
das von der Schleuse wegtrieb. Soll Pham Nuwen seine Zielübungen an den Toten machen.
Der Druck in der Schleuse stieg rasch auf den Normalwert. Nau drückte die Innenluke auf und zog Ali Lin hindurch in den Korridor dahinter. Der alte Mann murmelte, halb bei Bewusstsein. Wenigstens hatten seine Blutungen aufgehört. Stirb mir nicht weg, verdammt. Momentan war Ali wertloses Fleisch, doch auf lange Sicht war er ein Schatz. Auch wenn er ihn nicht verlor, konnte es teuer genug werden.
Er schob Ali sanft den langen Korridor entlang. Die Wände ringsum waren grüner Kunststoff. Dies war der Sicherheitsbunker an Bord der Gemeinwohl gewesen. Dort hatte seine unregelmäßige Form Sinn gehabt; jetzt machten seine monolithische Konstruktion und seine Panzerung seinen Wert aus, etliche Meter Kompositwerkstoffe mit dem Schmelzpunkt von Wolfram. Alle Feuerkraft, über die Pham Nuwen verfügte, brachte ihn nicht hier herein.
Bis vor ein paar Tagen hatte der Bunker die meisten verbliebenen schweren Waffen im EinAus-System enthalten. Jetzt war er fast leer, ausgeschlachtet, um die Mission der Unsichtbare Hand zu unterstützen. Egal. Nau hatte sorgsam darauf geachtet, dass genug Nuklearsprengköpfe zurückblieben. Wenn nötig, konnte er das alte, alte Spiel der totalen Katastrophenverwaltung spielen.
Was also war zu retten? Er besaß nur eine ganz nebelhafte Vorstellung, wie viel Pham Nuwen in seiner Gewalt hatte. Für einen Moment bebte Nau. Sein Leben lang hatte er solche Männer studiert, und jetzt stand er gegen einen von ihnen. Doch indem ich gewinne, werde ich umso größer sein. Ein Dutzend Dinge musste getan werden, und er hatte dafür nur Sekunden. Nau ließ Ali los, sodass er in der Mikroschwerkraft des Felshaufens langsam fiel. Ein Sprechgerät und eine lokale Datenbrille waren mit Greiffilz neben der Tür befestigt. Er griff sie sich und sprach kurze Befehle. Die Automatik hier war primitiv, doch sie würde genügen. Jetzt konnte er aus dem Bunker hinaussehen. Das Temp der Krämer stand überm Horizont, und es gab keinen Taxiverkehr, keine Gestalten in Raumanzügen, die sich um die Oberfläche des Felshaufens herum näherten.
Er tauchte durch den freien Raum, lud ein kleines Torpedo aus. Das Signal in der Ecke seines Gesichtsfeldes sagte ihm, dass sein Anruf in Hammerfest durchgekommen war. Das Ringmuster verschwand, und Phams Stimme ertönte in seinem Ohr.
»Nau?«
»Auf Anhieb richtig, mein Herr.« Nau dirigierte den Nuklearsprengkopf herüber zu dem Startrohr, das Kal Omo erst vor fünfunddreißig Tagen installiert hatte. Damals war das als wahnsinnige Vorsichtsmaßnahme erschienen. Jetzt war es seine letzte Chance.
»Es ist Zeit, dass Sie sich ergeben, Hülsenmeister. Meine Kräfte haben den ganzen Raum von L1 unter Kontrolle. Wir…«
In Phams Stimme lag ruhige Gewissheit, nichts von der Angeberei des alten Pham Trinli. Nau konnte sich vorstellen, dass diese Stimme gewöhnliche Leute in ihren Bann schlug, sie führte. Doch Tomas Nau war selbst ein Profi. Es machte ihm keine Mühe, dem anderen ins Wort zu fallen: »Im Gegenteil, mein Herr. Ich verfüge über die einzige Macht, die zählt.« Er berührte die Tasten beim Startrohr. Es gab einen dumpfen Knall, als Druckluft aus dem oberen Ende strömte und den Schnee wegblies. »Ich habe eine taktische Kernwaffe programmiert und geladen. Das Ziel ist das Krämertemp. Es ist eine improvisierte Waffe, doch ich bin mir sicher, dass sie genügen wird.«
»Das können Sie nicht machen, Hülsenmeister. Dreihundert von ihren eigenen Leuten sind dort drüben.«
Nau lachte sanft. »Ich, ich kann durchaus. Ich verliere eine Menge, aber ich habe immer noch ein paar Leute im Kälteschlaf. Ich… Sind Sie wirklich Pham Nuwen?« Die Frage rutschte heraus, wie unwillkürlich.
Es gab eine Pause, und als Nuwen sprach, klang er besorgt. »Ja.« Und du machst alles selber, nicht wahr? Das ergab Sinn. Eine gewöhnliche Verschwörung wäre schon vor Jahren entdeckt worden. Es waren nur Pham Nuwen und Ezr Vinh, von Anfang an. Wie ein einzelner Mann, der seinen Wagen quer über einen Kontinent zieht, hatte Nuwen beharrlich sein Ziel verfolgt, hatte beinahe gesiegt. »Es ist eine Ehre, Ihnen zu begegnen, mein Herr. Ich habe Sie viele Jahre lang studiert.« Während er sprach, rief Nau ein Bild mit der Diagnostik des Torpedos auf. Er schaute genau die Startschiene entlang; das Rohr war frei. »Ihr einziger Fehler ist vielleicht, dass Sie das Hülsenmeister-Ethos nicht vollends
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