Eine tödliche Erinnerung (German Edition)
verneinen und Gernot klärte mich auf, dass eindeutig Brandstiftung vorlag. Es war ein Brandbeschleuniger verwendet worden und das Feuer hatte sich sehr schnell ausgebreitet. Brutus hatte mir das Leben gerettet, hätte er mich nicht geweckt, wäre ich wohl nicht mehr rechtzeitig aus dem Haus gekommen.
"Es tut mir so leid, Iris", sagte Gernot, "wir haben die Drohungen gegen dich durchaus ernst genommen und hatten regelmäßig ein Auge auf das Haus. Doch wir haben nicht mit einer derartigen Eskalation gerechnet. Niemand hat erwartet, dass der Täter derart rücksichtslos vorgehen würde."
"Du meinst, die gleiche Person, die mir die Ratte in den Briefkasten gesteckt hat, ist auch der Brandstifter?"
"Im Moment gehen wir davon aus. Diese Person hat Spuren hinterlassen, die uns hoffentlich sehr bald zu ihr führen werden. Wo wirst du jetzt eigentlich wohnen?"
"Zunächst einmal in der Praxis, bis ich etwas Neues gefunden habe."
"Das ist gut, ich werde in den nächsten Tagen sicher öfter auf dich zukommen müssen. Eine kleine Überraschung habe ich noch für dich." Gernot öffnete die Tür seines Wagens und förderte meine Tasche zu Tage. "Die lag in deinem Wohnzimmer, in dem Teil des Hauses, der nicht komplett ausgebrannt ist. Von deinen Sachen wirst du allerdings nichts retten können, was nicht verbrannt ist, haben das Wasser und der Rauch unbrauchbar gemacht."
Wie Recht er damit hatte, merkte ich an dem stechenden Geruch, den meine Tasche verströmte. Aber meine Brieftasche mit allen Papieren war vorhanden, was mir eine Menge Laufereien ersparen würde. Auch mein Handy hatte seinen Geist nicht aufgegeben, und erinnerte mich an meine unangenehme Pflicht Frau Kruse, die Tochter von Frau Lehmann, anzurufen. Ich setzte mich ins Auto, atmete tief durch und wählte die Nummer. Der Zeitpunkt war gut gewählt, denn ich hatte sie sofort am Apparat und sie teilte mir auf meine Nachfrage hin mit, dass ihre Mutter noch ihren Mittagsschlaf halten würde. Das war günstig, so konnten wir erst einmal ungestört reden. "Ist etwas mit Brutus nicht in Ordnung?", fragte sie und wenigstens in diesem Punkt konnte ich sie beruhigen.
Auf meine Mitteilung über den Brand reagierte sie in völlig unerwarteter Weise. "Oh, das ist ja ein Zufall", sagte sie und fast glaubte ich, so etwas wie Genugtuung in ihrer angenehmen Stimme wahrnehmen zu können. Sie fing sich sofort und erkundigte sich sehr einfühlsam nach meinem Befinden. "Ich werde vorbeikommen, aber erst morgen im Laufe des Tages. Wo kann ich Sie antreffen?", wollte sie dann wissen. Ich nannte ihr die Anschrift der Praxis. Nachdem sie mir noch versichert hatte, dass ich mir hinsichtlich der Reaktion ihrer Mutter überhaupt keine Sorgen machen müsste, verabschiedeten wir uns. Was für eine taffe Person! Eine Reaktion, so kühl und beherrscht wie die Stimme mit dem schönen norddeutschen Akzent. Mir fiel ein ganzer Steinbruch vom Herzen, weil das Gespräch so unkompliziert verlaufen war.
Am Haus gab es für mich nichts mehr zu tun und so beschloss ich, mit Tobias ins Zentrum zu fahren und mir erst mal etwas zum Anziehen zu kaufen. Brutus durfte ich bei den Nachbarn lassen, sie versprachen, sich gut um ihn zu kümmern. In einem Einkaufscenter erwarb ich in Windeseile eine Jeans, eine Leinenhose, diverse T-Shirts und Unterwäsche. Tobias zeigte sich tief beeindruckt. "Noch nie habe ich eine Frau so zügig einkaufen sehen", sagte er.
Wir fuhren dann in seine Wohnung, das heißt in die Wohnung eines für ein Jahr in China weilenden Kollegen, die Tobias vorübergehend nutzte. Alles darin sah sehr modern und sehr teuer aus, auf mich machte es jedoch einen unterkühlten Eindruck. Im Wohnzimmer befanden sich außer einem überdimensionalen Sofa lediglich ein paar Regale und sehr viel Technik. Die ebenfalls hypermoderne Küche wirkte als würde ihre Bedienung einen Führerschein erfordern. Tobias bot tatsächlich an, uns etwas zu kochen, doch mir bereitete der Gedanke, diese Küche durch eine so profane Tätigkeit wie Kochen zu entweihen, Unbehagen. Also bestellten wir uns Pizza und ließen uns damit auf dem riesigen Sofa nieder.
Nachdem wir gegessen hatten, kamen wir fast zwangsläufig wieder auf die Ereignisse der vergangenen Nacht zu sprechen. Tobias war sauer auf Johannes, weil sich dessen Computerproblem in seinen Augen als Farce erwiesen hatte. "Darauf hätte er wirklich allein kommen müssen", schimpfte er. "Hätte er mich nicht so bekniet, wie wichtig das wäre, hätte ich dich
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