Eine tollkuehne Lady
mir.“
„Ich verstehe.“ Georgie nickte dankend, dann stupste sie Matthew ein wenig an und lächelte ihm liebevoll zu. „Ich habe gerade einen ganz großartigen Einfall, Matthew. Möchtest du ihn hören?“
Er nickte und wischte sich die Augen trocken. Georgie holte ihr Taschentuch heraus und hielt es ihm vor die Nase. „Schnauben.“
Er tat es, und sie putzte ihm die Nase.
„Mein Vorschlag lautet: Wir besuchen deinen Papa im Parlament!“
Das Mädchen holte hörbar Luft. „Zum Parlament gehen, Miss?“
Georgie sah sie an. „Ja. Ich wage zu behaupten, dass das äußerst lehrreich wäre. Es gibt doch eine Galerie für Besucher, oder?“
„Ja, Miss, aber Damen lassen sie selten hinein, und ein Kind ...“
Georgie lächelte Matthew mitfühlend an, während sie ihm übers Haar strich. „Ja, aber vergiss nicht, dass dieses spezielle Kind eines Tages einen wichtigen Sitz im Oberhaus einnehmen und ganz viele Bezirke kontrollieren wird. Wir werden nur kurz hineinschauen, nicht wahr? Gerade lange genug, damit mein kleiner Lord Aylesworth sehen kann, dass sein Papa wirklich hart arbeitet und ihn nicht grundlos allein lässt.“
Sie war sicher, dass das dem Jungen helfen würde, zu glauben, dass er nicht wirklich allein war, auch wenn er sich manchmal so fühlte.
„Wie findest du das, mein Junge?“
Matthews Miene hatte sich aufgehellt. Er hatte die Brauen hochgezogen, und sein Mund bildete ein „O“.
Georgie lachte. „Ich deute das als Ja. Los, du Schlingel. Würdest du mit uns nach Whitehall kommen und dafür sorgen, dass auch einer der Diener uns begleitet?“, fragte sie das Mädchen.
„Ja, Miss. Und ich werde dem Kutschenhaus Bescheid geben, dass sie den Gig vorbereiten.“
Georgie nickte dankend und erhob sich dann, wobei sie Matthews Hand festhielt. Er blickte sie aus großen ernsten braunen Augen an.
Diese Augen muss er von Catherine haben, dachte Georgie, denn Ians Augen sind graugrün. Das Gefühl, von dem ursprünglichen Prescott-Trio ausgeschlossen zu sein, versetzte ihr einen Stich, aber sie ignorierte das.
Was spielte es für eine Rolle, wessen Kind er war? Er litt, und sie konnte ihm etwas Gutes tun.
„Auf, mein Lieber, wir müssen deine Schuhe suchen.“ Georgie bückte sich und zwinkerte ihm zu. „Wir stürzen uns in ein Abenteuer.“
13. Kapitel
Als Matthew zusammen mit Georgie und den Dienstboten, die sie begleiteten, im offenen Gig durch das geschäftige Whitehall fuhr, um nach Westminster Hall am Ufer der Themse zu gelangen, wo das Parlament tagte, hatte sich seine Stimmung erheblich gebessert.
Die Sonne schien, und die Junibrise spielte mit den Bändern, die Georgies Haube hielten. Es dauerte nicht lange, und der einspännige Gig kam quietschend vor dem belebten New Palace Yard zum Stehen, gerade als die gewaltigen Glocken von Westminster einmal schlugen, um die halbe Stunde zu verkünden.
Der Kutscher blieb beim Wagen, während Scott, der Diener, dem Jungen und den beiden Frauen beim Aussteigen half. Dann gingen alle vier - Georgie und Matthew, der Diener und das Kindermädchen Sally - auf den mittelalterlichen Komplex zu, der aus einer Ansammlung alter Gebäude bestand. Georgie sah auf und betrachtete vom Wetter gezeichnete graue Spitzen und achteckige Türme, ehe Scott sie in das zweistöckige Gebäude führte, dem Court of Requests, wo im oberen Stockwert das Oberhaus tagte.
Vor dem imposanten Eingang jedoch blieb Georgie stehen, bückte sich und zupfte Matthews Jäckchen zurecht. Dann nahm sie ihm die Mütze ab und drückte sie ihm in die Hand. „Hüte ab. Schuhe an“, erinnerte sie ihn streng.
Er kicherte.
„Also dann, mein Kleiner“, sagte sie und strich ihm das zerzauste Haar glatt, „du musst versprechen, so still wie ein Mäuschen zu sein, wenn wir erst mal drinnen sind. Wenn du brav bist, essen wir hinterher bei Gunther’s ein Eis.“
„Mit Papa?“
„Vielleicht. Komm, sehen wir es uns an.“
Er schob seine Hand in ihre, und sie betraten die Lobby, gefolgt von Sally und Scott. Es war still dort, und das war kein Wunder, fand Georgie. Kaum jemand interessierte sich an so einem milden Frühlingstag für Politik. Die Dienstboten traten respektvoll zurück an die dunkel getäfelte Wand, während Georgie und Matthew ein paar Schritte weiter vorgingen, Hand in Hand. Gleich darauf kam ein Beamter in einer altmodischen Uniform in Ebenholzschwarz zu ihnen und fragte nach ihrem Begehren. Georgie erklärte sofort, wer sie war und wer Matthew war.
Der
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