Eine tollkuehne Lady
dass Matthews Miniaturporträt, das Ian seit seiner Abreise aus Janpur vermisst hatte, in der Tasche des Toten gefunden worden war. Außerdem war es hilfreich, dass mehrere Augenzeugen alles beobachtet hatten, und ihre Aussagen mit Ians übereinstimmten.
Dann verschaffte ihnen die Karte, die sie in der Satteltasche des Pferdes gefunden hatten, weitere Informationen, indem sie so auf die Adresse von Sir Bertram Driscoll stießen. Gerade aus Indien eingetroffen, lieferten ihnen der Nabob und seine indischen Diener eine umfassende Schilderung der Geschichte, wie Firoz sich auf der Reise zu ihnen gesellt hatte. Der Rest des Personals berichtete von der Angst und dem Misstrauen, das sie Firoz gegenüber von Anfang an gehegt hatten.
Zwar schwor Sir Bertram den Beamten des Außenministeriums, dass Firoz allein gereist war, doch Ian war nicht ganz davon überzeugt, dass Königin Sujana nicht noch weitere Mörder geschickt hatte, um sich zu rächen.
Tatsächlich schockierte es Ian, dass sie so weit ging zu versuchen, ihm seinen Sohn als Rache für den Tod von Prinz Shahu zu nehmen. Wahnsinnige Frau! Aber gut. Wahrscheinlich war es ohnehin nur eine Frage der Zeit gewesen, bis irgendein Machthaber Ian persönlich dafür bestrafen wollte, dass er Vereinbarungen ausgehandelt hatte, die nicht immer zu jedermanns Zufriedenheit ausfielen.
Endlich erhielt Ian zu seiner Erleichterung den Bescheid, dass keine Anklage gegen ihn erhoben wurde.
Dies, so schlossen die Behörden, war ein klarer Fall von Notwehr und Selbstverteidigung gewesen, da der Mann versucht hatte, Ian zu erwürgen. Ian versicherte ihnen, dass er weiterhin mit ihnen Zusammenarbeiten würde, wenn es nötig sein sollte, und sagte ihnen, wo sie ihn erreichen konnten - entweder in Winterhaven oder auf seinem eigenen Anwesen in Cumberland.
Er hatte vor, sich außerhalb Londons aufzuhalten, bis das sensationslüsterne Gerede sich ein wenig gelegt hatte. Er war sicher, dass es sich bis zum Abend in der ganzen Stadt herumgesprochen haben würde, dass der sanftmütige Marquess of Griffith am helllichten Tage den Mann umgebracht hatte, der seinen Sohn hatte entführen wollen. Er glaubte nicht, dass ihm jemand deswegen einen Vorwurf machen würde, aber er wusste auch, dass die Leute entsetzt sein würden zu hören, dass er zu so etwas fähig war. Er hatte keine Lust, in London zu bleiben und ihre Fragen zu beantworten. Er konnte sich das Gerede auch so sehr gut vorstellen: Wo hatte er so etwas gelernt? Hatte er je zuvor jemanden umgebracht? Zurückhaltend, wie er war, erschauerte er bei dem Gedanken daran, dem Drängen der Leute, das zweifellos kommen würde, standhalten zu müssen.
Nein, am wichtigsten war es jetzt, bei seinem Sohn und seiner Verlobten zu sein und dafür zu sorgen, dass beide sich in Sicherheit befanden und sich erholten - von dem, was geschehen war und was sie erlebt hatten.
Als er gegen Sonnenuntergang das Haus des Richters verließ, aßen Lucien und er noch etwas und brachen dann auf, ritten zu Pferde durch die kühle Nacht.
Mehrere Meilen lang hatte keiner von ihnen gesprochen, alles war an diesem erschöpfenden Tag gesagt worden, und jeder hing den eigenen Gedanken nach.
Die Straße, die in westlicher Richtung von London wegführte, erstreckte sich vor ihnen im matten Schein des Mondes wie ein silbernes Band, und Ian dachte immer noch an Georgiana. Wie sie ihn angesehen hatte nach dem Kampf. Wie sie die Hand nach ihm ausgestreckt und dann innegehalten hatte. Angst gehabt hatte, ihn zu berühren. Ian wusste, er würde das nicht aushalten können. Er war an eine Georgiana gewöhnt, die die Finger nicht von ihm lassen konnte. Sie hatte ihn süchtig gemacht nach ihrer grenzenlosen Zärtlichkeit, und wenn sie ihm das jetzt wegnähme, würde er sterben. Eine solche Liebe hatte er nie zuvor erfahren.
Es quälte ihn daran zu denken, dass Georgie ihn abweisen könnte, aber was Lucien vor ein paar Stunden zu ihm gesagt hatte, war sehr beruhigend gewesen. Als Ian seinen Freund gefragt hatte, ob seiner Meinung nach das, was er getan hatte, falsch gewesen wäre, hatte Lucien geantwortet: „Ich kann dir nur sagen, dass ich dasselbe getan hätte, genau wie alle meine Brüder. Und ich wette, Georgianas Brüder hätten sich genauso verhalten.“
Er war überzeugt, dass Lucien recht hatte, und das bekräftigte ihn in seiner Entschlossenheit, sich um ihre Wertschätzung zu bemühen, selbst wenn er drastische Maßnahmen ergreifen müsste. Seine Arbeit und seine
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