Eine Tote im Arm
»Robert Giles habe das
Mädchen so zugerichtet, behauptete Nick, und Sie haben ihm das ebenfalls
geglaubt. Sie müssen ein sehr vertrauensvoller Mann sein, Mr. Jennings .«
Der
selbstgestrickte Idealist, der sich nur rein zufällig bei jedem Film, den er
machte, dumm und dußlig verdiente, schien in seinem
Stuhl ein wenig zusammenzuschrumpfen.
»Tut
mir leid«, sagte er ein paar Sekunden später mit leiser Stimme. »Es liegt nur
daran, daß in den letzten zwanzig Jahren niemand mit mir auf diese Weise
gesprochen hat, Mr. Holman . Sie können sich wohl
denken, daß das eine gewisse spontane Reaktion zur Folge hat ?« Seine Zähne gruben sich noch ein wenig tiefer in das Pfeifenrohr. »Aber jetzt
habe ich mich den Umständen angepaßt . Zögern Sie
nicht, mich weiterhin zu beleidigen, wenn Sie das beabsichtigen .«
»Nach
wie vor ist mein Kunde unser gemeinsames Problem, Mr. Jennings«, sagte ich.
»Mir wäre es lieber, wir würden uns gemeinsam den Kopf über eine mögliche
Lösung zerbrechen .«
»Hübsch
ausgedrückt, Mr. Holman . Haben Sie im Augenblick eine
Idee ?«
Ich
brachte mein Rückgrat in eine bequemere Position und dachte, falls dies dem
spastischen Schwan Schwierigkeiten bereitete, es, weil er sich anmaßte, als
Stuhl zu gelten, in erster Linie seine eigene Schuld war.
»Als
erstes irgendwann heute nachmittag einen wütenden
Anruf bei Nick Fessler«, schlug ich vor. »Vor allem eine Weigerung, noch mehr
Geld zu bezahlen. — Ich nehme an, Sie haben bereits eine Anzahlung geleistet ?«
»Fünfundzwanzigtausend«,
sagte er.
»Dann
Entrüstung darüber, daß Sie betrogen wurden, einige handfeste Beschimpfungen
und schließlich triumphierende Befriedigung, weil Sie wissen, daß er seinen
verdienten Lohn erhalten wird.«
»Zum
Beispiel ?« sagte er schroff.
»Das
Vergnügen bei dem Gedanken läßt Sie ein wenig indiskret werden«, sagte ich.
»Sie erzählen ihm, Holman erbringe Giles positive
Beweise dafür, daß das Mädchen keineswegs von ihm ermordet worden sei. Diese
Beweise würden gegen acht Uhr heute abend bei Edwina
Ballard abgeliefert .«
»Und
dann bereue ich meine Indiskretion ?«
»Genau!«
»Ein
etwas allzu offensichtlicher Köder, Mr. Holman ,
nicht?«
»Stimmt,
Mr. Jennings. Nick wird ohnehin wissen, daß ich dazu gar nicht in der Lage sein
werde .«
»Nein?«
Er starrte mich verdutzt an. »Warum wollen Sie dann... ?«
»Weil
ich glaube, das wird die beste Garantie dafür sein, daß er kommt«, sagte ich
wahrheitsgemäß. »Er möchte doch sehen, wie ich den größten Hereinfall seit den
Tagen der Stummfilmkomödie erlebe .«
Er
nahm die Pfeife aus dem Mund und fingerte mit beiden Händen an ihr herum. »Ich
glaube mich zu erinnern, gesagt zu haben, daß sich sowohl dieses Studio als
auch die Filmindustrie eigentlich nicht leisten können, Bobby Giles’ Alpträume
zu tolerieren .« Er schüttelte bedächtig den Kopf. »Was
ich damit natürlich sagen will, ist, daß auch keiner von beiden sich länger
leisten kann, einen Nick Fessler zu tolerieren. Gibt es noch etwas, das ich für
Sie tun kann, Mr. Holman ?«
»Nun—«,
ich erhob mich von dem spastischen Schwan, »wenn Sie nichts dagegen haben, daß
ich offen rede, Mr. Jennings, ich glaube, Sie sollten wegen Ihrer geradezu
zwanghaften Neigung, jedermann, den Sie kennenlernen, zu vertrauen, einen
Psychoanalytiker auf suchen.«
Der
Pfeifenstiel knackte etwa im selben Augenblick, als ich die Tür erreichte, fein
säuberlich auseinander.
Ich
nahm einen dieser gemächlichen Lunchs auf Spesenrechnung zu mir, die mit einem
Martini beginnen und in der frommen Hoffnung enden, daß sich irgendwo ein
Spesenkonto findet, das die Kosten übernimmt. Dann ging ich nach Hause, weil
ich dort im Liegen telefonieren konnte, ohne daß irgendeine alte Jungfer
deshalb die Polizei benachrichtigte.
Mein
Haus machte einen verlassenen Eindruck, was in Anbetracht dessen, wie oft ich
es kürzlich verlassen hatte, begreiflich war. Ich trug das Telefon zu meiner
Couch (sie hat keinerlei Rücklehnen, etwas, was man angeblich in Bordells niemals antrifft), legte mich darauf und wählte
eine Nummer.
Ich
hörte anerkennend zu, wie die Elektronenrechnerstimme energiegeladen sagte:
»Hier Büro Bruce Milford .«
»Hallo, Hyacinth «, sagte ich träumerisch.
»Ach,
du bist’s «, sagte die Stimme kalt.
»Ist
Mr. Bruce Milford da ?«
»Er
wird gegen halb fünf zurück sein. Soll er dich anrufen ?«
»Nein,
sag ihm, ich habe angerufen, meine
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