Eine Tote im Arm
?«
»Sie
sind total verrückt !« fuhr er mich an.
»Meiner
Meinung nach keineswegs, Nick.« Robuts schwabblige
Kinne zitterten bei dem Gedanken eines Wortstreits mit seinem Chef vor
Verlegenheit. »Ich will sagen, wir alle kennen Mr. Holmans Ruf und seine Tätigkeit. Er muß einige gute Gründe für seine geheimnisvollen
Reden über ein in irgend jemandes Strandhütte gestern nacht ermordetes Mädchen haben.
Vielleicht erzählt er uns etwas darüber .«
Er
sah mich erwartungsvoll an, während seine weißen Zähne durch sein aufgenietetes Lächeln blitzten. »Wie wär’s, Mr. Holman ? Meiner Meinung nach wäre es nur fair, wenn Sie es
täten. Finden Sie nicht ?«
Ich
sah Fessler verdrossen an. »Sie waren doch gestern nacht bei Marty Jennings auf der Party. Gegen vier
Uhr früh war der englische Schauspieler, dieser Robert Giles, so blau, daß er
das Bewußtsein verlor und Sie ihn in Sammy Westins Wagen schaffen halfen, worauf ihn Sammy zu Edwina
Ballard nach Hause fuhr. Stimmt’s ?«
»Das
stimmt«, sagte er.
»Das
habe ich mir gedacht, daß Sie das sagen werden«, erwiderte ich ihm. »Sie haben
natürlich niemals eine tolle Blonde namens Dixie spät
auf der Party erscheinen, sich die Kleider ausziehen und ein bißchen tanzen
sehen? Und Sie haben sie auch später nicht, mit Giles im Schlepptau, abhauen
sehen ?«
»Nein!«
»Daß
Sie das sagen werden, habe ich mir ebenfalls gedacht«, seufzte ich. »Ich bin
deshalb gezwungen, Sie nunmehr einen verdammten Lügner zu nennen, Nick .«
»Wie,
bitte?« Er sah aus, als habe er eben nicht recht gehört.
»Sie
sind ein verdammter Lügner, Nick«, wiederholte ich, »genau wie die übrigen, und
ich möchte gern wissen, warum ?«
»Waren
Sie gestern nacht auf der Party, Mr. Holman ?« keuchte Robut rasch.
»Nein!«
»Dann
behauptet also ein anderer, daß Nick ein Lügner ist ?« Er schüttelte sorgenvoll sein Haupt, wobei seine sämtlichen Kinne in
schwabbelndes Wehklagen ausbrachen. »Wer ist derjenige — der Mensch, der Nick
beschuldigt, nicht die Wahrheit zu sagen ?«
»Robert
Giles«, sagte ich ihm, da ich mit Sicherheit annahm, daß er es bereits wußte.
»Und
wie lautet seine Version der Wahrheit ?« drang er
weiter.
Ich
wiederholte die Schilderung des Schauspielers von dem Mädchen, der Hütte und
des Mordes. Je länger ich mich die Geschichte erzählen hörte, um so unwahrscheinlicher klang sie, wie ich mir verdrossen
eingestehen mußte. Als ich geendet hatte, zuckte Robut die Schultern mit einer Bewegung, die an einen Bergrutsch erinnerte, und
streckte seine dicklichen Hände in einer um Vernunft flehenden Geste vor seinem
gigantischen Bauch aus.
»Ich
finde es köstlich, daß Sie eine sowenig wahrscheinliche Geschichte wie diese ohne Bedenken glaubwürdig finden, Mr. Holman .« Er kicherte heiser. »Selbst
wenn ich in Rechnung stelle, daß Sie dafür bezahlt worden sind, um sie zu
glauben.«
»Möglicherweise
könnte ich die ganze Geschichte als eine alkoholische Fata Morgana
abschreiben«, sagte ich kalt, »wenn da nicht ständig all diese merkwürdigen
Zufälligkeiten wären .«
»Zum
Beispiel ?« erkundigte sich Fessler.
»Zum
Beispiel, daß ich zu Ihrer Strandhütte dirigiert wurde, während ich mich nach
Marty Jennings Hütte erkundigt hatte«, brummte ich. »Zum Beispiel, daß der
ganze Bums mit Ausnahme dieses Fußbodens, der vor kurzem saubergeschrubbt
worden ist, total verstaubt ist. Und zum Beispiel, daß Sie beide, kaum bin ich
knapp fünf Minuten hier, auftauchen.«
Fessler
rieb die Spitze seiner spitzen Nase einige Sekunden mit dem Handrücken, dann
drehte er sich um, um den gewaltigen Fleischhaufen hinter sich zu betrachten.
»Die
Sache gefällt mir nicht, Russ «, sagte er mit
scharfer, kalter Stimme. »Giles ist ein notorischer Säufer: Wen interessiert es
also schon, ob er mit seinen alkoholdurchtränkten Alpträumen hausieren geht?
Aber wenn er einen Burschen wie Holman anheuert, um
seine Nase in anderer Leute Angelegenheiten zu
stecken, beginnt die Sache wesentlich anders auszusehen. Manche Leute könnten
auf die Idee kommen, Holman sei der Meinung, der Saufkopf erzähle die Wahrheit, und würde sogar anfangen,
den ganzen Quatsch über die angebliche Ermordung irgendeines Frauenzimmers
ernst zu nehmen. Was dann passiert, wissen Sie? Irgend jemand wird erklären, Nick Fessler sei ein
Lügner. Stimmt’s nicht ?«
»Nick«,
sagte der Fettsack mit entsetztem Flüstern, »ich fürchte, Sie haben in jeder
Hinsicht recht
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